PERSONAL- AKTE Wladimir Krjutschkow -

Kapitel 5 Perestroika

 

_______________________________________________________________________________________

Arbeitsübersetzung Originaltitel: Личное дело. — М.: Изд-во Эксмо, 2003. — 480 с;

ISBN 5-699-01995-2 МОСКВА ; «ЭКСМО». «АЛГОРИТМ-КНИГА» 2003 год

_______________________________________________________________________________

 

Gliederung der Buches :

 

Vorwort des Autors  link zu Kapitel 1 .

Kapitel 1 : Der Anfang des Lebensweges (link zu Kapitel 1)

Kapitel 2 : Die Ungarn- Etappe *

Kapitel 3:  Die Jahre in der Aufklärung *

Kapitel 4 : Afghanistan *

Kapitel 5:  Perestroika : „Architekten und Vorarbeiter

Kapitel 6:  Vorsitzender des KGB der UdSSR *

 

* diese Kapitel liegen nicht in einer deutschen Übersetzung vor, obwohl sie durchaus viele Interna aus Sicht von Krjutschlow ansprechen, die man in deutschsprachigen Quellen vergeblich sucht. 

 

 

 

 

 

 

 


Kapitel 5 : Perestroika: „Architekten und Vorarbeiter“

 

Bevor ich zur Erörterung des Hauptthemas dieses Kapitels übergehe, möchte  ich kurz den letzten Lebensabschnitt J.Andropows betrachten.

Das Schicksal hat J.Andropow nur eine sehr kurze Periode seiner Tätigkeit in den höchsten Partei- und Staatsfunktionen der Sowjetunion gegönnt- nur ein Jahr und drei Monate. Davon verbrachte er ca. 8-9 Monate mit relativ guter Arbeitsfähigkeit, die übrige Zeit war er schwer krank.

Mit äußerst ungünstigen Folgen hat Jurij Wladimirowitsch im Winter 1980 eine ernste Erkrankung mit bleibenden Schädigungen überwunden. Damals, als Mitglied des Politbüros des ZK der KPdSU, als Vorsitzender des Komitees für Staatssicherheit, war er Ende Januar auf einer  inoffiziellen Dienstreise in Kabul und hat sich dort mit Windpocken angesteckt. Alle Vorsichtsmaßnahmen wurden anscheinend beachtet, das Ernährungsregime war streng, die afghanische Küche nutzte Jurij Wladimirowitsch nicht, Lebensmittel und sogar das Trinkwasser waren aus Moskau eingeflogen worden. Freilich, er hat wegen des fehlenden Flugwetters - des ungewöhnlich starken Schneesturms, des heftigen Temperaturrückgangs anstelle der geplanten anderthalb Tage drei Tage in Kabul aufgehalten. Die leichte davongetragene Erkältung schien nichts Schlimmes zu sein.

Der Abflug vom Kabuler Flughafen erfolgte unter komplizierten meteorologischen Bedingungen. Man wollte nicht auf gutes Wetter warten und  Andropow hatte sich entschieden nicht zu warten und eilig wieder nach Hause zu kommen, da er ein  geplantes Treffen mit Wählern in der Stadt Gorki erwartete. Andropow ist buchstäblich am nächsten Tag nach der Rückkehr nach Gorki gefahren, obwohl das Unwohlsein zunahm meinte Jurij Wladimirowitsch, dass es gelingen wird, mit der Erkältung zurechtzukommen. Jedoch hat sich Jurij Wladimirowitsch zu Ende des Treffens mit den Wählern schlecht gefühlt, seine Temperatur stieg, nach Moskau ist er schon total krank zurückgekehrt und wurde sofort ins Krankenhaus gebracht.

Ca. einen Monat quälte er sich mit hoher Temperatur (bis zu 40 Grad), es gab Tage, wo er sich im Fieberwahn befand, und die Ärzte hatten ernste Befürchtungen um sein Leben. Die Diagnose - die Windpocken - war schnell gestellt; alle verstanden, dass es mit 66 Jahren schwierig ist, eine solche Krankheit zu besiegen. Das schwere Leiden hatte sich auf seine Sehkraft und die Nieren ausgewirkt, und hatte eine Lungenentzündung hervorgerufen. Das Herz hat zum Glück durchgehalten. Nur ab Ende März - Anfang April begann Jurij Wladimirowitsch wieder zur Arbeit  zu gehen, und das  trotz des Abratens der Ärzte, aber die Folgen der schweren Erkrankung konnten nicht ausgeheilt  werden. Er hatte schon in der Kindheit Windpocken und eine  nochmalige Erkrankung, noch dazu im fortgeschrittenen Alter, hat den schweren Zustand des Kranken verstärkt.

Als im  November 1982 J.Andropow zum Generalsekretär des ZK der KPdSU gewählt werden sollte, hatte er gute Gründe auf seine angeschlagene Gesundheit zu verweisen und in diesem Zusammenhang anzubieten, über andere Kandidaten nachzudenken. Man hat seine Bitte jedoch haben beachtet.

Am 16. Juni 1983 wurde Andropow zum Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR gewählt. Zu dieser Zeit haben sich die sich verschärfenden Krankheiten, besonders due der Nieren, immer deutlicher bemerkbar gemacht und nur das Streben Jurij Wladimirowitschs, sogar dann zu arbeiten, wenn die Krankheit ihn ans Bett fesselte, ermöglichte es ihm, seinen Verpflichtungen nachzukommen. Er las viel, diktierte, unterhielt sich mit den Genossen nach der Arbeit, unterhielt ständigen Telefonkontakt mit einer breiten Palette von Personen in Moskau und von außerhalb.

Auch als er schwer krank war verfolgte er aufmerksam, dass die Parteilinie zur Erhöhung der Produktion, der Erhöhung der Disziplin und Verantwortlichkeiten mit nicht abnehmender Entschlossenheit verwirklicht wurde. Heute spricht man vom Phänomen Andropow, wie es ihm in so kurzer Frist gelang, eine deutliche Verbesserung der Ordnung und eine Vergrößerung der industriellen und landwirtschaftlichen Produktion zu erreichen. Man kann sagen, dass dieses Phänomen erklärt sich einfach aus der praktischen (pragmatischen)  Politik, die Jurij Wladimirowitsch durchgeführte. Die anscheinend sehr einfache Konzeption Andropows war für die Menschen sehr aktuell und zu jenem Moment für die Leute klar zu verstehen , die Menschen, denen die vergangene Undiszipliniertheit über war und denen klar war, dass man ohne Herstellung einer elementaren Ordnung keinerlei ernsthafte Sache anzufassen  unmöglich wäre.

Jurij Wladimirowitsch verstand gut, dass sein Leben schnell zum Ende geht. Auf allen Trost der Freunde und Verwandten reagierte er mit einem Lächeln und einem durchdringenden Blick. Zu den Gründen des Todes Andropow gab es viel Gerede, verschiedene Vermutungen und Gerüchte. Ja, es gibt sie bis jetzt. Ich möchte daher Klarheit in diese Frage bringen.

Beginnen möchte ich mit einem Zitat aus dem Buch "die Gesundheit und die Macht" unseres bekannten Akademiemitgliedes beginnen, des weltweit  anerkannten Kardiologen Jewgenij Iwanowitsch Tschasow. Das Buch wurde 1993 herausgegeben. Über die Gesundheit Andropows wird dort gesagt:« Andropow, seine Umgebung, und hauptsächlich die Führung des Komitees für Staatssicherheit stellten die Frage zur  Möglichkeit einer Nieren-Transplantation. Wobei man darum bat, dass die Konsultation (gemeint ist der ausländische Spezialist, Professor A.Rubin) ohne Teilnahme von sowjetischen Fachärzten erfolgt, die nach ihrer Meinung einen bestimmten "psychologischen", "kollektiven" Druck auf A.Rubin in der Einschätzung des Zustandes und den Empfehlungen der Methode der Behandlung leisten konnten. Ich verstand, dass diese Bitte von Andropow stammte, und bat A.Rubin, äußerst aufrichtig und unparteiisch zu sein. Mir hat gefallen, wie sich der Professor während der Konsultation verhielt - gesellig, höflich, sehr pünktlich und gleichzeitig mit dem Gefühl der Würde, das für führende Fachkräfte typisch ist. Er bestätigte vollständig die Art der Behandlung, die von den sowjetischen Fachärzten gewählt worden war und lehnte eine Nierentransplantation ab.  Die Konsultation Rubins hatte auch insofern große Bedeutung, da sie ein bestimmtes Spannungsniveau  abbaute, was von den ständigen Fragen der Vertreter des Komitees für Staatssicherheit ausging: wird alles für Andropow getan, wird er richtig behandelt... Die Konsultation A.Rubins hat auch auf Andropow Eindruck gemacht, der sich nach ihr beruhigte und begann,  aktiv entsprechend seinen Möglichkeiten zu arbeiten ».

Hierzu noch einige  Fakten und Erklärungen zum Zitat.

Im Verlaufe von vielen Jahren litt Jurij Wladimirowitsch an Erkrankungen der Nieren und des Herzes. 1966 erlitt er einen schweren Herzinfarkt, fast zwei Monate fesselte ihn das ans Bett .Sein Arzt sagte damals Andropow: wenn Sie leben und arbeiten wollen, müssen Sie  dem Herzen seine Arbeit erleichtern. " Sehen Sie die Wasser-Karaffe“ sagte  der Arzt. Das sind zwei Liter. In Ihrem Organismus sind 10 Karaffen überflüssige Flüssigkeit- 20 Liter. Das ist eine Belastung für das Herz, das ja als Pumpe arbeitet». Andropow hat in vier Monaten mehr 20 kg abgenommen und mit Fitness- Übungen einer Ernährungsumstellung hielt er seine Form unverändert. Danach hat ihn sein Herz nicht einmal im Stich gelassen.

Ende der sechziger Jahre haben tschechische Ärzte Andropow angeboten, eine Operation auf den Nieren zwecks Vermeidung einer schweren Erkrankung und ihres Funktionsausfalls  zu machen. Sie gaben jedoch keine Garantien. Jurij Wladimirowitsch konsultierte Ärzte, seine Familie, sprach mit mir und hat sich entschieden, die Operation abzulehnen. Die Entscheidung traf er selbst. Die Krankheit der Nieren machte sich immer deutlicher bemerkbar, er erfüllte alle Empfehlungen der Ärzte akribisch und hielt sich im Allgemeinen bis 1983.

Ich möchte betonen, dass das Komitee der Staatssicherheit keine Signale erhielt, die das Vorgehen der sowjetischen Ärzte bei der Behandlung Andropows in Zweifel stellen würden. Was Jewgenij Iwanowitsch Tschasow betrifft, so waren seine Methoden der Behandlung, Sorgsamkeit, Kompetenz und die voller Einsatz der Kräfte und der Zeit für ihn immer charakteristisch. Für J.Tschasow war auch kein Streben spürbar, die Wahrheit zu monopolisieren. Übrigens schätzte Andropow Tschasow als Arzt hoch, folgte seinen Anordnungen und verhielt sich zu ihm mit Hochachtung.

Anfang 1983 fühlte sich Andropow schlechter und klagte mir gegenüber aufrichtig über sein Unwohlsein. Sich zu beklagen mochte übrigens nicht. Er bat dabei um nichts bat, aber er sagte, dass er sich manchmal unerträglich schlecht fühlt. Ich überlegte, sich an ausländische Ärzte zu wenden- nicht aus dem Gefühl des Misstrauens gegenüber unserer Medizin, aber ausgehend vom Sprichwort: «Ein Verstand - ist es gut, und zwei - sind besser». Nahe Freunde haben diesen Vorschlag unterstützt, aber hier war die Notwendigkeit entstanden, eine „O.K.“ von irgendjemandem aus den Mitgliedern der höchsten Führung zu bekommen.

Meine Telefonate  stießen  auf eine  merkwürdige Reaktion. Die Idee sei angeblich gut, aber dann kann die Welt erfahren, dass der Leiter des Sowjetischen Staates krank ist, es wird Spekulationen geben usw. i.a. Dmitrij Fedorowitsch Ustinow anfangen, den ich als Ersten anrief, hat diesen Vorschlag zuerst völlig abgelehnt: «Bis jetzt wissen in der Welt nur ganz Wenige vom Zustand Andropows, und kaum etwas, und wenn wir ausländische Fachkräfte einzuladen, so wird alles augenblicklich in der ganzen Welt verbreitet. Schaden wir dadurch nicht Jurij Wladimirowitsch und den Staat?»

Schließlich gelang es dieses "Argument" durch ein Gegenargument zu entkräften, dass im Falle eines ungünstigen Ausgangs die Welt so oder so die Wahrheit über seine Gesundheit aus unseren Nachrufen erkennt, denen wie früher  unverändert von Offenherzigkeit, sogar Übertreibungen geprägt sind. Ob "solches Herangehen menschlich ist?» - habe ich gefragt. Das Einverständnis zur Heranziehung eines ausländischen Spezialisten wurde vorbehaltlich der Zusicherung der Vertraulichkeit erteilt. Andropow selbst äußerte sich dazu nicht,  er bemerkte nur, dass diese Frage ohne seine Teilnahme entschieden werden sollte.

Dann wurde im Sommer 1983 Professor A.Rubin nach Moskau gebeten und  besuchte Andropow im Krankenhaus. Beide waren aufgeregt. Der Dolmetscher war einer von uns. Der amerikanische Arzt bewertete in den ersten Minuten die Situation, bestimmte eine optimale Linie des eigenen Verhaltens. Er sah natürlich sofort, dass vor ihm ein schwer kranker Mensch liegt, und ergriff schnell die Initiative. Er hat gewiss verstanden, dass der Patient in ihm die letzte Hoffnung sieht. Jurij Wladimirowitsch stellte  fast keine Fragen. Rubin erkannte die Erkrankung der Nieren als sehr ernst und hat eine Reihe praktischer  Sowjeteschläge gegeben; auf die Frage Andropows, wieviel Zeit er noch arbeitsfähig sein wird, erhielt er eine ausweichende diplomatische Antwort: «Bei Einhaltung aller Empfehlungen der Ärzte können Sie sich ihre Arbeitsfähigkeit sowohl fünf, als auch acht Jahre erhalten, und dann wird man sehen».

In Januar 1984 kam Rubin noch einmal Moskau, hat Andropow untersucht, aber war machtlos, etwas zu tun.

A.Rubin hat sein Wort gehalten und hat das Gelübde des Schweigens nicht verletzt. Mir darüber hier zu schreiben nehme ich mir das Recht auf Basis des Buches J.Tschasows und anderer Publikationen, die in der Presse in letzter Zeit erschienen.

Es wurde noch ein Versuch unternommen, eine wirksame Methode der Behandlung der Erkrankung Andropows zu finden - mit Hilfe des behandelnden Arztes des ehemaligen Kanzlers Österreichs B.Krajski, der solche Erkrankung der Nieren, wie auch bei Andropow hatte. Durch den behandelnden Arzt Krajski gelang es, ein wichtiges Dialysegerät .. zu erwerben, einige nützliche Empfehlungen zu bekommen und Erfahrungen der Behandlung auszutauschen. Er zeigte große Aufmerksamkeit und Anteilnahme und er empfahl Andropow, ausgehend von seiner eigenen Erfahrung,  die flüssigkeits- Aufnahme nicht besonders zu beschränken, um sich nicht mit Durst zu quälen. «Es ist leichter, die eine Dialyse- Sitzung mehr zu machen", sagte er.

Bis zur letzten Minute dachte  Jurij Wladimirowitsch, dieser mutige Mensch, weiterhin intensiv über die Arbeit nach, forderte  ständig von den Genossen volle Hingabe, Ehrlichkeit und der Prinzipienfestigkeit, einen Plan für neue Reden und Entscheidungen. Er trat leidenschaftlich für die Gesundung der Gesellschaft ein, rief zum schonungslosen Kampf mit der Korruption auf, trat für die gleiche Verantwortung aller vor dem Gesetz auf. In diesem Zusammenhang setzte Jurij Wladimirowitsch riesige Hoffnungen auf die Partei, an die er glaubte, und er wusste,  dass ihre riesigen potentiellen Möglichkeiten noch  nicht vollkommen wirksam waren. In den Außenbeziehungen hielt er sich an die Regel - niemals die Interessen des Vaterlandes zu opfern. In der militärischen und ökonomischen Macht, in der Intelligenz unseres Volkes sah er das Pfand für die Größe des Sowjetischen Staates. Man sollte jedoch nicht meinen, dass Andropow die Möglichkeit von Kompromissen bei der Entscheidung internationaler Probleme ausschloss, durchaus nicht! Aber, wie er oft betonte, der Kompromiss ist nur dann rechtfertigt, wenn alle lebenswichtigen Interessen des Staates beachtet sind und wenn dem nicht die Schwäche einer der Seiten zugrunde liegt, sondern ein reales Gleichgewicht der Kräfte.

Mit den Jahren lässt das Gedächtnis die Erscheinung Jurij Wladimirowitsch Andropows vor mir aufleben, besonders seine letzten Tage und Wochen. Er vertrieb die Gedanken vom Tod als der physische Grenze des Lebens, aber in seinen Worten und  Überlegungen war ständig Besorgnis zu hören, die alarmierende Besorgnis darüber, was mit dem Staat wird, mit der Partei, nicht etwa in ferner Zukunft , sondern in nächster Zeit und was er noch schaffen muss zu tun. Meiner Meinung nach bedrückte  ihn besonders, dass er keine Entscheidung, sogar keine klare Meinung bezüglich des Nachfolgers auf dem Posten des Kopfes der Partei und des Staatsoberhauptes.

Am 31. Dezember 1983, schon im Bett liegend, hat Jurij Wladimirowitsch das letzte Neujahrsfest gefeiert. Der Vorsitzende des Komitees für Staatssicherheit der UdSSR W.Tschebrikow, der Vorgesetzte der Personenschutzverwaltung  J.Plechanow und ich waren gekommen, um Andropow zum Feiertag zu gratulieren. Die Ärzte baten , die Zeit, nicht allzu sehr auszudehnen, den Kranken nicht zu ermüden, aber Andropow beeilte sich nicht, vom Verhalten deutete an, damit wir nicht weggingen. Die Ärzte hatten ihm erlaubt, ein Glas Sekt zu trinken. Dann haben zum ersten Mal bei ihm Tränen glitzern sehen...

Unser Besuch mit Jurij Wladimirowitsch dauerte mehr als eine Stunde. Beim Abschied gab er mir ein Zeichen, dass ich bleiben soll und ich blieb allein mit ihm. ..Er lehnte halb auf dem Bett, seine Müdigkeit war deutlich, lebendig schienen allein seine nur Augen. Sein Gesicht wurde traurig und schwer nachdenklich. «Danke. Noch einmal lebe wohl. Rufe öfter an», - sagte er sehr leise, aber hörbar. Wir haben uns umarmt. Ich habe ihn nicht mehr lebend gesehen.

Jurij Wladimirowitsch Andropow ist am 9. Februar 1984 gegen Abend im siebzigsten Jahr seines Lebens verstorben  (eigentlich  ist er ja im 69. Lebensjahr verstorben, da er in seiner Jugend ein Jahr hinzugefügt hatte, als er gezwungen war,  in die werkseigene Ausbildungsstätte einzutreten ).

Der Name Andropows, davon bin ich überzeugt, wird einen würdigen Platz in der Geschichte unseres Staates einnehmen. Vieles würde heute anders aussehen, reiße wenn ihn nicht sein früher Tod so schnell aus unseren Reihen gerissen hätte.

Die Persönlichkeit Andropows trug in sich die Charaktere vieler sowjetischer Menschen, sein Schicksal spiegelte wie im Spiegel Erfolg und Misserfolg wider, Freude und Not, die unser Land während der Jahre der Sowjetmacht erlebte. Eine  schwierige und hungrige Kindheit. Die  Rybinsker Flussfachschule, Matrose auf der Wolga, Komsomolfunktionär. Im Großen Vaterländischen Krieg - die Karelische Front, Partisanenkampf. Nach dem Krieg - Komsomol-und  diplomatische Arbeit, wieder Parteiarbeit, Organe der Staatssicherheit, der Partei-Chef, Vorsitzender des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR.

Beschenkt von der Natur, erfasste er Dinge schnell, verschlang Bücher - zur Geschichte, zu Kunstwerken, zur Publizistik. Er mochte die Poesie und schrieb selbst Gedichte. Die Außenpolitik war immer Gegenstand seines besonderen Interesses. Jurij Wladimirowitsch mochte und verstand es zuzuhören, besaß die Kunst der Führung einer Diskussion. Auf welchem Posten er sich auch befand, er bewahrte sich menschliche Einfachheit und Wohlwollen im Umgang mit den Menschen. Sein prächtiges Gehör und seine angenehme Stimme und Geselligkeit machten ihn zur Seele einer beliebigen Feier, die Menschen fühlten sich zu ihm hingezogen. Und noch eine Eigenschaft  unterschied Jurij Wladimirowitsch vorteilhaft von vielen anderen unserer Leiter: es war sein ausnehmende Anständigkeit, ich würde sagen die Gewissenhaftigkeit und eine kristallklare Ehrlichkeit.

Für Andropow war das tiefe Verständnis der Geschehnisse im Land und der Prozesse in der Welt, die Fähigkeit zur Analyse immer charakteristisch. Aber zugleich war er in ideologischen und die politischen Ansichten ganz eindeutig. Der Pluralismus war für ihn einfach eine Sünde. Zweifellos war Andropow war dem Sozialismus fest ergeben, lehnte die kapitalistische Ordnung innerlich ab, obwohl  er es als möglich und sogar nötig hielt, einzelne  Aspekte zu übernehmen. Er sah die Defekte in der Entwicklung unserer Gesellschaft, aber einen Ausweg sah er nur auf dem Wege der Vervollkommnung des Systems, in der Annahme, dass man größere Erfolge allein schon durch eine  Festigung der Stabilität und Ordnung erreichen kann.

Vorsichtig verhielt sich Jurij Wladimirowitsch zu unseren Wechselbeziehungen mit den sozialistischen Ländern, er bewertete die sozialistische Zusammenarbeit als unsere wichtigste Errungenschaft im Ergebnis des Zweiten Weltkriegs. Dabei ging er von seiner Überzeugung aus, dass man Nichts von dem, was von uns um einen solchen Preis  erobert wurde, aufgeben darf und er war in  dieser Position unveränderlich fest. Die Einmischung in die Dinge in der Tschechoslowakei 1968 hat er allerdings später für einen Fehler gehalten. Als sich in Polen 1981 die Lage heftig verschärfte, hat Andropow nicht einmal den Gedanken erwogen, durch irgendeinen  Militäreinfluss von außen an der Entscheidung der polnischen Probleme teilzunehmen.

Im Komitee der Staatssicherheit der UdSSR arbeitete Andropow genau fünfzehn Jahre - vom Mai 1967 bis Mai 1982. Für die Organe hat er viel Nützlichen geleistet: er hat den Grad der Berichterstattung verstärkt, hat das technokratische Herangehen verdrängt, hat die Professionalität der Arbeit auf den verschiedensten Richtungen der Geheimdienst- Tätigkeit erhöht, hat das Prinzip der Kollegialität in der Annahme von Entscheidungen  gefestigt, hat die Organe der Sicherheit gezwungen, auf wesensfremde Funktionen zu verzichten und sich in der Arbeit nur nach den tatsächlichen Bedürfnissen der Sicherheit des Staates zu richten. Unter Andropow begann man die Rechtsgrundlage  des Komitees für Staatssicherheit zu erweitern und vervollkommnen. Jedoch war das nur ein Anfang eines langwierigen Prozesses der Zuordnung der Tätigkeit der Organe mit neuem Inhalt. Im Rahmen jenes Systems der Staatlichkeit war es einfach unmöglich,  etwas noch bedeutsameres und grundsätzliches  zu erreichen. Diese Arbeit haben wir dann später begonnen.

Des Namens von  Ju.W. Andropow wird man  sich noch lange mit der herzlichen Wärme in den Kollektiven des Geheimdienstes erinnern. Man sollte auch  nicht vergessen, dass Jurij Wladimirowitsch länger auf dem Posten des Vorsitzenden des Komitees für Staatssicherheit blieb,  als irgendjemand vor ihm. Mit seiner Tätigkeit ist es keine einzige dunkle Seite in der Geschichte der Organe der Staatssicherheit verbunden. Ob dieser Rekord in der Zukunft wohl geschlagen werden kann?

Nach Andropow übernahm  Tschernenko die Führung des Landes, der durch sein ganzes vorangegangenes  Leben nicht vorbereitet und auch dafür eine ungeeignet Persönlichkeit war, dazu noch ein total kranker Mann.

Die alte Garde, sie bildete ja in der Führung die Mehrheit, hat sich entschieden, sich  selbst, wenn auch nur ein wenig, ihr historisches und physisches Ende hinauszuzögern. Worauf rechnete man? Offenbar, auf die eilige (biologische) Auslese des neuen Leiters, was einen nachfolgenden Wechsel gewährleistet hätte. Aber welchen?

Der Objektivität zu liebe muss man sagen, dass die Leiter der älteren Generation Befürchtungen und die Alarmzeichen für das Schicksal des Vaterlandes spürten. Sie hatten die Geschichte mit Chruschtschow überstanden, einer Figur mit ihrem Gehalt mehrdeutigen Eigenschaften, was seine politischen Zielen und sein Wirken betrifft  , sie fürchteten eine Machtübernahme durch einen unberechenbaren Menschen abenteuerlichen Charakters , der fähig wäre, Handlungen mit weitgehenden negativen Folgen für den Staat zu begehen. Denn gerade Chruschtschow hat ja einen großen Beitrag zum Beginn der Zerstörung der Staatlichkeit und der Union beigetragen.

Viele Mitglieder der höchsten sowjetischen Führung hatten ähnliche Befürchtungen in Bezug auf Gorbatschow, umso mehr, als Andropow seinen möglichen Nachfolger nicht benannt hatte.

Es hat sich also so ergeben, dass nach dem Tode Andropows in der höchsten Staffel der Macht tatsächlich keine unbestrittene Persönlichkeit war, die für alle oder die Mehrheit akzeptabel war und auf die man mit Vertrauen und Hoffnung Ansichten  konnte. Die Leiter im vorgerückten Alters konnten aus den Reihen keinen Menschen benennen, der unter jenen Bedingungen als Führungsperson von Partei und   Staates annehmbar war. Die jungen Akteure meldeten sich nicht, oder ihnen wurde das nicht ermöglicht.   Deshalb ist die Auswahl auf Tschernenko gefallen, über den man  sagte: «ein altes  Pferd verdirbt die Acker-Furche nicht ».

Nach Meinung der alten Garde verschaffte die Kandidatur Tschernenko auf den Posten des Leiters der Partei und des Staates eine gewisse Zeit für die Bestimmung einer geeigneten  Führungsfigur. Dabei war sicher, dass Tschernenko ein anständiger Mensch, der nicht zu Gemeinheiten oder zum Abenteurertum fähig war. Allgemein gesagt, er war berechenbar.

Schon damals schwebte die Kandidatur Gorbatschows in der Luft, aber die einen kannten ihn zu schlecht, andere wiederum viel zu gut. Sowohl diese, als auch die  anderen hatten bzgl. Gorbatschows nicht wenige Unklarheiten. Niemand war zu hundert Prozente von ihm überzeugt.

In solchen Bedingungen erwies sich also  Konstantin Ustinowitsch Tschernenko auf dem Gipfel der Macht.

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit ihm im Februar 1984. Das war im Zusammenhang mit meinem 60. Geburtstag, wegen meiner Auszeichnung mit dem zweiten Leninorden (in jenen Jahren wurden Auszeichnungen anlässlich der Jubiläen von Personen vergeben, später wurde diese Praxis als überholt abgeschafft, sie hatte auch zahlreichen Vorwürfe gebracht). Wir feierten mit meinen Genossen die Auszeichnung. Wir waren im Gespräch, als es klingelte. Tschernenko beglückwünschte mich herzlich und fragte, wie es denn sowjetischen Aufklärern so geht.

Ich habe geantwortet, dass die internationale Lage im Prinzip nicht besorgniserregend ist, dass es jedoch in den Außenbeziehungen Dinge gibt, worüber es nötig ist nachzudenken. Ich sagte , dass Amerika nicht vorhat , mit uns in größerem Umfang Handel zu treiben, die Aufhebung des Embargos nicht zulassen wird, aber Europa sei geneigt, mit uns die handels-ökonomischen Beziehungen zu entwickeln. Bei dieser Gelegenheit beklagte ich, dass unsere Aufklärungsinformationen – sowohl  die politischen, als auch die wissenschaftlich-technischen - schlecht genutzt werden, nicht in ausreichendem Umfange beachtet wird, und sie sei doch nach Meinung unseres Dienstes außerordentlich wichtig.

Tschernenko versprach, diese Frage zu behandeln und hat Wort gehalten. Bald darauf wurde das Problem Gegenstand einer Beratung im ZK der KPdSU, und die gefassten Beschlüsse haben die Verbreitung der Informationen und ihre Nutzung etwas verbessert.

Tschernenko sprach langsam, atmete schwer, ihn quälte Husten, so dass es einfach unhöflich war, das Gespräch von meiner Seite fortzusetzen. Davon hatte ich dann auch mit meinen Arbeitskollegen Genossen offen gesprochen.

Alle verstanden die Situation gut und waren betroffen. Er ist ein kranker Mensch, und unser Land hat eine Masse Probleme. Alle Gerüchte über Tschernenko waren solche über einen guten Menschen. In letzter Zeit ist es bei uns im Land üblich, «ein guter Mensch» zu sein, wie eine Art Beruf. Und doch verspricht eine solche Eigenschaft in einem Staat, wo alles auf eine Person fokussiert ist, die das letzte Entscheidungsrecht hat,  wo alles auf ihn zugeschnitten ist  - wenn wir vom ersten Mann im Staate sprechen - nichts Gutes. Alle lebten in Erwartung von Veränderungen, und dieser qualvolle Zustand dauerte schon ein ganzes Jahr.

Die Geschichte mit Tschernenko war noch ein Beweis der ernsten Krankheit unserer Gesellschaft, des ganzen Systems. Und wenn wir das irgendwie noch aushielten, so dank jener riesigen potentiellen Möglichkeiten, den Reserven der sozialistischen Ordnung? Aus irgendeinem Grunde dachten wir selten über unsere Geschichte, die Realität, die Fähigkeiten  und Möglichkeiten der Gesellschaft gerade von dieser Seite nach.

1984 wurde ich zum Deputierten des Obersten Sowjets der UdSSR (in den  Sowjet der Nationalitäten) in einem Minsker Landwirtschafts-Wahlbezirk der Weißrussisch Unionsrepublik gewählt. Der Abgeordnete vor mir in diesem Bezirk war A.A.Gromyko. Für mich war die Wahl vom Abgeordneten eine große Ehre, ich spürte ein Gefühl des Stolzes, war wirklich glücklich.

Ich hatte mich aktiv in die Deputiertenarbeit gestürzt, fuhr regelmäßig in den Bezirk, besuchte Kolchosen, Sowchosen, verschiedene Institutionen. Die Treffen mit dem Wähler gaben mir unglaublich viel Wertvolles, Lehrreiches. Vor mir öffnete sich quasi eine neue Welt - die Welt der Arbeit, des einfachen Lebens der Menschen, klug, rein und ehrlich, wissbegierig, bescheiden und anspruchslos.

Es war oft der Fall, dass ich im Ausland war, in Dutzenden von Ländern, und mich mit den verschiedensten Menschen traf. Ich will über sie überhaupt nichts Schlechtes sagen. Sie verdienen Achtung. Aber unsere sowjetischen Menschen unterscheiden sich vorteilhaft von ihrem Wesen, ihrer Bildung, den rein menschlichen Qualitäten. Die Erziehung im Geiste des Patriotismus, des Internationalismus, des Humanismus wirkte sich aus.

Lange dachte ich darüber nach und mir scheint es, dass derartige Schlussfolgerungen objektiv sind. Sie haben vieles ertragen, haben im Großen Vaterländischen Krieg standgehalten, davor und danach ertrugen sie schwere Mangelsituationen, aber sie haben weder  ihre Ehre, noch ihre Würde verloren.

Die sowjetischen Menschen waren zu uneigennütziger Hilfe für Bedürftige bereit, was vieles über sie ausdrückt. In unseren Menschen beeindruckte immer ihr Streben  zum Wissen. Daher kommt ihre Belesenheit, ihre  Bildung, dem Wunsch zuzuhören, Fragen zu stellen und darauf Antworten zu bekommen.

Und noch etwas: der sowjetische Mensch ist der Art des Herangehens an das Leben ein  Philosoph, er überlegt viel und ist in der Regel in seinen Urteilen originell. Aber es gibt eine Eigenschaft, wegen der wir alle leiden, - unsere Zutraulichkeit. Und manchmal, wenn es notwendig ist, zeigen wir keine Entschlossenheit, wir können nicht «Nein!» sagen.

Natürlich war unsere Gesellschaft nicht frei von einigen moralisch-psychologischen und sozialen Komplexen. Einer von ihnen – der noch heute wirkt- der unbedingte verinnerlichte  Glaube an die Macht, an das gedruckte Wort. Daraus leitet sich offenbar jene gewaltige Rolle der Massenmedien ab, die sie ehemals und bis jetzt in unserer Gesellschaft spielen.

Es muss viel Zeit vergehen , oder sich etwas Unvorstellbares  ereignen,  damit sich die Menschen selbst orientieren und wirklich die richtigen Entscheidungen treffen, und nicht die sich aneignen , die ihnen aufdrängt werden. Die Wirkung dieses  Glaubens nimmt ab, es wird immer schwieriger und schwieriger, die Stimmungen der Massen zu manipulieren, und je früher wir diese Schwelle überwinden, desto gesunder wird die Gesellschaft. Heute braucht die Gesellschaft mehr als jemals eine nüchterne Einschätzung der Ereignisse und der Entscheidungen, die von den Leitern aller Ebenen getroffen werden.

Ich möchte Ihnen einige Eindrücke schildern, die ich in Weißrussland in meinem Wahlbezirk erlebt habe. In den Jahren 1984-1986 waren die industrielle und die landwirtschaftliche Produktion in Weißrussland im Aufwind. In bedeutenden Dimensionen  erfolgte Bauaktivitäten, die Städte und Dörfer wurden schöner, die Architektur wurde heller, vielfältiger, sogar mit " Luxus"- Elementen. Die Hauptsache – die Menschen begannen wohlhabender  zu leben, vor allem die Werktätigen, die unmittelbar in der Produktion beschäftigt waren - in der Industrie, der Landwirtschaft, der Wissenschaft, es entstand ein gewisser Wohlstand. Die Menschen bekleideten sich anständig, sahen gut aus, man fühlte bei ihnen eine gewisse innere Überzeugung zur Stabilität ihrer Situation.  

Ich erinnere mich,  im Frühling 1985 ging ich im Kolchos namens Gastello sind ein Geschäft, ein Universal- Geschäft mit Industriegütern und Lebensmitteln. Die Menge der  der Waren überraschte mich. In die Fleischabteilung so etwa ein Dutzend  Sorten Wurst, beim Fleisch - das Hammel, Rindfleisch, Schweinefleisch - von 50 Kopeken bis zu 1,80 Rubeln für das Kilogramm, alles frisch. In der Milchabteilung - was es da nicht alles gab - einige Sorten Butter, Käse, Quark- Speisen, Milch in verschiedenen Verpackungen, saure Sahne in einer riesigen Kanne, Delikateßwaren – was man sich nur wünschen konnte, alles in schönen Verpackungen.

Nebenan in der Abteilung "Brot" - schwarzes, graues, Weißbrot, Baguettes, Festtagsbrot, Hörnchen, Kuchen, riesige Torten. Die  Preise waren durchweg niedrig, mehr Kopeken, als Rubel. Rosinen, getrocknete Früchte, Nüsse, frisches Obst, Säfte, Konserven entsprechend in allen Abteilungen.

Es waren nicht sehr viele Leute im Geschäft waren, aber man  fühlte, dass sie sich daran schon  gewöhnt hatten. Wir haben mit den Käufern gesprochen. Die Stimmung war gut, mit ihrem Leben waren sie zufrieden. .. Beklagten sich nur über  Schwierigkeiten beim Verkaufen der Produkte aus ihren persönlichen Nebenwirtschaften[1].

Dann gingen wir in die Abteilung für Industriegüter. Dort sah es etwas anders aus. Es gab viele Waren, ganz verschiedene, aber die Qualität, das Aussehen, das Design lies sehr zu wünschen übrig. Es gab besonders viele Anzüge, Hosen, Mäntel und Schuhe. Die Preise waren stark reduziert. Vieles lag einfach haufenweise übereinander. Es gab auch  Importerzeugnisse, aber wesentlich teurer.

Den Käufern wurde auch vieles von dem angeboten, wovon man heute nur  träumen kann: Möbel, die Bett- und Unterwäsche, Strümpfe, Socken, Baumwoll-Stoffe zu unglaublich niedrigen Preisen, Woll-Sachen und vieles andere. Die Haushalt- Abteilung, so schien es, war von Waren überfüllt. Ein ländliches Geschäft- aber das kann man einfach nicht beschreiben.

Das letzte Mal besucht ich Weißrussland im Frühling 1989. Und ging auch in Geschäfte. Ganz kurz war ich auch in dem Geschäft von damals. Das Bild war ein anderes, sehr viel ärmer, vom ehemaligen  Überfluss war kaum etwas übrig. Später erzählten mir die Leute, dass sich in den Jahren 1990-1991 die Lage noch extrem geändert hat.

Schon damals quälten mich immer mehr und stärker die Frage: was ist passiert? Gab es Fehler, eine Fehlkalkulation? Oder sind wir vielleicht auf dem Weg "zu den Gipfeln des Überflusses" irgendwo fehlgegangen und laufen einfach mechanisch weiter, aber schon ist ins Dunkel, geradezu  in einen Abgrund? Warum muss man so schmerzhaft fallen, um später mit Mühe wieder aufzustehen? Und wenn das alles für das Volk, des Landes ein tragisches Ende nimmt, wenn dieses Experiment uns zu teuer zu stehen kommt ?

Ich erinnerte mich an den Satz des ehemaligen Direktor der CIA der USA: «Herr Krjutschkow, der Sozialismus ist ja gar nicht so schlecht!».

Inzwischen verunglimpften die neu aufgetauchten "Demokraten" aller Schattierungen den Sozialismus bis ins Mark. Die Kritik erreichte in den Jahren 1989-1991 ihren Höhepunkt. Die Anhänger des Sozialismus haben sich praktisch nicht gewehrt. Der Sozialismus war an Allem schuld, sogar am Sieg im Großen Vaterländischen Krieg.

Die sozialistische Idee wurde verhöhnt, verspottet und gleichzeitig hob man das kapitalistische Paradies in den Himmel. Dort, in der Gesellschaft des Kapitals, ist alles gut, alles ist ausgezeichnet, die Menschen sind glücklich, leben ohne Probleme. Über seine Defekte hat man plötzlich gänzlich aufgehört zu reden.

Die Welt verwunderte sich über unsere antisozialistische Propaganda. Die Feinde des Sozialismus, schien es, waren schon auf dem Gipfel: noch ein bisschen - und es wird eine neue kapitalistische Gesellschaft in der Sowjetunion geben, und dann wird man in Russland beweisen, wie schlecht der Sozialismus war, welche Not er dem Volk gebracht hat und welches Paradies die kapitalistische Gesellschaft verspricht.

Und die Lage wurde immer schlechter und schlechter, die Menschen sprachen über die Perestroika  mit Abneigung, sein verstanden, dass das ein Weg in eine Sackgasse ist. Kriminalität, Elend, Schwierigkeiten, Unglücke stürzten wie eine Lawine auf die Köpfe der einfachen Menschen.

Die Menschen begannen aufzuwachen, zuerst Einzelne, später Gruppen, dann ganze Schichten, die sich als Erste als die Bestohlenen erwiesen. Auf Kundgebungen klangen Forderungen: «Gebt uns die billigen Kindergärten zurück! Wo sind die Pionierlager, in denen sich unsere Kinder erholten? Wo ist die kostenlose Bildung, die kostenlose ärztliche Betreuung, wo die billigen Wohnungen, der günstige öffentliche Verkehr, die Fahrt auf Eisenbahnen im Lufttransport?»

Und wohl oder übel stand die unvermeidliche Erfahrung, dass der Sozialismus wirklich nicht so ist schlecht war, wie man versuchte, ihn darzustellen.

Man braucht nur einen Blick auf unsere Geschichte zu werfen. Nach dem Oktober 1917 haben wir den sozialistischen Weg eingeschlagen, in einem Land, das die notwendigen Bedingungen dafür gar nicht hatte. Der Sozialismus, die sowjetische Macht als politische Form unserer staatlichen Ordnung befand sich bei uns nur im Anfangs- Stadium seiner logischen Entwicklung und hatte im umfassenden  Sinne, im Sinne der Rechtsverhältnisse keinen bestimmten Reifegrad erreicht.

 

Und in diesem noch nicht ausgebildeten Stadium, der nicht die erstarkenden sozialen-politischen Ordnung  brach der furchtbare Personenkult über uns herein. Unsere Grundlagen und der Überbau hielten nicht stand, es krachte in allen Nähten   , und dann überflutete das alles unser Land mit einer schweren Tragödie - Millionen Menschen unter Repressalien verhaftete und ermordete.

Und wenn es trotz alledem  dem Sozialismus, der sowjetischen Macht gelang, solche historischen Leistungen zu vollbringen,  wie den Aufstieg des Landes auf ein hohes Niveau der industriellen Entwicklung, wie den Sieg im Großen Vaterländischen Krieg, die schnelle Wiederherstellung der zerstörten Wirtschaft, den Durchbruch in den Kosmos und anderes-  sagt das etwa Nichts über die potentiellen Möglichkeiten der sozialistischen Produktion und der sowjetischen Lebensweise der Menschen aus?

Ein Beispiel. Es ist bekannt, dass infolge der Kriegsoperationen Stalingrad vollständig zerstört war. Im Westen schlug man vor, die Stadt nicht wieder aufzubauen, man beurteilte das als praktisch unmöglich, und anstelle  aus der Stadt ein Museum zu machen.

Wirklich, nach dem Krieg machte Stalingrad einen schrecklichen Eindruck, es gab kein einziges heil gebliebenes Haus, ausschließlich Ruinen. Aber anstelle der Losung  "Wir verteidigen dich, teures Stalingrad" kam eine andere Losung "Wir stellen dich wieder her, teures Stalingrad». Stalingrad wurde in kürzester Zeit wieder aufgebaut.

1949-1950 entstand aus den Ruinen eine neue Stadt, sie wurde noch schöner, nur einzelne Häuser und Bezirke erinnerten noch an den Krieg. Sie wurden in dem  Zustand belassen, in dem sie sich nach der Befreiung befanden.

Die Welt hat sich über den Heroismus der Stalingrader  gewundert und war begeisterte über sie, als  die neu errichtete  Stadt sich präsentierte. Freilich, sowohl Stalingrad zu verteidigen und auch es wieder herzustellen – dabei half das ganze Land. Ist das etwa keine Erscheinungsform des Kollektivismus?

Mit einem unbarmherzige Strom von Kritik wurde Lenin überhäuft, als sei er bis zu den heutigen Tagen Parteiführer, Staatsoberhaupt oder Regierungschef gewesen und daher  für das ganz Geschehen bis heute verantwortlich sei. Das Lehre Lenins, sowie auch die von Marx, hat einen dialektischen Charakter, sie entwickelt sich mit der Zeit, trägt in sich einen epochal orientierten  Wert in dem Sinne, dass sie für eine bestimmte historische Periode erarbeitet und bestimmt war , wie Akademiemitglied Rumjanzew schrieb. Und nicht mehr! Nachfolgend kann man das Vermächtnis von Marx und Lenin, berücksichtigen, in bestimmten Sinne beugen, es als Bindeglied zwischen verschiedenen Geschichtsetappen nutzen , als Bestandteil des (gesellschaftliche) Verstandes  und Wissens, aber keinesfalls kann es für unser gesellschaftliches Tun bis heute verantwortlich sein.

Ob es nicht höchste Zeit wäre, das zu verstehen und den Spott über den Sozialismus zu beenden?! Doch wir verhöhnten den Sozialismus, und nicht er uns. Es gab keinen ernsthaften Versuch, seine Möglichkeiten auszuschöpfen. Das Schlimmste war, dass es  nicht zugelassen wurde,  gegen den Sozialismus aus Sicht anderen wissenschaftlichen Herangehens und anderer Systeme zu opponieren. Deshalb wurde unser Sozialismus nicht verfeinert, wurde nicht an die Bedingungen angepasst,  die es umgeben, er war eine Treibhauspflanze. Die Menschheit bewegt sich hin zum Sozialismus wie zu einer gesetzmäßig entstandenen Idee. Allerdings sind eine Idee und deren Realisierungs- Weise, in ja eine  innere Einheit sein müssen, doch verschiedene Kategorien.

In den letzten Jahren erlebte das Land, unsere ganze Gesellschaft unter der Macht Breschnews und für die kurze Zeit der Regierung Tschernenkos, einen Zustand einer  Erstarrung. Neue Gedanken und Überlegungen verloschen, noch bevor  sie erste  kleine Keimlinge bilden konnten, qualitative Veränderungen gab es wenig. Die Menschen haben sich an den Sozialismus gewöhnt, über andere Ordnung dachten sie nicht nach, das minimal Notwendig bekamen sie , dabei konnte sich gewisser Teil der Bevölkerung nicht besonders mit Arbeit und Sorgen belasten.

Und doch hatten die Disziplin- und  Verantwortungsreserven, der Glaube und die Hoffnungen zur Sowjetmacht einen ausreichenden Grad an Sicherheit. Die Gesellschaft barg in sich ein riesiges Potential an Schöpfertum, von Wünschen und Bereitschaften, sich anzustrengen und  vorwärts zu gehen, für eine tatsächliche starke, attraktive Idee.

Der März 1985 kam scheinbar völlig unerwartet, obwohl alle die Unvermeidlichkeit des Antretens einer neuen  Führungsperson sahen und verstanden, und zusammen mit ihm auch von Veränderungen, des Beginns von etwas Neuen im Leben. Aber was für  Veränderungen, was das neue sein soll, konnte sich niemand vernünftig vorstellten.

So entstand ein Knäuel von Ereignissen mit einem Menschen, dem ersten Mann, der auch noch nicht berechenbar war. Freilich, in Dezember 1984 sprach Gorbatschow vor den Studenten in der Staatlichen Universität Moskau kritisch über das Bedürfnis unserer Gesellschaft nach einer demokratischen Entwicklung, dem neuen Herangehen an die Entscheidung der sozial-ökonomischen Probleme,  wobei er noch sehr zurückhaltend, sehr allgemein den Sachstand im Land bewertete. Inwiefern eine derartige Rede Neuheiten darstellte, war schwierig zu verstehen, deshalbverhielt man sich wie auch früher, zu diesen Erklärungen wenn auch mit Interesse, aber zugleich mit einem gehörigen Maß an Misstrauen und sogar der Skeptizismus.

Und doch wurde die Wahl Gorbatschows auf den Posten des Generalsekretärs des ZK der KPdSU mit Zustimmung aufgenommen: da waren sowohl Interesse, als auch Neugierde und Erwartung. Eindeutig wurde die Wahl eines  jungen Chefs als Durchbruch nach einer langjährigen Besetzung dieses Postens durch Personen im vorgerückten Alter begrüßt.

Aber etwas Anderes ist wohl bemerkenswert. Der Durchbruch des jungen Liders wurde dank der entschlossenen Unterstützung eines Vertreters der älteren Funktionärs-Generation - A.A.Gromyko möglich, eines unzweifelhaft weisen, begabten Menschen, der erfahren war , sich in kritischen Momenten richtig zu orientieren.

Mir ist es bekannt, dass damals, als die Erörterung der Kandidatur auf den Posten des Parteiführers begann, Gromyko als erster Gorbatschows Namen  genannt hat. Er hat damit begonnen, das es reicht, Spiele zu spielen, dass es in der Führung einen jungen, energischen Menschen gibt und man den wählen muss. Die Position Gromykos  hat den Lauf der Erörterung vorbestimmt, andere haben das unterstützt, die Frage war entschieden.

Es ist mir auch etwas anderes bekannt. Bald danach begann  Gromyko, sein Bedauern bezüglich der erfolgten Wahl Gorbatschows auf den Posten des Parteiführers und des von ihm gestellten Antrages auszusprechen. Am Ende seines Lebens klagte er in diesem Zusammenhang sehr deutlich, meinte, dass er sich gewaltig geirrt hat, sich in Gorbatschow beirrt hatte. Er fühlte sich schuldig daran, dass wegen des Menschen, den er vorgeschlagen hat und auf dessen Kandidatur bestanden hat, im Lande Prozesse (Ereignisse) begannen, die für unseren Staat und die Gesellschaften gefährlich sind.

In Januar 1988 wurde mir gemäß Verordnung des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR der Dienstgrad eines Armeegenerals verliehen. Die Verordnung war vom Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR A.A.Gromyko unterschrieben. Andrej Andrejewitsch hat mich angerufen und mich herzlichen beglückwünscht.

Es war ein ungewöhnlich aufrichtiges Gespräch, in Anbetracht des zurückhaltenden Charakters Gromyko. Wir erinnerten uns Andropows, Ustinows. Andrej Andrejewitsch bemerkte, dass er in ihrer Person gleichgesinnte Freunde verloren hat. Besonders hoch hat sich über Jurij Wladimirowitsch (Andropow) geäußert.

Im Verlaufe des Gespräches hat Gromyko den Satz gesagt, dass es für ihn offenbar Zeit ist, in  Rente zu gehen, aber im Inneren ist er unsicher. «Ich Fürchte um das Schicksal des Staates. 1985 nach dem Tod Tschernenko boten die Genossen mir an, sich auf die Parteiarbeit zu konzentrieren und mich einverstanden zu erklären, das Amt des Generalsekretärs des ZK der KPdSU zu bekleiden. Ich habe verzichtet, in der Annahme, dass die reine Parteiamt nichts für mich ist. Kann sein, das war mein Fehler», - sagte er.

Ich hörte aufmerksam zu und verstand, dass nicht alles im Land glatt läuft. «Jakowlew und Schewardnadse – sind nicht die Richtigen, wohin sie wohl zusammen mit Gorbatschow gehen werden?» -sagte  Gromyko etwas unerwartet für mich. Ich antwortete, dass vieles wirklich argwöhnisch macht, aber dass man wohl  die Lage noch korrigieren kann. Die Antwort war, wie es mir schien, voller Besorgnisse: «Wer kann das denn machen und wie?»

Solche Befürchtungen konnte man immer häufiger von verschiedenen Personen hören. Einzelne negative Meinungen über Gorbatschow erlangten mit der Zeit eine neue Qualität, spiegelten dessen volle Ablehnung wider.

Die Beziehungen zwischen Gorbatschow und Gromyko wurden immer stärker angespannt, und bald trat der Moment ein, als Gorbatschow mit seinem ganzen Benehmen zeigte, dass er nicht weiter mit ihm arbeiten kann.

Jede Warnung Gromykos davor, dass diese oder jene Entscheidung zu äußerst unerwünschten Folgen für den sowjetischen Staat führen kann,  wurde von Gorbatschow krankhaft , feindselig aufgenommen. Gorbatschow empfand Gromyko immer stärker als nervig.

Viele sahen das und deshalb hielten sie die Karriere Gromykos als beendet. Die Zeit spielte nicht für Andrejs Andrejewitsch(Gromyko), sein Leben und seine Dienstzeit  lagen in der Vergangenheit, zur Zukunft, besonders zur Gorbatschow-Zukunft,  er hatte wenig Beziehungen. Durch die Vergangenheit und die Situation war der Streit zwischen Gorbatschow und Gromyko vorentschieden.

Als ich später über die Umstände der Entfernung Gromykos aus der unmittelbaren Führung des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten nachdachte, bin ich zur eindeutigen Schlussfolgerung gekommen - Gromyko  verkörperte und schützte die Prinzipien, die Interessen des Sowjetischen Staates, war unzugänglich für die westliche Diplomatie, unbeugsam bei der Verteidigung  der sowjetischen Positionen, was eine Masse « Unbequemlichkeiten» für Gorbatschow versprach, der in Gedanken bereits auf einem für unser Volk schädlichen  Weg wandelte.

Er musste durch einen beeinflussbaren Minister ersetzt werden, um mit dessen Hilfe das sogenannte neue Denken in den internationalen Beziehungen zu realisieren.

Als solcher bequemer Menschen hat sich Schewardnadse erwiesen. Bald wurde Gorbatschow, nachdem er die Hindernisse in Person Gromykos aus dem Weg des geräumt hatte, zum " Schöpfer" und Ausführendem  des neuen Kurses in der sowjetischen Außenpolitik - des Kurses der Zerstörung, der Aufgabe der Positionen und des Verrates.

Nach einem Jahr war Gromyko tot. Im Haus der Sowjet-Armee (nicht im Säulensaal des Hauses der Sowjets, wo gewöhnlich die letzten Ehrungen für Personen eines solchen Ranges stattfanden, die  nicht infolge irgendwelcher Gründe in Ungnade geraten waren), habe ich mich an seine prophetischen Wörter erinnert...

Eine umfassende Einschätzung der Rolle Gorbatschows in der Entwicklung der Zeitgeschichte zu geben noch steht bevor, zu geben[2]. Ende 1991 hat er als Präsident der UdSSR fast die ganze Macht verloren und konnte praktisch nichts mehr entscheiden. Als die Bedrohung der Existenz der Sowjetunion entstanden war, war Festigkeit nötig, aber dazu war Gorbatschow der ganz total unpassende Mensch, sogar wenn er etwas zu unternehmen gewollt hätte.

Die Folgen seiner Macht-Periode wirken sich bis jetzt aus. Niemand oder mindestens sehr Wenige werden sich getrauen, von positiven Aspekten seiner Tätigkeit zu sprechen. Aber etwas Anderes ist wichtiger - niemand von  seinen Glaubensgenossen hat gewagt, nur einen kleinen Teil an Verantwortung für das zu übernehmen, was mit unserer Heimat und  nicht nur mit ihr geschah, deren Zeugen und erzwungene Teilnehmer wir sind. Sie distanzieren sich von Gorbatschow, strengen sich an, ihre Nichtbeteiligung zu beweisen.

Und noch etwas: vor Gorbatschow im Laufe von 20 Jahren - bei Breschnew, Andropow und Tschernenko - wurden eigentlich keine verblüffenden Versprechen gemacht. Sogar entgegengesetzt- auf vielversprechende Erklärungen wurde verzichtet, solche, die seinerseits von Chruschtschow gemacht wurden, unter anderem seine Erklärung darüber, dass 1980 die sowjetischen Menschen im Kommunismus leben werden.

Das gemäßigte Herangehen an die Perspektiven der Entwicklung der Gesellschaft und den Staat trug zur Beruhigung der Menschen bei, regte die Menschen nicht auf, flößte Vertrauen zu den getroffenen Entscheidungen , den Erklärungen der Partei- und sowjetischen Führung ein.

Nach 1985 hat sich die Atmosphäre geändert. Aus dem Munde Gorbatschows kam, wie Hagelkörner, das Versprechen, das Leben in kardinaler Weise und in kürzester Frist zu ändern, sie zu verbessern, eine hochproduktive industrielle und landwirtschaftliche Produktion zu schaffen, auf dieser Basis die materielle Interessiertheit der Menschen zu heben, ihnen höheren Wohlstand zu gewährleisten. Es wurden Vergleiche gebracht, wie die Dinge im Westen stehen, natürlich immer zugunsten des Sozialismus. Die Menschen wurden davon überzeugten, dass bis jetzt alles schlecht war, dass sie auf einem falschen Weg gingen (oder man sie falsch dorthin führte) und dass jetzt die Führung der Partei und des Staates die Maßnahmen dazu ergreifen wird, dass in schnellster Weise die entstandene Lage zu korrigieren. Das wurde begleitet von einer sich steigernden, zerstörenden, vernichtenden Kritik zu allem, was bisher geschaffen wurde. Es ergab sich somit,  dass vor Gorbatschow niemand etwas (Richtiges) wollte und konnte, und dass er, Gorbatschow, alles kann und versteht.

Für das alles haben die sowjetischen Menschen nachher einen  sehr teuren Preis bezahlt. Die Jahre vergingen und die Lage verbesserte sich nicht nur - es wurde immer schlimmer, und die Menschen fühlten das buchstäblich in  Allem.

Die industrielle und die landwirtschaftliche Produktion begannen zu fallen, die Lebensqualität zu sinken. Die Menschen empfanden immer stärker Mängel, fehlende Versorgung, Unbequemlichkeiten und zogen die entsprechenden Schlussfolgerungen. 1991 hatte sich die Situation so schlimm geändert, dass alle Gründe gegeben waren, vom Beginn  einer  tiefen Krise der Gesellschaft und des Staates zu sprechen, obwohl wir uns damals noch nicht vorstellen konnten , dass sich diese Krise nach kurzer Zeit in einem extrem gefährlichen Ausmaß vertiefen wird und schließlich zur Zerstörung  des Staates, zum Wechsel der Gesellschaftsordnung führen wird.

Man kann sagen, dass eine  Periode von verantwortungslosen Versprechen begonnen hatte. Die Versprechen wurden zur Politik- Methode, mit deren Hilfe Demagogen, Abenteurer und die inkompetenten Personen zur Macht kamen, das Land verwalteten, und es in eine noch schwerere Sackgasse führten.

Die erste radikale Losung Gorbatschows war der Aufruf zur Beschleunigung. Darin gab es mehr quantitative Parameter, als qualitative. Er enthielt keine Ziele, keine offensichtlichen Wege der Entwicklung. Es war ein primitiver Aufruf, es gab auch eine primitive Ausführung. Alles blieb auf alte Weise, man musste nur schneller und mehr  arbeiten.

Sehr bald haben die Menschen diese Leere begriffen, das Fehlen von Inhalt in diesem Aufruf und sprachen darüber mit offenem Spott. Für Gorbatschow war das das erste hellhörig machende Signal. Die Lage konnte dadurch gerettet werden, weil ja bis dahin nichts zerstört wurde. Es wurde klar - auf dem Wege der Beschleunigung kann man keine Erneuerung der Gesellschaft erzielen. Damals erschien folgende Losung: «die Perestroika! (перестройка) ».  In der Welt fing man angespannt an, über eine sinnvolle  Übersetzung dieses komplizierten Wortes  nachzudenken.

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit Kadar 1985 zum Sinns des "". Der ungarische Lider, fragte in der Diskussion, was dieser vieldeutige  Ausdruck bedeutet: « Perestroika  im Sinn einer Vervollkommnung, oder alles neu bauen?» Schließlich hat er nicht ohne bittere Ironie bemerkt: «ich fürchte, dass wir und dabei alle durcheinander kommen werden».

Bei uns verstand man im Terminus  "Perestroika " verschiedene Inhalte: alles zerstören und dann von neuem aufbauen oder  nicht zerstören, aber radikal vervollkommnen, die Strukturen der Verwaltung ändern, eine Dezentralisierung verwirklichen, auf die Plan- Grundlagen verzichten usw..

Es gab kein Programm(Konzeption)  der Perestroika. Die Menschen waren  verwirrt mit Vermutungen in Bezug darauf, was diese komplizierte Losung darstellt. Die Versuche, aufzuklären, wohin wir gehen, welche Ziele wir verfolgen, welche konkrete laufenden und perspektivische Aufgaben wir entscheiden, stießen auf die schwerverständliche Weitschweifigkeit Gorbatschows, und manchmal auf eine Wand tiefen  Schweigens. Keinen Mangel gab es nur bei den Aufrufen Gorbatschows "auf den Weg der Erneuerung gehen, sich umstellen, sich ändern».

Weder Artikel, noch die zahlreichen Reden Gorbatschows, sogar seine umfangreichen Bücher über die Perestroika  brachten Klarheit in diese Frage, nein sie verwirrten die Sache immer noch mehr. Und die Perestroika  trug offensichtlich mehr und mehr  den Charakter der „Profanation“.

Zu jener Zeit war ich als Abgeordneter des Obersten Sowjet der UdSSR, als Mitglied des ZK der KPdSU, in  vielen verantwortlichen Beratungen anwesend und überzeugte mich immer mehr, dass wir nicht auf dem richtigen Wege sind, dass wir anhalten sollten um sich zu orientieren, welchen Weg wir weiter verfolgen sollten, was wir eigentlich erreichen wollen  und nur nach der Analyse und unserem Verständnis uns an eine Reorganisation, eine Erneuerung begeben , aber nicht auf den Weg der Zerstörung all dessen, was nicht nur in den Jahren der Sowjet- Macht, sondern auch in vielen vorangegangenen Generationen geschaffen wurde.

Gorbatschow begann sich zu erregen und nervös zu sein und es war sichtbar, dass er diese Nervosität aus seiner Machtlosigkeit, der zunehmenden Menge der Stimmung gegen seine Politik entsteht, davon ausgeht, dass er selbst nicht wusste, was  das Land eigentlich in der allernächsten  Zukunft erwartet,  ganz zu schweigen von der ferneren Perspektive. Aber die Hauptsache, was bei ihm die Besorgnis erregte, war die  Schwächung seiner persönlichen Macht, der Stabilität seiner Lage.

Kurz gesagt, damals dachte ich, dass sich Gorbatschow irrt, dass er sich in Widersprüche verwickelt hat. Aber bald darauf rief er eine Losung aus,  eigentlich wiederholte er eine der Losungen Mao Zse Dongs  aus den Zeiten «der Kultur-Revolution», «zerschlagt die  Stäbe». Unter den Stäben verstand er die Parteiorganisationen der verschiedenen Ebenen, vor allem in den Republiken, Regionen und Städten. Er rief, von oben zu zerschlagen, womit  er sich selbst beschäftigen wird, und von unten, damit  sollten sich die Massen beschäftigen.

Übrigens zeigte sich darin auch seine gemeine, unehrliche Natur[3]. Von allen Seiten  allen Seiten wurde immer schärfer Kritik an die Adresse Gorbatschows gerichtet, am empfindlichsten kam sie gerade seitens der Parteimitglieder. Eben gerade sie hatte er ja aufgerufen zu zerschlagen.

Gorbatschow konnte Eines nicht verstehen – zu jener Zeit war die Partei der Kern der Gesellschaft, auf ihr ruhte Vieles, vieles hing von ihr ab. Und die  Stäbe zu zerschlagen, die  Partei zu zerschlagen - bedeutete, das Rückgrat  zerschlagen, auf dem die Sowjet-Macht ruhte , ob wir wollten oder nicht, die Macht, die Rechtsordnung und, wenn Sie so wollen, von deren Arbeit die Dinge sowohl in der Industrie, als auch in der Landwirtschaft, die Lage im Land insgesamt in vielerlei Hinsicht abhingen.

Mir war oftmals beschieden, an Gesprächen im engen Kreis Gorbatschows anwesend zu sein, darunter auch mit denen, welche ihn aktiv bei der Perestroika  unterstützten, was gewöhnlich zur  Offenheit veranlasste. Mich ergriff immer stärker der Gedanke, und mit der Zeit wurde das für mich zur Gewissheit, dass sich Gorbatschow nur den Anschein gab, dass er weiß, wohin er das Land steuert. In Wirklichkeit täuschte er die Menschen bewusst.

Es entstand die klare Meinung, dass Gorbatschow bestenfalls in der Hoffnung auf einen glücklichen Zufall agiert. Und je mehr ich davon überzeugt war,  desto grösser wurde mein Unbehagen. Besonders wurde mir das klar, als ich ins  Politbüro des ZK der KPdSU aufgenommen wurde und begann,  unmittelbar an der Betrachtung einzelner  Fragen und Probleme im obersten Parteiorgan teilzunehmen, das damals auch das höchste Leitungsorgan im Land war, wo grundlegende Fragen behandelt wurden und wo im Allgemeinen alle schicksalsträchtigen Probleme des Staates  entschieden wurden.

Gorbatschow bestand darauf, dass man um jeden Preis die Gesellschaft beleben, in Schwung bringen muss. Wie auch immer, die Gesellschaft zu beleben und in Schwung zu bringen – das hat Gorbatschow wirklich geschafft!

Ich erinnere mich, 1990 war ich bei Gorbatschow und begleitete  den persönlichen Vertreter von Radschiw Gandhi, der mit einer mündlichen Botschaft des Ministerpräsidenten Indiens gekommen war. Die Sache fand in dem  heutzutage traurig bekannten Nowoogarjow statt, wo Gorbatschow mit einem Team von Personen an seinem nächsten Vortrag arbeitete. Auf die vorsichtige Frage des persönlichen Vertreters Radschiw Gandhis darüber, was bei uns im Land wirklich geschieht und ob hier alles in Ordnung sei , sowie auf die Bemerkung, dass man in diesem Zusammenhang in Indien in großer Beunruhigung sei, hat Gorbatschow ironisch gelächelt  und gesagt: « wissen Sie, bei uns stürmt es stark. Ich weiß nicht, welche Windstärke –sieben, acht oder neun, aber uns schleudert es von einer Seite auf die andere… ... Das macht nichts, - setzte er fort – eine  Aufrüttelung ist für unsere Gesellschaft nötig. Wir werden kardinale Veränderungen (zusätzlich) einführen, den genaueren Kurs des Schiffes bestimmen. Das Meer wird sich beruhigen, und alles wird in Ordnung kommen. Das Schiff wird auf Kurs gehen und unbedingt ankommen».

Der indische Vertreter fragte: «Aber wird das alles nicht allzu teuer für den Sowjetischen Staat werden?»

Gorbatschow hat gesagt: « wissen Sie, nach dem Preis fragen wir nicht ». Nach diesen Worten hatte sich bei mir noch mehr Zweifeln darüber gebildet, ob wir den richtigen Weg gehen und ob unser Kapitän weiß, was er tut.

Später wird Gorbatschow sagen: «was ich auch immer gemacht habe, was ich auch unternahm! Nichts funktioniert in diesem Land! Alles stürzt ab, alles erweist sich als ergebnislos».

1987 hatten wir  befriedigende Kennziffern der Volkswirtschaft, die Vorarbeiten der letzten Zeit wirkten sich заäелы der vorigen Jahre aus; die Grundlagen der Industrie, der Landwirtschaft waren von den zerstörerischen Reden nicht berührt, der Verwaltungsmechanismus arbeitete noch. Es wurde die Schlussfolgerung gezogen – dass man mutiger vorwärts gehen, aktiver radikalere Maßnahmen ergreifen kann.

Damals schien es, dass der Stabilitätsgrad des  Staates unerschöpflich ist. Man hat  sich entschieden, mit einem Hieb mit dem ganzen administrativen Kommandosystem Schluss zu machen und ein  neues Leben zu beginnen.

Die Schläge gegen die Partei wurden verstärkt, d.h. man begann mit der Umsetzung des Gorbatschow- Aufrufs  « die Stäbe zerschlagen». Auch die Gemeindeämter waren betroffen, man demolierte die Ministerien, andere zentrale und lokalen Organe der Exekutive, es erfolgten  Schläge gegen die Wissenschaft, besonders gegen die Grundlagenforschung.

Bald darauf  nahm  man die außenpolitische Tätigkeit des Staates ins Visier, ihre  Geschichte. Eine der Zielscheiben der zerstörerischen Angriffe wurde die Armee. Man sprach offen vom Schmarotzertum der Militärangehörigen, man demütigte ihre Rolle  , agierte gegen den Kommandeursbestand und fing an, die Nachteiligkeit der Politik der strategischen Parität für die Sowjetunion zu beweisen und die Beendigung dieser Linie zu fordern, denn das stört angeblich den Westen nur, handels-ökonomische Beziehungen mit uns zu entwickeln, und der Sowjetunion entstünden daraus sinnlose  Kosten.

Es entstanden erste, wenn auch noch unbedeutende Ausbrüche von nationalen Streitigkeiten. Damals hat wohl noch niemand geahnt, welche Gefahr sie und in sich bergen und  was daraus in der allernächsten Zukunft werden wird.

Zu jener Zeit hatten die Massenmedien große Freiheiten erhalten, vorzugsweise mit Vorlagen aus dem Westen, sie begannen, das genusssüchtig auszunutzen und die Mängel in unserem Leben zu übertreiben. Die Gesellschaft und der  Staat gerieten ins  Wanken. Das schwamm  mit dem Strom, nach dem Willen der Wellen. Die „Programminstallation“ ( Programmatik )  wurde durch eine andere gewechselt. Die grundsätzlich richtige Idee des Übergangs zu Marktbeziehungen begann in  freier Interpretation, in den ungereimtesten Varianten spontan durch das Land zu spazieren, und hat Verwirrung und Störungen sowohl in den üblichen eingefahrenen  und funktionierenden  senkrechten als auch horizontalen Beziehungen gebracht, und das  gesamte System des komplizierten Verwaltungs- und Produktionsmechanismus zu deformieren.

Der Mechanismus, das System wurde zerstört, nach dem die Volkswirtschaft funktionierte und nichts war als Ersatz da, wir befanden uns umgehend in der Macht der Anarchie, einer unkontrollierbaren Situation in der Wirtschaft.

1988 zeichnete es sich bereits ab und 1989 wurde die Senkung des Tempos des Zuwachses in Industrie und Landwirtschaft offensichtlicher. 1990-1991 war das Wachstum bereits negativ geworden. Das Lebensniveau fiel. Das Land geriet in eine Phase einer tiefen und allseitigen Krise.

Die Menschen, den ihre privaten Probleme noch nicht bewältigt hatten, gerieten unmittelbar unter Bedingungen eines allgemeinen und überall wirkender  Mängel und Unbequemlichkeiten. Dank "der freigebigen" Politik des Obersten Sowjet der UdSSR, der Realisierung der Versprechen Gorbatschows zur Erhöhung des Gehaltes gab es im Land viel mehr Geld, als Waren erzeugt wurden. Und was das bedeutet, muss man ja niemandem erklären.

Jetzt, nachdem viel Zeit nach dem Anfang der Perestroika  vergangen ist, wo wir dieses geheimnisvolle Wort auf die  Vergangenheit beziehen, kann jeder das traurige Fazit der sich ereigneten Tragödie ziehen. Es ist vor aller Augen, jeder von uns empfindet es für sich.

Irgendwie im Sommer 1991 in der Pause einer Sitzung im Kreml kam Rede auf Lage im Land, auf die Perestroika. Ich habe die Genossen gefragt, wir waren etwa acht  Leute, ob wir die Perestroika begonnen hätten, wenn wir gewusst hätten, wohin das Land infolge ihrer Durchführung kommen würde? Der anwesende Dmitrij Timofejewitsch Jasow (Minister für Verteidigung)  sagte: «Und warum war sie denn überhaupt nötig?»

Ich akzeptiere, dass Gorbatschow, als er 1985 seine lange Seereise begann, voller  ehrenwerter Absichten war , aber hatte keinerlei Vorstellung darüber, wohin es uns treiben wird . Es gab viele Gespräche über ein klares  Programm des Handelns,  aber es gab kein Programm, was es wert wäre, es so zu nennen.

Bis zum 1985 traf kannte ich Gorbatschow nicht direkt, hörte nur von ihm. In jenem denkwürdigen Jahr 1985 war ich unter denen, die seine Wahl  begrüßten. Der Posten des Chefs der Aufklärung ließ es für mich nicht zu, auch nur irgendeinen  wesentlichen Einflusses auf die Lage im Land zu leisten und auf die Personalpolitik einzuwirken.

Die Kontakte mit Gorbatschow waren sporadisch und immer auf Initiative des Letzteren. Von mir hat er, nach seinen Wörtern, von Andropow gehört. Aus den unregelmäßigen Gesprächen mit Gorbatschow bildete sich bei mir die Meinung, dass er einen gewaltigen Wunsch hegte , die Lage zu ändern, so bald wie möglich das einheimische , überlebte Modell der sozialistischen Gesellschaft umzugestalten , anstatt administrativ-kommandoorientiert weiten Raum demokratischen Prozessen einzuräumen mit mehr  Öffentlichkeit.

Mit den Jahren bildete sich bei mir schrittweise der Eindruck, dass er auf dem Olymp bleiben wollte,  außerhalb der Grenzen jeglicher Kritik. Mit der Zeit wurden  diese ersten Eindrücke in mir zur  Überzeugung. Er konnte auf die Schläge gegen die Union, auf irgendwo beginnende gefährlichen internationale Konflikt, auf eine komplizierte  Situation in diesem oder jenem sozialistischen Land verhältnismäßig ruhig reagieren. Aber beliebige Angriffe gegen ihn, Kritiker an seine Adresse, gar noch in heftigen, scharfen Ausdrücken - verzeihen Sie, das war ihm zu viel! Seine Reaktion kam augenblicklich, deutlich, mit Vorwürfen an die Genossen, die ihren ersten Mann nicht schützten. Für solche Fälle überflutete ihn  die Kränkung. Dann teilte er sowohl nach links als auch nach rechts aus. Den Rechten eher weniger, denn sie waren sehr lange zurückhaltend, sie erlaubten sich,  Gorbatschow persönlich eher in geschlossenen Beratungen, in schriftlichen Mitteilungen  zu kritisieren.

Lange Zeit schien es, dass  Gorbatschow unerschütterlich auf den Positionen solcher Werte stand, wie dem Oktober, dem Sozialismus, Lenin. Er betonte die Notwendigkeit der Sicherung und Entwicklung der Union (UdSSR), der (internationalen) sozialistischen Zusammenarbeit. Manchmal wurde es unter dem Eindruck  seiner Worte irgendwie peinlich, dass in dir Zweifel ihm gegenüber nagten.

Mit der Zeit festigte sich noch eine Besonderheit, ein Aspekt des Charakters Gorbatschows. Er blieb nicht stehen, er wartete nicht an einem bestimmten Meilenstein, nicht einmal, wenn er das selbst erst vor kurzer Zeit  selbst definiert hatte.  Daraus ergab sich einer der Gründe seiner Inkonsequenz. Ständig zog er sich zurück, änderte seine Ansichten , seine Meinung , distanzierte sich von der Unterstützung der Einen und von der Kritik Anderer, wechselte aus einem Extrem ins andere, d.h. tauschte die  Seiten, was verwirrte, nährte den Boden für Spekulationen. Die Rede ist hier nicht etwa von unbedeutenden  Fragen, oder von Einzelfragen. Nein, er änderte seine Positionen zu grundlegenden Problemen des Zustandes und der Entwicklung der Gesellschaft. Gleichzeitig zeigten unsere Opponenten eine beneidenswerte Konsequenz, sie nutzten mit Beharrlichkeit die Instabilität in unserem Leben vollkommen und sammelten Punkte.

Im Sommer 1985 ergriff Gorbatschow die Initiative zu einer sehr wichtigen Frage - über die Beschleunigung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts in der Sowjetunion. Der Erörterung der Frage wurde große Bedeutung beigemessen, an der Beratung im Kreml nahmen viele betroffene Interessenten.

Ich erinnere mich, ich befand mich in der Dienstreise in Afghanistan. Ich wurde  als Vorgesetzten der Aufklärung (Auslandsspionage) zur  Teilnahme an der Beratung aufgefordert. Die Erörterung trug scharfen Charakter, das Problem war richtig erfasst, es wurden inhaltsreiche Beschlüsse gefasst.

Es war nur ganz wenig Zeit vergangen, und diese Veranstaltung war vollständig  vergessen. Es konnte doch niemand mit schnellen Ergebnissen  rechnen, der wissenschaftlich-technische Fortschritt ist keine Frage von Monaten  und nicht von Jahren, sondern Jahrzehnte voller Arbeit, oder genauer, ein ständiger Prozess.

Auf meine Bemerkung , einige Zeit später ,dass man sich wirklich  ernsthaft und fundiert mit den Fragen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts beschäftigen müsse, erwiderte Gorbatschow , dass er versucht habe , sich damit  zu beschäftigen, aber sei dabei nichts herausgekommen. Es war offenbar: jemand versucht bewusst, die Entwicklung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts in unserem Land in einen Abgrund zu steuern: die Anschließung neuer Technologien, die Produktions-Einführung von weltweit führenden Methoden, einschließlich in der Wirtschaftsführung, die Nutzung der Errungenschaften auf dem Gebiet der Grundlagen- Wissenschaften, und diese hatten wir bei uns.

Natürlich musste man die Fragen der materiellen Stimulierung, der Interessiertheit nicht nur in einzelnen Betrieben, Unternehmen, wissenschaftlichen Zentren, sondern auch der konkreten Personen beachten, die in der Industrien und der Landwirtschaft arbeiteten. Leider gab es kein komplexes Herangehen an die Entscheidung dieser Probleme. Gleichzeitig wurden auf Initiative dieser Organisationen ernsthafte  Maßnahmen zur Korrektur der Lage auf dem Gebiet des wissenschaftlich-technischen Fortschritts unternommen.

Zum Beispiel wurde im Komitee für Staatssicherheit eine Reihe grundlegender Entscheidungen getroffen, die das Ziel verfolgten, die Möglichkeiten der Aufklärung und der Spionageabwehr zur Erlangung der für das Land nötigen Informationen für die wissenschaftlich-technische Entwicklung einerseits, und andererseits zur Sicherung unserer Interessen, besonders auf dem Gebiet der Grundlagen- Forschungen, vor dem Eindringen von Spionen ausländischer Staaten zu nutzen, die zu dieser Zeit intensive Aktivitäten entwickelten. Aber das alles war so wie für den Papierkorb, und ganz und gar nicht, weil unser System, nicht funktionierte, sondern weil der Staat zur Nutzung unfähig war oder weil die Menschen nicht damit arbeiten wollten.  Deshalb waren unsere guten Ansätze keine  Unterstützung in den oberen Strukturen der Macht fanden die nicht und die Ergebnisse ihrem Schicksals überlassen wurden.[4]

Ich möchte noch einmal wiederholen, dass außer den Besonderheiten des Charakters Gorbatschows, seiner Impulsivität, hier noch andere ernste, wesentlich schwerwiegendere Gründe, vorlagen, wie das leider erst später deutlich wurde. Man konnte in unserem Land unter den Bedingungen des geltenden sozialen-politischen Systems die Situation  durchaus wieder korrigieren. Jedoch verfolgten bestimmte Kräfte andere Ziele: nicht nur die Zerstörung des sozialen-politischen Systems, sondern gleichzeitig des Staates im Ganzen.

Und wie viele dringende Entscheidungen zur Landwirtschaft wurden in den  Jahren der Perestroika getroffen! Eine Verordnung überholte die  vorherige  und keine von ihnen wurde erfüllt.

Der Aufruf zur Ordnung wurde von der Losung ersetzt: « Miete!». Die Pacht von Boden-Flächen für die Menschen wurde von keinerlei materieller Versorgung unterstützt. Die Entscheidung über die Errichtung von Kapazitäten zur Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten vor Ort – unmittelbar in den Regionen ihrer Produktion- blieb in der Luft hängen, weil das kein neues politisches und wirtschaftliches  Herangehen gab - es wirkten die alten Stereotype weiter .

Aber wohl auch hier bestand das Bemerkenswerteste darin, dass man die getroffenen Entscheidungen sofort wieder vergaß und man sofort begann, an andere zu denken. Es geschah eine Abwertung von Entscheidungen. Kaum hatte eine Verordnung das Licht der Welt erblickt, wurde sie auch schon zu einem leeren Papierchen.

Sogar in unserer Landwirtschaft, die ja nicht vollständig alle Bedürfnisse der sowjetischen Wirtschaft befriedigte, gab es viel Positives. Es gab viele  Betrieb mit Massen-Produktion, die sich durchaus mit Kennzahlen  auf Welt- Niveau messen konnten, oder diese sogar übertrafen. Mit der Organisation der Großraumwirtschaften beschäftigte sich unser Land lange Zeit, und in dieser Richtung gab es  zweifellos Erfolge. Niemand untersuchte tatsächlich solche Zusammenhänge und zog daraus entsprechende Schlussfolgerungen. Ungefähr ein Drittel der Kollektivwirtschaften und der Sowchose hatte hohe Kennziffern, die auch bei den ausländischen Fachkräften Erstaunen auslösten, die solche Wirtschaften besuchten. Jedoch wurde ihre Erfahrung nicht entsprechend analysiert und genutzt. Es  war offensichtlich - in diesen führenden Wirtschaften wurden die Fragen der Personalpolitik klar entschieden, die moralischen und materiellen Stimuli waren erprobt und wirkten, das materielle Interesse der Kollektive und ihrer einzelnen  Mitglieder war effektiv geregelt. Es wurden die neuesten Technologien verwendet, es gab nicht nur ausreichend Maschinen aus dem Inland   , sondern auch aus ausländischer Produktion. Die Ressourcen(Finanzen)  dieser Wirtschaften ließen es zu, solche Kosten zu tragen.

Anstelle des Studiums und der Nutzung der fortschrittlichen Erfahrung hat man bei uns dem Finger auf die zurückbleibenden landwirtschaftlichen Betriebe gezeigt um zu behaupten: " sehen Sie, in welcher schlechter Lage unsere Landwirtschaft ist. Man muss Maßnahmen zum Wechsel des ganzen Systems» ergreifen. Dabei wurde nicht berücksichtigt, dass in ein- und derselbe Bezirk ein Kolchose durchschnittlich eine Getreideernte - bis zu 60, 70 und sogar 80 Dezitonnen vom Hektar erzielte, während andere nebenan auf 15-19 Dezitonnen kamen, und manchmal noch weniger  ist weniger, unter identischen Klimabedingungen. Gibt es da nicht Veranlassung, den Dingen auf den Grund zu gehen, für das Studium der Sachlage, der Übernahme der fortschrittlichen Erfahrung in den zurückbleibenden Wirtschaften?

Noch schlimmer war, dass man die reichen Kolchose abkassierte und auf ihre Rechnung die  zurückbleibenden über Wasser zu halten, die nicht nur keine Warenproduktion lieferten, sondern sich überhaupt mit Mühe erhielten.

Ich musste viele Male Kolchosen besuchen, schlechte und gute, rückschrittliche und führende. Ich erinnere mich, in Litauen wurde mir eine Wirtschaft gezeigt, die mich wegen des Erreichten einfach in Erstaunen versetzte. Auf schlechtem Boden, unter nicht sehr günstigen Klimabedingungen erntete der Kolchos bis zu 50- 55 Dezitonnen Getreide vom Hektar, hohen Ernten bei Kartoffeln, Rüben, er hatte eine beachtliche Herde Rinder, eine Schweine-Farm. Moderne Technologie gab es  sowohl in der Viehzucht, als auch in der Pflanzenproduktion. Im Kolchos gab es eine Musik-Schule, eine  Mittelschule mit einem Schwimmbad, den Sport- Einrichtungen. Der Kolchos hatte einen Kindergarten, eine Kinderkrippen, die Räume waren schön und bequem, es gab einen  Erholungskomplex für die Kleinen. Die Wohnungen der Kolchosbauer waren modern und komfortabel, es gab eine eigene Ziegelei. Die Einkünfte der Kolchosbauer waren hoch, außerdem gab es auch noch die privaten Nebenwirtschaften.

Der Vorsitzende des Kolchos, übrigens Held der sozialistischen Arbeit, erzählte von dass die Litauer niemals so gut lebten und nicht einmal erwarteten, dass man einen  so hohen Lebensstandard erreichen könne. In Litauen erinnerte man sich noch, wie man dort vor 1940 lebte: überall Elend, Unwegsamkeit, keine  ärztliche Versorgung, und von einer Bildung konnten die gewöhnlichen Werktätigen des Dorfes nur träumen. Einige gingen zum Gelderwerb  in die Städte, auf der Suche nach einem besseren  Leben wanderten sie in andere Länder, unter anderem in die Vereinigten Staaten von Amerika und Schweden ab.

Der Leiter des Kolchos sagte, dass die Leute verstehen, dass das alles dank der Sowjet-Macht, der Sowjetunion, erreichen konnten, mit der , wie sie glaubten,  für immer, auf ewige Zeiten verbunden sind.

Jetzt werden die Kolchose in Litauen aufgelöst. Was ist mit diesem Kolchos und den anderen Wirtschaften passiert? Sie passen doch nicht in das neue sozialen-politischen System. Nach den Prinzipien dieses neuen Systems sollen sie zerstört werden, ihr Boden wird aufgeteilt. Und was wird mit der Infrastruktur, mit jenen Bauten, die kollektiv, gemeinschaftlich waren? Kurz gesagt, Litauen und seine Menschen, speziell die Bauernschaft, wird bei den Lebensbedingungen um  viele Jahrzehnte zurückgeworfen werden. Natürlich, es wird Zeit  vergehen, die Menschen werden vernünftig werden, werden verstehen, dass sie verloren haben, und werden die entsprechenden Schlussfolgerungen ziehen. Aber welche Entbehrungen  und Leiden stehen ihnen bevor!

Unwillkürlich wird man an die Werke des litauischen Schriftstellers Pjatrass Zwirka erinnert, der tiefgründig und deutlich  über das Leben des litauischen Dorfes bis zum Zweiten Weltkrieg erzählte. Er hat die ganze Armseligkeit des Lebens der litauischen Bauernschaft, sein Elend, das Unglück, die Gesetzlosigkeit beschrieben.

Soll das litauische Dorf wirklich zu den Zeiten zurückkehren, die von Pjatrass Zwirka beschrieben wurden? Wenn die litauischen Demokraten und die , die sie unterstützten, die Wahrheit gesagt hätten, aufrichtig eingestanden hätten, wonach sie streben, hätte es das Bewusstsein der litauischen ländlichen Werktätigen geweckt, hätten diese  mit großer Wahrscheinlichkeit eine andere Wahl getroffen, nicht für das, womit sie jetzt konfrontiert sind. Ja im Übrigen, was ist der einfache ländliche Werktätige ohne die Sowjet- Macht - bei ihr war er sein eigener Herr, und ohne sie – eine Arbeitskraft – Arbeitnehmer bei einem Unternehmer.

... Unter dem Einfluss impulsiver Entscheidungen  kam das riesige Land nicht dazu, sich umzudrehen, sich zu orientieren. In immer größerem Maße verbreiteten sich Misstrauen, Verantwortungslosigkeit, Kritiksucht, Willkür und Sorglosigkeit.

1987 hat auch das Dorf vom Wege abgebracht. In diesem Jahr waren die Kennziffern in der Landwirtschaft befriedigend. Es hatten sogar die Reserven zugenommen. Das Land erhielt mehr Landwirtschaftsprodukte, als in die vorangegangenen  Jahren. Daraus wurde die Schlussfolgerung gezogen: man kann auch auf dem Dorf mutiger experimentieren.

Unsere ursprünglichen Entscheidungen und Verordnungen hatten offenbar keine Grundorientierung, keine Zielstellung und Systematik.  Die große Politik wurde nur nach dem Augenschein gemacht.

Ich erinnere mich, dass  Kadar mit Hilfe eines  Jagdwörterbuches uns sehr bildhaft die Charakteristik der großen Politik darstellte. Für den Jäger ist es sehr wichtig, sehr genau über sein Visier zu zielen- sagte er. Wenn das Ende des Laufes sich  nur um einen winzigen Millimeter verschiebt, so wird das Geschoss das Ziel nicht erreichen, kann sie auf Dutzende von Metern danebengehen.

Gab es bei uns denn überhaupt eine gut ausgearbeitete, klare Konzeption der Perestroika? Jetzt kann man darauf eindeutig antworten: «NEIN, nur im Allgemeinen, in Absichtserklärungen. Sie wurde beim Laufen (im Gehen)  definiert». Dazu wäre wohl noch  zu ergänzen: wir gingen, wie es vielen schien,  vorwärts und gerieten in eine Sackgassen- Situation, hatten aber Notwendigkeit nicht verstanden und die Fähigkeit verloren , wieder umzukehren , um eine riesige Niederlage zu vermeiden. Im Übrigen, diesen schicksalhaften Weg beschritt das das Volk nicht selbst, es wurde dorthin geleitet.

Und noch ein wichtiger Umstand. Wir entwickelten Anfänge der Demokratie im Leben der Gesellschaft, aber leider haben wir nicht darüber nachgedacht, dass sich im Falle der Notwendigkeit ein entsprechender Rettungs- Mechanismus auslöst, dass Rettungsszenarien wirksam werden (Original:“ Reservepositionen in Betrieb gesetzt werden“), um die Lage zu bereinigen, um zu  bremsen oder im Gegenteil um die  Bewegung zu beschleunigen. Ein solcher Mechanismus wurde nicht erstellt. Ganz zu schweigen von der Berechnung des Faktors Zeit , womit wir überhaupt nicht hantieren können.

Es wurde zwar  vieles im Kampf gegen den Personenkult getan, aber es gelang nicht,  die Rolle, die Möglichkeit, die Rechte und die Verantwortung der Leiter aller Niveaus, einschließlich der höchsten Instanz, in eine genaue Übereinstimmung mit den Gesetzen zu bringen, das misslang.

Beim ersten Mann verbleiben viele Möglichkeiten für Manöver, übermäßige Einwirkung und sogar Erpressung der höchsten Gesetzgebungsorgane. Das hat in vollem Umfang zuerst Gorbatschow und dann Jelzin ausgenutzt.

Es ist jetzt klar: Man benötigt eine gewisse Zeit-Periode  für den Übergang von einer Staatlichkeit zu einer andere. Leider hatten Impulsivität, Emotionalität ein zu großes Gewicht, bestimmten zeitweise sogar alles Übrige. Die Demontage der leitenden Parteistrukturen von oben bis nach unten wurde in Stundenfrist verwirklicht. Die Sowjets [5] hatten weder Personal, noch Erfahrung, um die Funktionen der Verwaltung vollständig zu übernehmen. Die Lähmung, die Anämie der Macht hat sich tatsächlich ungestüm im  ganzen Land ausgebreitet.

Ende 90 - Anfang 1991 war das Land in großem Maße lahmgelegt, die Wirtschaft schwamm „nach dem Willen der Wellen“. Die meisten Verluste trug das Land bei den Kadern davon. Der Verwaltungsapparat zählte tatsächlich die eindrucksvolle Zahl von etwa 16-18 Millionen Menschen. Übrigens niemand konnte vermuten, dass nach der Zerschlagung der Union der Verwaltungsapparat allein in Russland diese Unions- Kennziffer wesentlich überschreiten wird.

Die ungestüme Kürzung von Planstellen, auch ganzer Plan- Strukturen der Verwaltung führte zum zahlreichen Weggang ganzer Gruppen von hochqualifizierten Fachkräfte aus der Volkswirtschaft - dieses intellektuellen und professionellen Potentials des Landes. Die Anzahl der Beamten wurde nicht weniger, sie haben sich lediglich in anderen,  oft nicht produktiven Sphären angesiedelt-. Der Grund lag in der Gewährung von übermäßigen Ermäßigungen, Vorteilen für den privaten, genossenschaftlichen Sektor, für  Gemeinschaftsunternehmen (mit Ausländern), unabhängig davon, ob die Rede von Produktionstätigkeit, vermittelnder Tätigkeit oder der Sphäre der Services für die Bevölkerung  war. Die Wirtschaftsgrundlage des Staates begann zusammenzubrechen.

1990-1991 blieb in der Gesellschaft wohl keine Kategorie der Bevölkerung übrig, die nicht vom Auseinanderbrechen in der Wirtschaft, den politischen Ekstasen, den immer weiter wachsenden sozialen Spannungen betroffen gewesen  wäre. Die Extreme, Unbestimmtheit, die sich gegenseitig ausschließenden Anordnungen von oben  erzeugten allgemeine Unzufriedenheit.

Die Führung versuchte einen Ausweg in Versuchen zu finden, sich an die  Stimmung der Bevölkerung anzupassen, aber infolge der Schwäche, der Unbeständigkeit ihrer Positionen war sie schon nicht mehr fähig, das Volk von etwas zu überzeugen oder die Sachlage zu beeinflussen. Die Parteikader, die Kommunisten waren demoralisiert.

Natürlich lag  die Hauptverantwortung bei Gorbatschow. Manchmal verlor er völlig seine Zuversicht, und das war für alle offenbar, mal neigte er zu einem, dann wieder  zu einem anderem Standpunkt, und dann sah er als einzige Rettung - die volle Absage an das existierende sozial-politische System, in dessen Zerstörung und der Schaffung eines  Modells, das dem sozialistischen entgegengesetzt war.

Irgendwann hat Gorbatschow den Satz geäußert: «Dass ich auch immer gemacht habe, nichts hilft, alles ist vergeblich, man muss das System ändern». Seine Beziehungen zur Partei, ihren leitenden Organen, dem Obersten  Sowjet der UdSSR, dem Kongress der Volksabgeordneten, und letztlich  zum  Ministerkabinett begannen immer schwieriger zu werden.

Seine Reden nahmen immer öfter den Charakter von Streitigkeiten an, dienten der Klärung von Beziehungen. Er begann nervös zu werden, aber in der Regel zog er seine  Linie durch. Seine Argumente kamen  immer auf das Gleiche heraus: dass das, was er vorschlägt, ist das einzig richtige, andernfalls bürgt er nicht für die Folgen u.ä.

Es gab einen Moment, als Gorbatschow, scheinbar Entschlossenheit zeigte und dafür wurde er mit stürmischen Beifall des Obersten Sowjets der UdSSR belohnt , das war, als er im November 1990 um  bestimmte Vollmachten für sich ersucht hatte, diese hatte er sofort bekommen, aber er hat sie nicht genutzt.

An jenem Tag, als er diese Vollmachten vom Obersten  Sowjet der UdSSR bekommen hatte- das waren tatsächlich umfassende Rechte-  hatte ich mit ihm zwei bemerkenswerte Gespräche. Das erste vor der Abstimmung zu den Vollmachten im Obersten Sowjet der UdSSR. Damals sagte er: «Es reicht, immer mehr zurückzuweichen , man muss entschlossen handeln, heute werde ich um Vollmachten beim Obersten Sowjet ersuchen und wenn ich die bekommen,  werde ich keine Stunde zögernd, werde ich entschlossen im Interesse der Gesellschaft handeln. So können wir nicht weiter leben und arbeiten».

Ich sage ehrlich, solche Worte bauen dich auf.  Nach dem Erhalt  der Vollmachten hat noch ein Gespräch stattgefunden, in dessen Lauf er erklärt hat, dass »..er alle Vollmachten bekommen hat und es jetzt notwendig ist darüber nachzudenken, wie man nunmehr auf korrekter  Rechtsgrundlage vorgehen sollte ». In seiner Stimme war schon nicht mehr jene Entschlossenheit, mit der er mit mir beim ersten Gespräch am sprach.. Und meine Vermutungen haben sich als wahr erwiesen.

Am nächsten Tag fabulierte er öffentlich darüber, dass man die Fragen ernsthaft  durchdenken muss, die mit dem Erhalten der Vollmachten verbunden sind, muss man sich überlegen und entscheiden, wie sie zu realisieren sind. Man darf nichts überstürzen, es könnte Porzellan zerschlagen. Im Endeffekt blieb alles wie früher. Natürlich konnte das jene Personen nicht beunruhigen  die in den höchsten Ämtern der Macht saßen und die genau wussten, wohin sich unsere Gesellschaft und der Staat bewegen.

Allerdings  wurde infolge dieses Tricks der Ministerrat der UdSSR mit seinen Vollmachten, seinen weitreichenden  Rechten und Möglichkeiten aufgelöst. An dessen Stelle wurde als Ersatz ein Ministerkabinett der UdSSR gebildet, ein völlig rechtloses Organ, obwohl das Land besonders eine starke exekutive Gewalt brauchte.

Auf dem Wege der Zerstörung des Staates war das natürlich ein großer Schritt in einer gefährlichen Richtung. Der Vorsitzende des Ministerrates  N.I.Ryschkow verlies seinen Posten. Zu allem Übel kam noch, dass er einen schweren Infarkt erlitt. Die Reorganisation und seine Krankheit überlappten sich.

In den letzten 1-2  Jahren hatte Ryschkow wohl am meisten auszuhalten  - sowohl im  Obersten Sowjet, auf den Sitzungen des Kongresses der Volksdeputierten der UdSSR und in den Massenmedien. Er reagierte nur mit Mühe auf die Kritik, sie war ja zum großen Teil ungerechtfertigt, stritt und er konnte der Tendenz  nicht zustimmen, dass alle Not nur in der Arbeit des Ministerrates begründet sei.  Und hier hatte er Recht. Im Grunde genommen, es fand ein regelrechtes Kesseltreiben gegen den Vorsitzenden des Ministerrates statt.

Besonders Sobtschak nutzte dafür bösartig alle Mittel. Er hatte offenbar ein  irgendwie sadistisches Vergnügen daran, für Alles Ryschkow  zu beschuldigen, sogar für Dinge, für diesen oder jenen Misserfolg, zu denen der Ministerrat keinerlei Beziehung hatte.

Man muss sagen, dass der Oberste Sowjet diese unverschämten Personen nicht rechtzeitig gestoppt hat, er hat den Vorsitzenden des Ministerrates nicht unterstützt und dadurch die Bildung einer ungesunden Atmosphäre um das wichtigste Exekutiv- Organ gefördert. Das hat nicht nur die Arbeit Vorsitzen des Ministerrates, sondern auch seiner Stellvertreter und  Minister demoralisiert.

Die Massenmedien haben die zerstörende und destruktive Kritik in den Sitzungen des Obersten Sowjets der UdSSR an der Regierung aufgegriffen und durch das ganze Land verbreiteten, ja noch dicker aufgetragen. Natürlich stellte die Sachlage im Staat, die enorme Senkung der Lebensqualität, die Unzulänglichkeiten und  Schwierigkeiten, jeder Art Mangel für die Bevölkerung einen günstigen Nährboden für Kritik an die Adresse des Vollzugs-Organs dar, was die Demagogen und die übrigen Zerstörer unseres Staates schamlos ausgenutzt haben.

Es lief eine Zerstörung des Staates insgesamt, das Staatssystem wurde zerstört, aber niemand dachte darüber nach, welcher Mechanismus im Land gelten wird, wenn die Staatsmacht vollständig zerstört sein wird. Es gab eine offensichtliche Teilung der Aufgaben und der Verantwortung – die Einen haben die Aufgabe der Zerstörung übernommen, der Demontage der Leitung und der Ideologie des Wirtschaftslebens, und andere setzten ihre Arbeit in Verantwortung für die Wirtschaft fort, und nahmen dabei Entscheidungen der höchsten Gesetzgebungsorgane zur Erfüllung entgegen, mit denen sie nicht einverstanden waren, was sie auch keinesfalls  verbargen.

Besonders "ereiferte sich" der Oberste Sowjet der UdSSR bei der Erhöhung der Lebensqualität verschiedener Schichten der Bevölkerung. Es gab mehrfach  Emission der Geld-Masse, weil die Produktion nicht wuchs, es gab im Gegenteil eine handfeste Tendenz zur Senkung.

Ryschkow wusste, wohin eine derartige Entwicklung der Ereignisse führen wird, protestierte, aber trat (damals) nicht zurück, sondern musste meiner Meinung nach diesen Schritt gehen. Andernfalls wäre er als Oberhaupt der Regierung verpflichtet gewesen, härtere Schritte zu unternehmen.

Ryschkow fürchtete sich vor der Inflation, verstand, dass unpopulären Maßnahmen nicht zu vermeiden, er war ein Anhänger der vorübergehenden Verstärkung der Führung in der  Vertikalen und trat der Erhaltung der horizontalen Beziehungen.

Zu den ernsten Problemen in unserer Wirtschaftspolitik muss man die Missachtung eines solchen wichtigen Hebels, wie der Preisbildung zählen. Die existierenden Preise zogen wie schwere Steine die Wirtschaft auf den Meeresgrund. Die Preise entsprachen nicht der Realität, dem Verhältnis von Nachfrage und Angebot, sie beeinflussten die Produktion der Waren nicht, förderten sie nicht und bewirkten Spekulationen.

Alle in der Führung verstanden das, empörten sich, aber ausgehend von populistischen Gründen getrauten sie sich nicht, diese anzutasten.

Im Frühling 1990, damals war es noch nicht ganz zu spät, hat Ryschkow den Antrag gestellt, die Preise für Brot und entsprechenden Erzeugnisse zu erhöhen, mit voller Kompensation der Einkommen. Was war der Sinn? Es ist bekannt, dass das Brot bei uns das billigste in der Welt war. Nicht zufällig wurden ungefähr sieben Millionen Tonnen fertiger Brot- und Brötchen-  Erzeugnisse jährlich in den Abfall geworfen. 10 bis 12 Millionen Tonnen Brotgetreide  wurde an Vieh verfüttert. Wir importierten in manchen Jahre bis zu 40-45 Millionen Tonnen Getreide. In welchem Land würde so etwas zugelassen? Kann man das dulden?

Leider erhielt diese Frage auf der Tagung des Obersten Sowjets der UdSSR keine Mehrheit. Nach einem Jahr, in April 1991, wurden die Preise für Getreideerzeugnisse erhöht, aber als Teil  einer allgemeinen Preiserhöhung, ohne gehörige Berechnung und vergrößert und haben natürlich keinen Effekt gegeben.

Übrigens stand das Problem der Nutzung der Preisbildungs- Hebel auch mehrfach schon früher. Noch bei Kossygin Ende der sechziger Jahre - den Anfang der 70 Jahre, versuchte man, das in Gang zu setzen. Aber jedes Mal wirkte der Verweis  auf die Errungenschaften des Oktobers, die Beeinträchtigung der Interessen der Bevölkerung, besonders seines minderbegüterten Teiles, und die Preise wurden nicht angerührt.

Leider, unterstützte auch Andropow das Streben nicht, den Hebel der Preisbildung einzusetzen, und sah darin eine Absage an die revolutionären Errungenschaften [6].

Nach dem Misserfolg des Vorschlages zur Anhebung der Preise für Brot in Übereinstimmung mit den Bedürfnissen der wirtschaftlichen Entwicklung hat Ryschkow eine Reihe der Erklärungen über die negativen Folgen der Entscheidung abgegeben, aber er gab sich damit wieder zufrieden.  Die Krise in der Wirtschaft steigerte sich, aber im Allgemeinen schwammen alle mit dem Strom, es gab keine Auseinandersetzungen, lediglich eine Reihe von Abweichungen. Alles, was nachher geschehen ist, sah Ryschkow mit absoluter Genauigkeit voraus, aber er war nicht in der Lage  seine der Positionen zu verteidigen[7].

Ich denke, eine der schwachen Seiten in der Tätigkeit Ryschkows war seine ungenügende Einbeziehung der Parlamentarier nicht nur von seiner Seite, sondern insgesamt durch den  ganzen von ihm geleiteten Ministerrat.

Überhaupt fehlte vielen Leitern der Vergangenheit die Fähigkeit, mit den Menschen zu sprechen, sie zu überzeugen, die propagandistische Unterstützung der geplanten Programme reichte nicht aus, das Fehlen von neuen (jungen) Personen in der Führung  wirkte sich aus, aber besonders vor Ort begannen schon neue Leute sich zu zeigen.  Unter ihnen waren eindrucksvolle, bodenständige junge Leute, die zum Kampf bereit waren. Aber ihnen allen mangelte es an Erfahrung, der Möglichkeit, in den Massenmedien aufzutreten, an Organisiertheit und  der politischen Flexibilität.

Man kann annehmen, dass gerade die heranwachsende, aufsteigende Generation von Leitern für die Zukunft stehen, und nicht die, die jetzt noch an der Leitung  sind. Eine andere Sache ist es, dass in dem Moment, wenn das Land an diesen Punkt kommt, wo  die Talente eine Möglichkeit haben, sich zu zeigen, dass es da zu spät sein könnte? Die Vertreter der künftigen Generation der Leiter, der Schöpfer von Neuem , resorbieren die Erfahrungen sowohl dieser als auch  jener und werden diese Erfahrungen nutzen, weil es nie Leute gibt, die absolut Recht haben und das auch gar nicht sein kann.  recht gibt es, und, sein kann nicht.

Die Jahre 1990-1991 waren eine Zeit  der ungestümen Bewegung der KPdSU zu einem tragischen Ausgang. Die Partei lebte alle Jahre ihrer  Existenz im Allgemeinen unter Treibhausbedingungen in Bezug darauf, dass ihr als  der leitenden Kraft nichts im Staat entgegen stand. Man musste nicht um das Überleben kämpfen, für die große Linie der Entwicklung der Gesellschaft, auch nicht um einzelne spezielle  Richtungen.

Die Meinung der höchsten leitenden Parteiorgane, der Foren hatte den Charakter von unanfechtbaren Entscheidungen. Die Partei verantwortete auch die  Ausführung der Entscheidungen, und wenn es plötzlich nicht funktionierte, so erklärte die Partei im Namen derselben leitenden Organe die Gründe des Misserfolgs. Ein bedeutender Teil der Mitglieder der Partei und besonders ihre leitende Mitglieder nährten die Illusionen: Sage ein Wort, rufe auf, erlasse eine Verordnung - und die Sache ist gemacht.

Diese Gewohnheiten, Traditionen, diese Praxis wirkte sich aus. Es war eine ganze Epoche, als infolge verschiedener Gründe, einschließlich solcher mit objektivem Charakter, die Partei ungeteilt als Idee Geber und politische Kraft herrschte. Aber sogar für jene Epoche darf man das Einpartei- Konzept nicht als die optimale Wahl für die Gesellschaft anerkennen. Im Zuge der Entwicklung der Gesellschaft und des Staates wurden die Fragen des Aufbaues unermesslich komplizierter, die allseitige Berücksichtigung aller Umstände wurde nötig , der Meinungen, der verschiedensten Standpunkte, die Suche von Lösungen  erforderlich, einschließlich von Kompromissen, und alles das konnte ein Einparteiensystem gewiss nicht gewährleisten.

Wie auch in vielen anderen Fragen, suchte die Führung der Partei einen Ausweg  nicht auf Wege von einer  prinzipiellen Entscheidung zum Problem, sondern widmete  sich dem Manövrieren, der Taktik. Im Endeffekt hat die Taktik die Strategie aufgefressen. Schließlich wurde es für nötig gehalten, das Problem mittels der Absage an das  Einparteiensystem zu lösen, also auch der Abkehr von der führenden Rolle der KPdSU in der Gesellschaft. In Anbetracht der Verflechtungen  von  allem und jedem mit der Partei, forderte der Übergang von dem Einpartei-Kozept eine Periode von nicht weniger als drei bis fünf Jahre. Jedoch es wurde anders angeordnet – mit einem Schlag, in einem Moment.

In den Dutzenden von Jahren war die allumfassende Führung der Struktur der Verwaltung des Landes durch die Partei gerade auf diesen Faktor zugeschnitten, der ein organischer Teil der Staatlichkeit war. Mit der Annahme des Gesetzes über der Aufhebung des 6. Artikels der Verfassung der UdSSR durch das höchste Gesetzgebungsorgan der UdSSR ist das ganze System der Staatlichkeit zusammengebrochen, zuerst lokal, und dann lawinenartig im Maßstab des ganzen  Landes. Wieder dominierten Unbedachtheit, Unlenkbarkeit, Eile. Dort, wo rationales Herangehen notwendig war, beherrschten Emotionen die Dinge.

Die entstandene Situation hat den Staat mit allen von hier abgeleiteten  Folgen unaufhaltsam zerstört. Die Partei, die bis jetzt »angreifen» und « besiegen» konnte, hat sich als unfähig erwiesen, die Ordnung in ihren eigenen Reihen zu erhalten, sich zurückzuziehen  und neue Stellungen einzunehmen. Die Führung der KPdSU zeigte sich isoliert von der Partei, und die Partei - von den breiten Massen.

Im Streben, die Lage zu retten, begann  die höchste Führung der Partei, ihr Führer mit unendlichen Reorganisationen des Politbüros, des Sekretariats des ZK, des Apparates im Zentrum und vor Ort, fing an, verschiedene Kommissionen zu schaffen , unsinnige Beratungen durchzuführen, mit Erklärungen aufzutreten, wobei eine der  anderen widersprach.

Es war die Zeit  einer großen Wortverwirrung. Die Partei verlor ungestüm ihren Einfluss in den Massen, in den Massenmedien. Innerhalb der Partei, in ihrer Führung bildeten sich Kräfte, die die Partei nicht ohne Erfolg von innen zerstörten.

Nach jeder Aktion gegen die Partei gab ihre Führung ihre Position auf und setzte  ungeordnet ihren Rückzug auf zuvor nicht vorbereitete Positionen fort, anstatt irgendwelche Grenzen zu bestimmen und einzunehmen, an  ihnen festzuhalten, sich zu besinnen und danach zu handeln.

Wer ist daran schuldig, dass 19 Millionen Mitglieder der Partei sich in wenigen Monaten in eine Menge orientierungsloser  Menschen verwandelt haben? Mir ist der  Gedanken fern zu behaupten, dass diese 19 Millionen Menschen die Allerbesten der Besten sind. Das ist nicht das Kriterium für die Einschätzung von Menschen, diese Losung hat der Partei niemals gut getan. Wenn man die Besonderheit der Mitglieder der KPdSU betont, verdammte man sie im Voraus bereits zur Isolation (Trennung) von den übrigen sowjetischen Menschen, war beleidigend für sie war.

Aber die gewöhnlichen Parteigenossen waren dafür nicht verantwortlich. Die übergroße Masse der Kommunisten hatte von der Mitgliedschaft in der KPdSU keine persönlichen Vorteile. Und was auch immer schrieben und  behauptet wird, das ist die  Wahrheit. Aber «Unbequemlichkeiten» gab es genug. In Zeiten, als die Lage im Land noch nicht zerrüttet war,  forderte man von den Kommunisten, dort zu sein, wo es am schwierigsten war , Beispiel bei der Arbeit zu sein, sie wurden für Vergehen, für Verstöße strenger bestraft. In den Jahren der Repressionen haben die  Mitglieder der Partei am meisten gelitten. Eine bedeutende Zahl von Kommunisten ist in den Jahren des Großen Vaterländischen Krieges umgekommen.

Einer der schwersten Fehler der Partei bestand bis zuletzt darin, dass sie nicht zu den Massen gegangen ist, um zusammen mit ihnen die Lasten der auf uns hereinbrechenden Not zu teilen und sich in der tragischen Zeit  unter dem Volk zu sein. Die Verbindung mit den Massen ist wichtiger als ein beliebiges Programm. Gerade aus dem Kontakt, im Verkehr mit den Menschen hätte ein wirksames Programm zur Abkehr aus der Krise geboren werden können.

Der Partei misslang es, keinen der Werte tatsächlich zu verteidigen, die bis in die letzte Zeit unantastbar waren und an die wir, nach meiner tiefen Überzeugung, glaubten. Immer mehr wurde der sozialistische Weg einer Kritik und der Negation unterworfen. Es begann  zuerst zaghaft mit  Andeutungen, und dann wurde der Sozialismus  vollständig negiert und  zugunsten des Kapitalismus geworben.

Bald begannen scharfe Angriffe gegen die Oktoberrevolution von 1917. Die Oktoberrevolution wurde in einen Umsturz verwandelt, der von einer kleinen Gruppe  von Personen mit vorzugsweise nicht russischer Nationalität ausgeführt wurde. Der Hauptaspekt der Darstellung dieses Ereignisses bestand im  Streben, seinen reaktionären Charakter aufzuzeigen. Parallel steigerte sich die Kritik an Lenin zuerst als Funktionär, danach auch als Mensch. Vom Besudeln der Lenin- Denkmäler ging man  zu ihrer Zerstörung über.

Man begann, die mehr als 70-jährige Geschichte der Sowjet-Macht wie eine Tragödie des Landes vom Anfang bis zum Ende darzustellen. Nichts Positives ! Als  unantastbare Insel wurde der Sieg im Großen Vaterländischen Krieg ausgeklammert, jedoch auch  diese Insel begann man zu zerstören. Es begann defacto die Rehabilitierung solcher Verräter wie Bandera, Wlassow und anderer. Sie kämpften halt nicht gegen die Heimat, sondern gegen die Ordnung, gegen Stalin. und weiter in dieser  Art. Aber sie waren doch auf der Seite Hitlers!

Und die Partei? Sie befand sich weiter in Verwirrung, im Zustand der Unlenkbarkeit, wurde der  Willkür des Schicksals ausgeliefert. Aktionen zur Verteidigung des Oktobers, Lenins, des Sozialismus, des gesamten Positiven  in unserer Geschichte wurden auf Initiative von lokalen Parteiorganisationen, von Gruppen oder  einzelnen Kommunisten unternommen, die übrigens in zahlreichen Fälle auch von Parteilosen unterstützt wurden. Historiker werden später mit Sicherheit auch diese Fakten festhalten.

Anfang Oktober 1989 wurde ich auf dem Plenum zum Mitglied des Politbüro des ZK der KPdSU gewählt. Ein paar Tage später schlug mir Gorbatschow vor, das Referat  auf  der Festsitzung anlässlich des 72. Jahrestages der Oktoberrevolution zu halten.

Gewöhnlich wurden Vorträge zwei-drei Monate zuvor in Auftrag gegeben. Hier blieb nur ein Monat. Ich habe gebeten, mich vom Referat zu entlasten und die Bereitschaft geäußert, am nächsten Jahrestag oder zu anderem Anlass aufzutreten. Gorbatschow hat gesagt, dass von den Mitgliedern der höchsten Parteiführung nur A.Jakowlew noch kein Referat  anlässlich irgendwelcher Gedenktage gehalten habe, aber wegen bestimmter Überlegungen wolle er ihm den Vortrag wegen der Befürchtungen nicht übertragen, weil der sich bestimmt nicht in der erforderlichen Richtung äußert. Aber das Wichtigste, bei weitem nicht alle werden ihn als Vortragenden positiv wahrnehmen.

Jakowlew hat sehr krankhaft darauf reagiert, dass  nicht ihm aufgetragen wurde, das Referat zu halten. Damals verhielt er sich noch mit Worten positiv zum Oktober, zu Lenin. Ich erinnere mich, Jakowlew hat auf die Frage, wie er sich zu Lenin stellt, geantwortet: « Gut! Sogar extrem gut!»

Nach Möglichkeit bemühte ich mich, ihn zu beruhigen, aber dieser Mensch verzeiht Kränkungen nicht. Ihn noch einmal  in der " Reihe" des Vortragenden zu einem so bedeutenden Anlass zu übergehen- war ein Angriff auf sein Image und für die Eitelkeit Jakowlews war das ein viel zu schwerer Schlag.

Ich bat fast alle Mitglieder des Politbüros, mir Hinweise zuzuarbeiten, was im Referat widerzuspiegeln wäre. Ich habe auch Jakowlew gefragt, der Sinn seines  Rates war, aufzurufen, mutiger zur Demokratie überzugehen. Auf meine Frage, wie wollen wir mit der Rechtsordnung im Staat, mit der Sicherung seiner Pfeiler umgehen, kam folgende  Antwort: «Und wenn wir die Demokratie eingeführt haben, wird sie sich  entwickeln und auch ihre Institutionen - dann bekommen wir durch die Demokratie, durch die volle Freiheit auch Ordnung».

Ich habe einem solchen Herangehen nicht zugestimmt und bemerkt, dass man doch auch alles zerstören kann, durcheinander bringen kann und dann wird es ist nichts mehr geben, an dem sich die Ordnung orientiert, dass diese zwei Probleme parallel zu anzufassen sind, würde es zum Bankrott kommen.

Ich hatte mich auch  Ligatschew nach möglichen Überlegungen erkundigt. Seine Antwort: « Sehr deutlich über den Oktober sprechen!» Die Angriffe auf die Oktoberrevolution auf Lenin und die Partei sind, seinen Worten nach,  viel zu häufig und unbegründet geworden.

Medwedew hat empfohlen, die Frage über die theoretische Begründung der Perestroika  breiter zu beleuchten.

Jasоw bat, gebeten, deutlich positiver über die Armee, ihre vorherigen Verdienste zu sprechen, den Wert der Heldentat des sowjetischen Volkes im Großen Vaterländischen Krieg zu betonen.

Ryschkow: « Die Lage in der Wirtschaft verschlimmert sich, wenn wir nicht beginnen besser zu arbeiten, wird es sehr schweren Zeiten geben, die Streiks könnten uns kaputt machen ».

Ende Oktober waren die Materialien des Vortrags fertig und in der gewohnten  Weise habe ich sie den Mitgliedern und Kandidaten des Politbüros und den Sekretären des ZK der KPdSU geschickt.

Ich hatte sie auch auf kameradschaftlicher Grundlage Leuten gegeben, die ich persönlich gut kannte: Journalisten, Gelehrten, den Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens.

Bald darauf erhielt ich Antworten - hauptsächlich positive, freundliche, mit konstruktiven Bemerkungen.

Gorbatschow hat die Materialien auch gebilligt, sogar noch etwas härter formuliert. Besonders hat er das Konzept  des Vortrags gebilligt, das bestand im Folgenden: es wurde offenbar, dass wir  in eine Krise in politischer, Wirtschafts-, und ideologischer Richtung abdriften. Die internationalen Beziehungen wurden schwieriger. In dieser Lage  begannen Konflikte mit Menschenopfern. Es kamen Flüchtlinge. Es war wichtig, eine Einschätzung der Situation zu geben, die Grenzen zu bestimmen, an denen man Einhalt gebieten musste, wenigstens  für eine gewisse Zeit. Zudem musste betont werden, was es kein Zurück zu den Verstößen (Lastern)  geben darf, wie es  in der Vergangenheit war! Es musste die Entschlossenheit unterstrichen werden, die Demokratie weiterzuentwickeln, aber bei gleichzeitiger Verstärkung der Rechtsordnung.

Ich halte für geboten, einige Thesen  des Vortrags wiederzugeben, in denen diese Ideen sich widergespiegelten.

Für die Kritiker der Partei, besonders aus der jungen Generation, wurde im Vortrag angemerkt, es sei nützlich sich zu erinnern, dass "die Arbeitenden sich hinter der Partei formierten , weil sie die Erfüllung der Haupterwartungen des Volkes in Angriff genommen hat: den imperialistischen Krieg zu beenden , die Macht den Sowjets zu übergeben, den Boden den Bauern, die Fabriken und Betriebe den Arbeitern, jeder Nation die Möglichkeit für ihre Entwicklung und ihr Aufblühen zu gewähren » (übrigens sind diese Losungen auch jetzt aktuell, aber schon aus ganz anderen Gründen).

Weiter wurde im Vortrag vermerkt, dass bis zum Jahr 1917 in der Welt der Kapitalismus herrschte und dass die Zukunft der Völker eigentlich nur in einigen westlichen Hauptstädten entschieden wurde. So kam es, dass ein Krieg auf den  anderen folgte, bis sie nicht zu einem allgemeinen weltweiten Völkermorden ausarteten.   «Der Oktober hat dem Imperialismus der Monopole die Möglichkeit entzogen, über das Schicksal des Planeten zu bestimmen, ist zu einem spezifischen Zünder  einer ganzen Serie antikolonialer, volksdemokratischer und sozialistischer Revolutionen geworden , die sich durch alle Kontinenten zogen».

Der mehr als 70-jährigen sowjetischen Geschichte wurde im Vortrag auch eine  mehrdeutige Wertung  gegeben. «Neben positivem, - wurde im Vortrag gesagt, - haben wir aus der Geschichte auch andere - bittere Erfahrungen gezogen. Es handelt sich um die schweren, zerstörenden Folgen des Stalinismus, die den Sozialismus deformierten, Die Leninsche Konzeption der neuen Gesellschaft entstellt haben. Das  vorzeitige Beenden der NÖP [8] war ungerechtfertigt und verlustreich, das Diktat des administrativen  Verwaltungssystems hat der Wirtschaft schwere Verluste gebracht und soziale Spannungen hervorgerufen. Der Personenkult hat das Institut einer sowjetischen Herrschaft des Volkes bis zur Unkenntlichkeit  verzerrt». Die Stalin- Repressalien wurden entschieden verurteilt. «Aber zugleich haben wir zutiefst unrecht und wären geistig primitiv, wenn wir die Geschichte des Landes und der Partei nur auf ununterbrochene Fehler reduzieren würden. Unter welchem Vorwand die Vergangenheit auch immer verzerrt wird, das ist immer unwissenschaftlich und unsittlich».

Es war auch eine Warnung vor Illusionen enthalten. «Jeder von Ihnen sollte Realist sein und sich darin klar werden, dass eine gründliche Verbesserung der Wirtschaft große Anstrengungen und eine bestimmte Zeit  erfordert. Gleichzeitig bleibt es leider Tatsache, dass es bisher nicht gelungen ist, die Krisenerscheinungen in der Volkswirtschaft zu überwinden. Nein,  sie haben sich sogar verstärkt. In der Gesellschaft wächst die Unruhe».

Weiter: «Es ist ganz klar, dass sich Kommando-Verwaltungssystem überlebt hat. Aber damit das  endgültig der  Vergangenheit angehört, steht uns noch die Aufgabe bevor, einen neuen Mechanismus der Wirtschaftsführung zu erstellen. Und das ist eine angestrengte, mühsame, alltägliche Arbeit in vielen Richtungen».

Das Problem des Eigentums wurde als  Schlüsselthema in der Wirtschaftsreform bewertet. Es wurde das Recht auf alle Eigentumsformen akzeptiert, aber keine zerstörende Verhaltensweise gegenüber dem Staatseigentum. Zur Bekräftigung des Heranwachsens der Krisenerscheinungen wurden solche Daten gebracht. «Nur 1988 stieg der Gewinn, der von Unternehmen und Organisationen des Landes erzielt wurde auf 12,3 Prozent, während das nationale Bruttoinlandsprodukt um 8 Prozent stieg. Noch größer wird der Bruch zwischen der Größe der Einkünfte und der Vergrößerung der Warenproduktion 1989 sein ».

Diese Zahlen mussten hellhörig machen. Es war wichtig, die negativen Tendenzen aufzuhalten, und das zu tun war damals noch verhältnismäßig leicht. Aber die Schleusen für eine weitere ungünstige Entwicklung der Lage in der Wirtschaft öffneten sich aller weiter.

Mit großer Besorgnis wurde im Vortrag über das nationale Problem gesprochen, die heftige Verschärfung der zwischen-nationalen Konflikte. «Die Extremisten, korrumpierten Elemente heizen die Streitigkeit in den zwischen-nationalen Beziehungen an, terrorisieren Menschen anderer Nationalitäten. Können etwa irgendwelche politische Ziele und Losungen diese Herausforderungen der elementaren Normen der öffentlichen Moral rechtfertigen?»

Und noch zwei Auszüge zu diesem Problem. «Das Hauptprinzip der nationalen Politik der kommunistischen Partei ist die Schaffung solcher Bedingungen, dass jeder sowjetische Bürger, in welcher Region des Landes er sich auch befindet, alle Rechte und Freiheiten nutzen kann, seine Kultur und Sprache unabhängig von der nationalen Zugehörigkeit zu entwickeln... Unser Kurs ist nicht das Auseinanderzerren  des Landes in einzelne isolierte nationale Räume, sondern ihre Umwandlung in eine Zusammenarbeit von wahrhaft  freien und gleichberechtigten sozialistischen Nationen».

Es wurde noch einmal das fortschrittliche  Antlitz des den Sozialismus herausgearbeitet. «Die historische Erfahrung hat überzeugend gezeigt, dass ein universelles Modell des Sozialismus nicht existiert, und die Versuche der Unifizierung, der Standardisierung der gesellschaftlichen Entwicklung in verschiedenen Ländern sind zum  Misserfolg verdammt. Umgekehrt, Freiheit der Wahl, Selbstständigkeit sind fähig, die Theorie und Praxis des sozialistischen Aufbaus zu bereichern».

Für die (künftige)  Außenpolitik wurde eine entschlossene Absage von Gewalteinsatz und  Diktat unterstrichen. Dass jedoch die Sowjetunion schon ein ganze fünf Jahrzehnte unter den Bedingungen des Friedens lebt, dafür spielen die Streitkräfte des Sowjet- Staates eine wichtige Rolle.

ES war wichtig, auf einzelne  Fragen besonders einzugehen, die mit Anschuldigungen an die Adresse der Sowjetunion verbunden waren. Denn in letzter Zeit schien es fast, als habe man sich dazu verschworen, dass die Sowjetunion für die Machtergreifung  des Faschismus in Deutschland und für den Anfang des Zweiten Weltkriegs verantwortlich sei und dass "der kalte Krieg" angeblich auch das Machwerk der UdSSR ist. Das alles hat mit der historischen Wahrheit nichts zu tun.

«Unsere Opfer, die auf den Altar des Friedens und des Fortschritts erbracht wurden, wurde im Referat gesagt, sind nicht zu beziffern. Und der teuerste Preis, den wir bezahlt haben, ist das  Leben vieler Millionen sowjetischer Menschen, die der Krieg gegen den Faschismus hinweggerafft hat. Kann man denn nach all dem irgendwelche Vorwürfe gegen unser Land erheben? Die Sowjetunion steht bei niemandem in der Schuld ».

Der Vortrag wurde Saal mit Zustimmung  aufgenommen. Ich habe nicht wenig Briefe zu seiner Unterstützung bekommen, ein bedeutender Teil der Presse hat den Vortrag positiv kommentiert. In der ausländischen Presse wurde er als selbstbewusst und durchaus demokratisch bewertet, der  gleichzeitig Grenzen fixierte, hinter welche  der Kreml in der gegebenen Etappe zurückzugehen nicht beabsichtigt. Ich erinnere mich, in einer Zeitung schrieb der Autor eines ernstzunehmenden Artikels, dass die höchste Parteiführung, wie es scheint, mit dem Referat Krjutschkows Punkte über vielen «i» gesetzt hat.

Aber nicht unsere ganze Presse hat ihre Billigung zum Inhalt des Vortrags geäußert. Es gab zwar keine direkte Kritik, aber das Fehlen der Unterstützung der Thesen des Vortrags seitens eines Teiles der Massenmedien zeigte etwas deutlich: der Vortrag hat alle die neuen , in Erscheinung tretenden  lauten "Demokraten" vorsichtig gemacht und natürlich hat er besonders  Jakowlew missfallen, der damals mit aller Macht auf die Zerstörung hinarbeitete, und nicht auf eine Konsolidierung. Seine dahingeworfene Erwiderung war «der Vortrag war eher konservativ, als demokratisch».

Damals hatte ich oft mit den ersten Männern der ehemaligen Unionsrepubliken und einiger national-territorialer autonomer  Gebilde  zu tun. Sie aller berührten in verschiedenem Maß ein und dieselbe Frage: man muss sich entscheiden, man braucht eine deutliche Linie, eine konsequente und klare Politik ist nötig, und es sind alle Formen der Einwirkung auf Verletzer der Rechtsordnung, einschließlich von Aktionen der bewaffneten Kräfte nötig, wenn es sich um die Gegenwirkung auf Gewalt handelt. Eine unklare Position, sie waren sie überzeugt, wird für  Spekulationsziele verwendet, die Menschen verlieren ihre Überzeugung.

Über solche Stimmungen gab es  über verschiedenem Kanäle Informationen, und auch aus der Presse war das bekannt. Ausländischen Vertreter sagten nicht ohne Ironie, dass wir gemessen am Tempo der Entwicklung "der Demokratie" und "der Glasnost " sicher den ersten Platz in der Welt errungen haben. Ein italienischer Vertreter sagte mir zum Anschluss eines Gespräches, dass die Demokratie auf Rechts- Grundlagen stehen muss, und hat dann gefragt: «Haben Sie nicht diesen  Rahmen überschritten?»

Mir scheint es, dass die Demokratie, d.h. die Macht des Volkes, genau das ist, worauf wir niemals verzichten sollten. Wenn wir bei uns im Lande rechtzeitig begonnen hätten, die demokratischen Grundlagen zu entwickeln, wenn wir die Macht des Volkes in vollem Umfang genutzt hätten, so wäre es  uns gelungen, einer riesigen Menge von Unglück vorzubauen  und wieviel große Dinge hätten uns  gelingen können, was für konstruktive Leistungen wären  zu verwirklichen gewesen ! Durchaus möglich, dass schon nicht mehrere Generationen der sowjetischen Menschen unter Bedingungen leben würde, wo demokratische Prinzipien die Norm sind.

Die übereifrigen Gegner der Revolution schwingen die Knute, aber sie weichen selbst vom Weg der Evolution ab und sie bemerken gar nicht das stetige Auftürmen der Probleme, die sich nur nicht entscheiden lassen, sondern die vertieft werden , immer schwieriger  werden mehr und zu einem schönen Moment zur sozialen Explosion in sehr gefährlichen Umfang führen können.

Ich denke, dass man Personen, die sich Demokraten  nennen und davon überzeugt sind, dass sie das wirklich sind, wenigstens in zwei Kategorien teilen kann. Die Ersteren gehören dem Charakter ihrer Tätigkeit nach  zur Menge der Zerstörer. Sie kritisieren die Geschichte gern, die Gegenwart und gelangen sogar bis zur Zukunft. Sie bieten keinerlei schöpferische Programme an: Hauptsache - zu zerstören!

Zur Gruppe solcher "ausgeprägter" Vertreter kann man unbestritten  A.N.Jakowlew zählen. Das zerstörende Herangehen in den letzten Jahre kann man  an seiner ganzen Tätigkeit verfolgen. Er ist Anhänger des kapitalistischen Pfades der Entwicklung, und das ist keine Vorverurteilung, obwohl Jakowlew früher fest auf Positionen der Sicherung der sozialistischen Werte stand. Nun ja, er ist eben zu einer Erkenntnis gelangt...

Aber  wie kann man von einer Gesellschaftsordnung zu einer anderen überzugehen? Menschen seines Niveaus sollten offenbar auch darüber nachdenken. Wenn man den Weg einer evolutionären Entwicklung geht, nach Möglichkeit ohne große Opfer seitens des Volkes, das ja schon so viel erdulden muss,  ohne große soziale Erschütterungen, d.h. bei den minimalen Aufwand , so ist das eine Variante des Szenarios. Wenn das aber durch eine globale Zerstörung - die Zerstörung des Staates, der Wirtschaft, durch blutige zwischen-nationale Konflikte, die Schwächung der internationalen Positionen, auf Kosten größer werdender Bedrohungen der territorialen Integrität usw.geschieht, so ist das schon ein ganz anderes Szenario.

Irgendwann Anfang 1989 trat Jakowlew mit einem Vortrag auf. Darin war die Behauptung enthalten, was man den Zusammenbruch und die Zerstörung der Pfeiler,  auf denen unsere Gesellschaft und der Staat stehen,  nicht zu fürchten braucht, dass sich die Lage im Land nach zwei-drei Jahre wieder stabilisieren wird und es dann bergauf geht.  

Ich habe ihn angerufen und gesagt, dass in zwei-drei Jahre bei einer solchen Entwicklung die Lage bei uns extrem schlecht sein wird und dass man mit  Fristen, wenn  überhaupt,  die größte Vorsicht walten lassen soll.

Jakowlew hat nachgedacht und hat geantwortet, dass dann, wenn in zwei-drei Jahre die Lage nicht gesundet ist, so ist es dann nötig, dass wir alle zurücktreten und  den Platz anderem überlassen. Er wird dann jedenfalls so handeln.

Es gelang mir nicht sofort, diesen Menschen, eine der am unheilvollsten Figuren unserer Geschichte zu durchschauen. Das ist sowohl meine Schuld, als auch mein Unglück.

Es gibt eine Wahrheit, die ich nicht einfach verschweigen darf, ich bin dazu  einfach nicht berechtigt. Es handelt sich um äußerst wichtige Tatsachen nicht nur vom Gesichtspunkt staatlicher Interessen, sondern überhaupt im Hinblick auf das weitere Schicksal unseres ganzen Volkes, das tiefere Verständnis der Tragödie, die die sowjetischen Menschen ereilt hat.. Das, was ich im Begriff bin zu berichten, betrifft nicht nur Alexander Nikolajewitsch Jakowlew allein. Die Geschichte, die mit ihm verbunden ist, war so ernst, dass sie mich während einer langen Zeit, das gebe ich zu , im buchstäblichen Sinn des Wortes quälte, sie zwang mich , über weitaus umfassendere  Probleme, über sehr ernste und delikate Sachen nachzudenken, und das stellte mich vor eine sehr schwere Wahl.

Leider wurde sie damals auch nicht bis zum Ende aufgeklärt, obwohl ich jetzt, rückwärts betrachtet, mit aller Gewissheit sagen kann, dass es persönlich für mich jetzt keinerlei Zweifel übrig geblieben sind...

Die Nachrichten, die wir auf inoffiziellem Wege erhielten über Kanäle des KGB [9] (über die Abteilungen Aufklärung und Spionageabwehr) über Jakowlew erhielten, bestätigten sich in außergewöhnlich klarer Weise  durch  alle seine Handlungen und Taten – sie passen exakt auf die in unserem Lande geschehenen Ereignisse.  Sie werfen ein grelles Licht auch auf die wahrhaften Motive des Verhaltens anderer Personen, in erster Linie des Menschen [10], der sich im Ausland den zweifelhaften Ruhm erwarb, als  "bester  Deutscher » zu gelten, aber bei sich zu Hause nur Verachtung und den Hass aller derer auf sich zog, die unabhängig von ihrer nationalen Zugehörigkeit sich noch vor kurzem mit Stolz Sowjet- Menschen nannte.

Bis 1985 kannte ich Jakowlew persönlich fast nicht, ich sah ihn ein paarmal, aber hatte schon Einiges über ihn gehört.

Unser erstes Treffen war wohl 1983, zur meiner Zeit als Leiter der Ersten Hauptverwaltung des KGB. Als mir berichtet wurde, dass sich Jakowlew mit mir treffen wolle, der damals UdSSR- Botschafter in Kanada war, habe ich mich nicht verwundert. Nichts war daran ungewöhnlich - die Botschafter besuchten regelmäßig unseren Dienst. Doch wir ja immer viele Fragen miteinander zu besprechen, die Aufklärer versuchten, den Botschaftern in deren Arbeit zu helfen, und jener leisteten ihrerseits oft nützliche Hilfe bei der Ausführung unserer Aufgaben: wir arbeiteten für denselben Staat. Ohne Verständnis seitens der Botschafter,  ohne ihre Unterstützung kann der Aufklärungsdienst  nicht effektiv funktionieren. Und die Diplomaten brauchen uns, viele Fragen kann man nur zusammen entscheiden.

Bevor ich Jakowlew traf, habe ich mich bei unseren Mitarbeitern informiert, die die Kanada – Operationen betreuten, welche konkrete Fragen der Gast ansprechen könnte, worauf man vorbereitet sein muss. Es zeigte sich, dass der Botschafter nicht irgendwelche speziellen Themen zur Erörterung mitbrachte, obwohl er ja um das  Gespräch ersucht hatte, sondern er sagte, dass das Gespräch nur allgemeinen Charakter hat.

Ich erinnere mich, in diesem Zusammenhang kam mir sogar der Gedanke, das Gespräch mit Jakowlew einem Stellvertreter zu übertragen, aber unsere Genossen vermuten mit aller Bestimmtheit, dass der Botschafter sicher unseren Dienst kritisieren  wird, die Residenten in der Botschaft und den zentralen Apparat oder vielleicht sogar andeuten könnte, die operative Arbeit in Kanada vollständig einzustellen.  Wenn das Gespräch aufrichtigen Charakter bekommt, so haben zum Schluss die Genossen betont, so wird Jakowlew " insgesamt auf das Komitee für Staatssicherheit  einschlagen». Das sei angeblich sein « Lieblingspferd».

Ich erinnere mich, dass genau in diesen Moment mich Andropow, der damals  schon Generalsekretär des ZK der KPdSU war,  in irgendeiner anderen Frage angerufen hat.  Diesen Anruf nutzte ich und bemerkte beiläufig, dass mir ein Gespräch mit Jakowlew bevorsteht. Es wurde mir sofort klar, dass Jurij Wladimirowitsch (Andropow) über Jakowlew eine ziemlich negative Meinung. Er hat nicht nur die Unehrlichkeit dieses Menschen betont («Was denkt der eigentlich in Wirklichkeit, das kannst du einfach nicht verstehen!»), sondern er hatte auch  große Zweifel an einem untadeligem Verhältnis  Jakowlews in Bezug auf den Sowjetischen Staat insgesamt .Dann hat Andropow gesagt, dass Jakowlew schon zehn Jahre in Kanada arbeitet und dass es höchste Zeit ist, ihn nach Moskau zurückzuberufen. «Übrigens - hat Jurij Wladimirowitsch bemerkt, - es gibt hier Leute,  die sich um die Rückkehr Jakowlews nach Moskau sehr bemühen, na dann sollen sie sich doch freuen!».

Unter den Menschen , die sich bemühten, wurde auch Arbatow genannt, der, so sagte Andropow, noch unter Breschnew sich persönlich eingesetzt hat, Jakowlew weit weg von Moskau mit Botschaftsarbeit zu beauftragen, «und jetzt kann er plötzlich aus irgendeinem Grunde ohne diesen Emporkömmling  nicht leben“. Nachdem er Jakowlew " Emporkömmling (Gauner) " genannt hatte, beendete Jurij Wladimirowitsch unser Telefon-Gespräch.

Später erinnerte ich mich mehrmals an diese kurz, aber sehr treffende Charakteristik, die Andropow gegeben hatte, man beachte, das war noch 1983...

Das Treffen mit Jakowlew verlief in strenger Übereinstimmung mit dem mir vorausgesagten Drehbuch. Die Vorwürfe gegen die Mitarbeiter der Aufklärung  kamen in einem ununterbrochenen Schwall und das ganze Komitee für Staatssicherheit bekam dabei noch mehr ab. Eingangs wurden die Einschätzungen wurden in weiche, sogar vorsichtige Ausdrücke verpackt, aber der unausgesprochene Sinn wurde deutlich verfolgt: Wozu ist eigentlich unsere Aufklärung in Kanada nötig, wem nutzt das?

«Das ist unsinnige Verschwendung von  Bemühungen und Geld", - behauptete der Botschafter mit Eifer. Alexander Nikolajewitsch war überzeugt, dass sich Residentur nur damit beschäftigt, das sie ihn mit aller Macht verfolgt, abhört, Außenbeobachtungen macht,  die Post kontrolliert und überhaupt, wie er sich ausdrückte, « in der schmutzigen Wäsche kramt ».

Ja, Jakowlews Wäsche war in jener Zeit wirklich schon so etwas von  "nicht frisch"! Wenn sich unsere Mitarbeiter damit tatsächlich beschäftigt hätten, was ihnen Jakowlew zuschrieb, so denke ich, hätten wir einige "Details" schon viel früher erkannt, die dieser "Architekt" der Perestroika bis heute  sorgfältig zu verbergen versucht...

Ich bemühte mich, dem Gesprächspartner die Möglichkeit zu geben, sich auszusprechen und unterbrach ihn nicht, aber zu Ende des Gespräches hat Jakowlew doch auch meine Position erfahren. Ich habe ihm gesagt, dass es sogar mehr Mängel und Fehlschüsse in unserer Arbeit gibt, als der Botschafter es annimmt, aber dass es doch positive Dinge gibt,  die er aus irgendeinem Grunde nicht erwähnt hat , aber die zigfach alle Negativa übertreffen, die es  in der Tätigkeit der Aufklärung gibt. Ich habe betont, dass die so negativen Urteile über den Aufklärungsdienst , das Komitee für Staatssicherheit insgesamt, für mich persönlich unannehmbar sind, da sie, nach meiner tiefen Überzeugung, der Wirklichkeit einfach nicht entsprechen. Der Charakter der Arbeit der Aufklärung ist es, dass du leider über ihre Erfolge und die konkreten Ergebnisse nicht mit offenen Karten berichten kannst, aber nichtsdestoweniger sind sie existent, wenn auch nicht in solchen Maße, wie es wünschenswert wäre.

Man muss sagen, dass sich nach diesem ziemlich entschlossenen Widerstand Jakowlew schnell orientierte  und begann, Flexibilität zu zeigen, sodass der Abschluss- Teil unseres Gespräches in ganz anderem Kontext verlief, es unterschied sich schon durch das ununterbrochene "Wohlwollen" von seiner Seite und außerdem von der "Sorge", wie er unseren Spionen in Kanada helfen kann .

Aber nichtsdestoweniger blieben meine ersten Eindrücke vom persönlichen Treffen mit Jakowlew unverändert - sie bestätigten die Worte vollständig, die Andropow sagte.

Im Gedächtnis blieb der vorsichtige stechende Blick Alexander Nikolajewitschs, die Missgunst in seiner Persönlichkeit, die spezifische Fähigkeit,  schnell seinen Standpunkt zu ändern, von einer gerade erst ausgesprochenen Einschätzungen zum direkt Entgegengesetzten überzugehen. Und seine Haupteigenschaft – einen extreme Verschlossenheit und Introvertiertheit.

Weder im Verlauf unseres ersten Treffens, noch später gelang mir nie, eine abgerundete Vorstellung über das Innere dieses Menschen zu erlangen: man kann über ihn wahrhaftig sagen, dass "seine Seele im Dunkeln liegt»!

Bald nach den beschriebenen Ereignissen ist Jakowlew (mit Hilfe Gorbatschows) in die UdSSR zurückgekehrt und wurde zum Direktor des Institutes für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen der AdW der UdSSR ernannt. Er gelangte auch ziemlich schnell in die inoffizielle Mannschaft Gorbatschows, er half ihm, Material für  Vorträge und Artikel vorzubereiten.

Unsere Kontakte mit Jakowlew begannen, einen persönlicheren  Charakter zu haben. 1985 kehrte Jakowlew wieder zur  Arbeit im ZK der KPdSU zurück, dabei verband er endgültig sein Schicksal mit Gorbatschow, zusammen mit ihm begann er die Perestroika, die anfänglich wie bekannt unter der wenig aussagefähigen Losung der Beschleunigung stand. Viele verstanden damals nicht, wohin und warum man beschleunigen muss, wozu dieses ungebremste Rennen, und erst jetzt können wir endlich mit eigenen Augen sehen, wohin wir rannten und wohin wir im Endeffekt gekommen sind.

Das Land brauchte wirklich Veränderungen, eine  Erneuerung des bei uns existierenden Systems, eine bestimmte Korrektur des politischen Kurses. Etwas musste entschlossen beseitigt werden (und hier war es natürlich unmöglich, Radikalismus vollständig zu vermeiden), es war ein neues Herangehen nötig.

Darüber  sprach  Gorbatschow selbst, damit begannen und endeten die Reden und Artikel Jakowlews. Also, was soll man hier widersprechen? Im Allgemeinen ist alles anscheinend richtig.

Viele waren dafür, einschließlich meiner Person. Denn über die Notwendigkeit von Veränderungen hatte noch lange vor Gorbatschow auch Andropow gesprochen. Freilich, nicht so verschwommen, mit einem gewissen Anteil von Vorsicht, wie das einem verantwortlichen Politiker eigen ist.

Jedoch ließ niemand den Gedanken über die Auflösung der Union zu, oder dachte gar an einen Wechsel der existierenden Gesellschaftsordnung. Es war immer das Streben deutlich, das Unions-Bündnis zu einen, die Staatsmacht zu festigen, im Land Ordnung zu machen, die Disziplin zu erhöhen.

Es ist vollkommen möglich, dass auch Gorbatschow so dachte (zumindest in der ersten Zeit, obwohl die nachfolgenden Informationen und die Entwicklung der Ereignisse mich zwingen, selbst daran zu zweifeln). Aber Jakowlew strebte von vornherein durchaus nicht danach!

Ich sage es nicht nur mit voller Verantwortung, sondern auch mit der Kenntnis der Dinge. Jetzt, wenn wir die Zeugen derartig  tragischer Ereignisse wurden, wo auf unser Volk eine derartige Menge Not und Unglücke hereingebrochen ist, haben wir die  Antworten auf viele Fragen schon bekommen. Auch jene unheilverkündende Rolle wurde klar, die Jakowlew in all diesen Dingen gespielt hat. Es scheint, die Masken sind längst gefallen, und er, Alexander Nikolajewitsch, steht endlich vor uns in seinem ganzen wahrhaftigen Äußeren eines  « bösen Genies», der schicksalhaften Figur in unserer Geschichte! Ich wage es  jedoch dem Leser zu versichern, dass unser "Held" nicht nur eine Masken trug, und nicht alle sind bis heute gefallen.

Jakowlew machte alles dafür, dass Gorbatschows Machtantritt  zu sichern. Er brauchte Gorbatschow, und niemanden  anderen! (Merken Sie sich diese Wörter, später wird ihr Sinn klarer werden.) Und welche Hebel er dazu nur nutzte, das muss man schon sagen, Jakowlew bemühte sich sehr und jubelte, als  Gorbatschow 1985 Generalsekretär wurde.

Ein langer Weg stand noch bevor,  aber der erste Sieg war errungen, der zerstörerische Plan begann langsam, sich mit  Leben zu erfüllen.

Es entsteht die logische Frage: warum  entbrannt Alexander Nikolajewitsch so plötzlich mit solcher Liebe für Michail Sergejewitsch? Was verband diese zwei, doch scheinbar so verschiedenen Menschen?

Sie haben sich in 1983 näher kennengelernt, als der Sowjetbotschafter  in Kanada Jakowlew das damals wenig bekannte Mitglied des Politbüro und des Sekretärs des ZK der KPdSU für  Landwirtschaft Gorbatschows während dessen offiziellen Besuches in diesem Land auf jede nur erdenkliche Weise umwarb.

Ich bemerkte nicht, dass Jakowlew in jener Zeit und in der nachfolgenden Zeit, sich stets überschwänglich aufs Höchste  über Gorbatschow äußerte, und seit dieser Zeit bemühte er sich auf jede Weise, dessen Positionen stets  zu festigen und immer neben ihm zu sein. Ich sagte schon, dass Jakowlew nach seiner Rückkehr nach Moskau Gorbatschow aktiv bei der Vorbereitung von öffentlichen Reden half, wo Worte über die Treue zur Partei, der Ergebenheit der Sache des Sozialismus, über Heimatliebe i.a. in Hülle und Fülle vorkamen.

Aber Jakowlew gab oft  ganz andere Aussprüche von sich. Anfänglich geschah das in Form von wie beiläufig hingeworfenen Bemerkungen, aber allmählich erschienen dieselben Gedanken schon in Form von den einzelnen Thesen, in Form von Standpunkten und Ansichten, ihnen wurden ganze Werke gewidmet.

Jakowlew erkannte die Union nicht an, hielt unser Land für ein Imperium, in dem den Unionsrepubliken jegliche Art von Freiheiten genommen waren. Er verhielt sich zu Russland ohne eine Spur von  Achtung, ich hörte von ihm niemals auch nur ein guten Wortes über das russische Volk. Und der Begriff " Volk" existierte für ihn überhaupt nicht.

Gerade Jakowlew hat wohl die entscheidende Rolle in der Destabilisierung der Lage in Baltischen Ländern als auch um Kaukasus gespielt. In den Baltischen Republiken ermunterte er die nationalistischen, separatistischen Stimmungen auf jede Weise, unterstützte die Tendenzen zu ihrer Abspaltung eindeutig. Im Kaukasus "sympathisierte" er mit Armenien und hetzte im Grunde gegen Aserbaidschan auf, heizte die Lage rings um das Karabach-Probleme an. Über Aserbaidschan äußerte er sich überhaupt immer mit offenbarer Missgunst.

Zu den Republiken Mittelasiens verhielt sich Jakowlew im Prinzip wie zu etwas artfremdem. «Also, sage mal, warum brauchen wir denn Kirgisien?» - fragte er zornerfüllt  und auf die Bemerkungen darüber, dass das ein Brudervolk Russlands ist, antwortete nur mit verächtlichem Lächeln. Die Bedeutung Afghanistans für die Sicherheit unserer mittelasiatischen Republiken hielt Jakowlew ausschließlich für das Problem dieser Republiken selbst. Zu Erklärungen, dass die Destabilisierung der Lage in diesen Republiken die Interessen der Sowjetunion insgesamt berühren kann, und insbesondere die Russlands, hielt er hielt es  überhaupt nicht für nötig, zu antworten.

Jakowlew ertrug die sowjetische sozialistische Ordnung nicht, er sprach gereizt über die Kolchosen, Sowchosen, verbarg seine eindeutige negative Beziehung zum Staatseigentum nicht, aber vergötterte das  Privateigentum. Die ganze sowjetische Periode unserer Geschichte war für ihn eine einzige schwarze Seite.

In der letzten Zeit, als schon modisch wurde, seine wahrhaften Ansichten nicht zu verbergen, bewertete Jakowlew die Oktoberrevolution, Lenin, überhaupt den sozialistische Weg äußerst negativ. Zur KPdSU verhielt sich einfach mit Hass, sah für sie keinen Platz in unserem Leben. Nach dem August 1991 sprach er  demonstrativ über seine persönlichen Verdienste bei der Beseitigung der KPdSU von der politischen Arena, wie aus seinen öffentlichen Reden deutlich ist.

Ich hörte von Jakowlew kein einziges Mal ein freundliches  Wort über die Heimat, bemerkte nicht, damit er auf etwas stolz war, zum Beispiel auf unseren Sieg im Großen Vaterländischen Krieg. Das berührte mich besonders, denn er war doch Teilnehmer des Krieges und hat an der Front eine schwere Verwundung bekommen. Offenbar obsiegte sein Streben, zu zerstören, alle und alles zu verdammen, über einen Gerechtigkeitssinn und die natürlichsten menschlichen Gefühle, über eine elementaren Anständigkeit in Bezug auf die Heimat und das eigene Volk.

Man muss sich auch an die  Haltung  Jakowlews zur deutschen Frage erinnern. Offenbar, so blieb es bei vielen im Gedächtnis, war er  bemüht, "das Verbrechen" des Abkommens zwischen Molotow und -Ribbentrop - des Nichtangriffs-Paktes zwischen Deutschland und der Sowjetunion zu beweisen, der  1939 geschlossen worden war.. Was warf er alles Stalin vor, und zugleich der Sowjetunion, diese " verbrecherische Verabredung mit dem Faschismus", «den Verrat der Sache des Friedens », und vergaß dabei offenbar, dass zu jener Zeit  die Lage der Sowjetunion, vorsichtig formuliert, äußerst delikat war. Tatsächlich war die UdSSR isoliert, die westlichen Länder gingen auf irgendwelche ernsthafte Verhandlungen mit der Sowjetunion nicht ein. Die Sowjetunion wurde gegenüber Deutschland allein gelassen, und das wurde mit allen Kräften gegen die Sowjetunion gehetzt. Unter diesen Bedingungen suchte Stalin natürlich einen Ausweg. Er verstand sehr gut, dass das Land historisch zum Krieg nicht gerüstet war, dessen Unvermeidlichkeit für viele, einschließlich für Stalin offensichtlich war. Er musste um jeden Preis, selbst für kurze Zeit,  den Anfang des Krieges hinauszögern, um sich besser vorzubereiten. Unter  diesen Bedingungen manövrierte Stalin. Die Geschichte wird ihr Urteil noch sprechen, wird eine objektive Einschätzung jener Zeit  geben. Und Stalin hat richtig gehandelt, und für das Land einen gewissen zeitlichen Aufschub erreicht.

Eine andere Sache sind die nachfolgenden Handlungen Stalins, dessen Unglauben an die Daten der Aufklärung, die Fehlkalkulation bei den Fristen des möglichen Anfanges der Kriegsoperationen, die schweren Fehler in den ersten Tagen des Krieges.

Aber das sind schon andere Fragen. Jakowlew bemühte sich aus Leibeskräften zu beweisen, dass die Sowjetunion ein Aggressor in Bezug auf die baltische Staaten und Finnland war. Die Handlungen der Sowjetunion waren doch darauf gerichtet, dass im Falle des Krieges gegen Deutschland unsere westlichen Grenzen in einer günstigeren, weniger verwundbaren Lage sind. Kompliziert war die Situation mit Polen und überhaupt mit dem polnischen Problem. In diesem Fall wählte Stalin als Ausweg aus zwei Übeln das kleinere aus, obwohl man gewiss nicht alle seine Handlungen heute als optimal anerkennen kann.

Aber eine Sache über die Handlungen der Sowjetunion und Stalins von den Positionen 1990 zu richten, und andere Sache, - sich 1939 vorzustellen, als die Sowjetunion handeln musste, als sie allein gegenüber Deutschland stand.

Leider wurde mir erst später bekannt, dass noch 1987-1988, als Jakowlew die Deutsche Demokratische Republik besuchte, er in den Gesprächen mit den einzelnen sowjetischen Vertretern die Frage sondierte, ob die DDR lebensfähig sei, oder ob man die Dinge dahin steuern sollte, dass die DDR mit Deutschland wiedervereinigt wird und das deutsche Problem so entschieden wäre.

Jakowlew reagierte freilich auf die Einwände der Genossen, mit denen er solche Gespräche führte, in seltsamer Weise: er machte sofort eine Kehrtwendung  und sagte, dass er lediglich einen der Standpunkte, eine der möglichen Versionen der Entwicklung der Lage in der deutschen Frage betrachtet.

Jetzt kann kaum ein Zweifel übrig bleibt, dass Jakowlew in diesem Fall mit weit reichenden Absichten agierte. Im Grunde genommen haben wir die Ergebnisse des Zweiten Weltkriegs, die Ergebnisse des Großen Vaterländischen Krieges im Kampf gegen das faschistische Deutschland einfach aufgegeben (an die Wand gefahren), und  kaum etwas als Ersatz bekommen. Das heißt haben wir eigentlich jene Positionen aufgegeben, die die Sowjetunion, alle friedliebenden Kräften mit einem großen Blutzoll errungen haben.

Ich bin zutiefst überzeugt, dass Politikwissenschaftler, Historiker, Deutschland- Experten, Gelehrte anderer Berufe ihr Verdikt zur Situation in Europa zum Anfang des Zweiten Weltkriegs, den Handlungen der Sowjetunion, zur vernichtenden Kritik noch an den Handlungen Stalins am Vorabend des Zweiten Weltkriegs erteilen werden. Stalin handelte in einer extra-ordinären Lage, und deshalb waren auch seine Schritte nicht ordinär. Es gibt noch einen Punkt. Man kann sich dazu kritisch verhalten, was Stalin bis zum Anfang des Zweiten Weltkriegs unternommen hat. Aber kann man ihm pauschal alle Anschuldigungen vorwerfen,  die Verantwortung für diese oder jene Taten und Handlungen geben, für die für uns unerwünschte Entwicklung der Ereignisse, wie sie  Dutzende von Jahren danach entstanden sind , oft ohne jeglichen kausalen Zusammenhang zwischen dem, was damals geschah und was heute ist.

Ich habe nur einige besonders charakteristischste Ansichten, Handlung und Besonderheit Jakowlews umrissen. Einige von denen verbarg er niemals besonders, andere begann er öffentlich nur in der letzten Zeit darzulegen und Einiges  bevorzugt er  bis jetzt nicht zur Schau zu stellen. Letztendlich ist jeder frei, entsprechend den eigenen Überzeugungen zu handeln, und die Standpunkte verschiedener Menschen können extrem entgegengesetzt sein. Jedoch wenn du einer der Leiter einer Partei bist, deren Prinzipien direkt  deinen Überzeugungen entgegengesetzt sind, so gibt es hier nur eine Konsequenz. Biete die Partei deine Konzeption an, biete öffentlich an, öffentlich, und wenn sie abgelehnt wird – tritt ab! Umso mehr, als Ende der 80er Jahre im Land schon genug aller möglichen verschiedenen politischen Bewegungen existierten, von denen man sich durchaus nach Geschmack etwas auswählen konnte.

Aber Jakowlew ist einen anderem Weg gegangen: er hat es bevorzugt, seine echten Ansichten zu verbergen – er sagte das Eine, und tat etwas ganz Anderes. Er lobte den Oktober, Lenin, den Sozialismus, sang Lobhymnen und in Wirklichkeit machte er alles, um unsere Geschichte anzuschwärzen, die existierende Ordnung zu zerstören, die Ideologie zu unterwandern. Alexander Nikolajewitsch heuchelte und sein wahrhafte Person hat nur dann offenbart, wenn der passende Moment getreten ist. Welch ein  mutiger Mann ! Hielt es angeblich niemals nötig nicht, seine Überzeugungen zu verbergen!

Es scheint also, alles ist klar- eine gewöhnliche Heuchelei, wie sie seit Ewigkeiten einem beliebigen Politikaster eigen ist. Und doch habe ich jetzt allen Grund zu fragen: hat er tatsächlich schon alle seine Masken fallen gelassen, oder verbirgt sich hinter dem äußerlichen Antlitz die nächste, eine noch mehr widerwärtige Person? Weiter unten  werde ich erklären, was hier gemeint ist.

Aber es ist nötig, zuerst einen Vorbehalt zu machen. Beide unheilverkündenden Figuren unserer Wirklichkeit - Gorbatschow und Jakowlew sind gleichzeitig sowohl  "Architekten" als auch " Vorarbeiter"[11] der Perestroika. Die tückischen Ideen und ihre Erfüllung beziehen sich sowohl auf den Einen, wie auf den Anderen. Sie haben sich abgesprochen, sind gemeinsam aufgetreten, sind zum „eins“ verschmolzen, sich dabei organisch  einander ergänzend. Im ihrem schwarzen Spiel tauschten sie zuweilen  ihre Plätze, aber aus rein taktischen Gründen.

Es fällt auf,  dass sowohl Gorbatschow, als auch Jakowlew zur Lösung der Probleme der Entwicklung unserer Gesellschaft in vieler Hinsicht identisch herangingen. Bei ihnen gab es überhaupt viel Gemeinsames...

Man sollte denken, wenn man schon einen Kurs auf derartig radikale Veränderungen ausruft, so sollte die ganze weitere Arbeit aufgrund irgendwelcher stimmiger Konzeptionen basieren, sich durch Ausgewogenheit auszeichnen, Gründlichkeit, die grundlegenden Systemcharakter tragen. In der Praxis gab es  jedoch nichts dergleichen. Ein ganzheitliches Programm der Durchführung der Perestroika  existierte sogar als Projekt niemals, nicht einmal auf dem Papier – es gab nur einzelne Skizzen, Emotionen und ein ununterbrochenes Lavieren  von einer Seite zur anderen! Überall herrschte volles Durcheinander, Entscheidungen nahmen man spontan vor, Verwirrung  und Inkonsequenz waren buchstäblich überall zu spüren.

Heute ist klar, dass das absichtlich gemacht wurde, die Rechnung lief auf die Verschleierung der Zerstörung des Union hin, auf den Zerfall der Verfassungsordnung, auf die Vernichtung der sowjetischen Staatsordnung. Und diese Linie wurde von Anfang an deutlich und unentwegt durchgeführt.

Hier konnte man eine starke Regie spüren, vernichtenden Schläge wurden genau auf die Hauptzielscheibe  geführt. Zum ersehnten Ziel gingen sie Schritt für Schritt. Jakowlew begann und Gorbatschow entwickelte weiter. Manchmal, zum Schein, machten sie es anders herum.  

Dafür, was mit der Sowjetunion geschehen ist, gab es keine objektive Unvermeidlichkeit, das war ein Ergebnis der Wirkung subjektiver Faktoren, das heißt von Handlungen und Taten einzelner Personen[12]. Und an den Quellen dieses zerstörenden Prozesses standen zwei Menschen - Gorbatschow und Jakowlew. Das Leben hat ihre Rolle in jener Tragödie schon beleuchtet, die unser Volk ereilt hat, aber noch ist nicht die ganze Wahrheit auf die Oberfläche gelangt, es gibt noch schmutzige Geheimnisse, von denen sie hoffen, dass sie geheim bleiben.

Also warum betraten Gorbatschow und Jakowlew eindeutig den Weg der Zerstörung des Landes, warum sagten sie lange Zeit und predigten das eine, und taten etwas ganz anderes, wann und warum entschieden sie sich für das schwerste Verbrechen - den Verrat des eigenen Volkes?

In August 1991 hatten sie anscheinend endgültig die Masken fallen gelassen und selbst eingestanden, dass bis dahin  ihr Vorhaben einfach verbargen, und die Pläne zur Vernichtung der Partei schon seit langem verfolgen, von der Partei, von der sie buchstäblich persönlich alles (für ihre Karriere) bekommen haben.

Nach seinem Eingeständnis  war  Gorbatschow schon immer den Sozialdemokraten näher, als den Kommunisten, er sei vornherein für eine präsidiale  und nicht eine parlamentarische Form der Regierung eingetreten  (es geht dabei gar nicht darum, welche davon besser ist).

Und Jakowlew ist im Sinne seiner Reden und des Wirkens,  seiner allgemeinen Einstellung überhaupt eine noch klarere Figur. Irgendwie hat Andropow im Gespräch einen Satz gesagt: «Jakowlew ist einfach ein Anti- Berater!» Das sagt Vieles.

Jakowlew erriet, was Jurij Wladimirowitsch(Andropow) über ihn dachte und wartete geduldig auf seine Stunde, um "dem Beleidiger" zu vergelten. Nach dem Tod Andropows fing er immer öfter an, sich kritische Aussprüche in dessen Adresse zu erlauben : er bezweifelte dessen Autorität im Volk  («Der hat doch nicht geschafft, etwas zu bewegen!»), er nannte ihn nicht anders als "den Konservativen", und das Streben Andropows, im Land die Ordnung und die Disziplin zu schaffen, qualifizierte er als  «Knebelung der Demokratie“. Unter Einfluss Jakowlews fing Gorbatschow im selben Geist bald an, sich über Andropow zu artikulieren.

Also um auf die oben gestellten Fragen zu antworten, lohnt es, auf Jakowlew mit von einer anderen Perspektive zu betrachten, vielleicht etwas unerwartet für den Leser. Dieser Blick ist hart und sehr delikat: mit Daten zu operieren, die man auf dem Wege der Aufklärung bekommen hat, ist sehr kompliziert, da die reale Gefahr existiert, sogar wichtige Quellen zu enttarnen, lebende Menschen in Gefahr zu bringen. Ich will bewusst keine irgendwie einseitigen Schlussfolgerungen ziehen, ich werde einfach über einige mir (übrigens nicht nur mir) bekannte Tatsachen erzählen. Der  Leser möge darüber nachdenken und er wird seine Schlussfolgerungen ziehen.

Seit 1989 trafen im Komitee der Staatssicherheit äußerst beunruhigte Informationen ein, die auf Verbindungen Jakowlews mit den amerikanischen Geheimdiensten hinwiesen. Zum ersten Mal waren ähnlichen Nachrichten schon 1960 gekommen. Damals absolvierte Jakowlew mit einem Team sowjetischer Zusatzstudenten in den USA an der Kolumbianischen Universität im Laufe von einem Jahr eine Weiterbildung, in dieser Gruppe war auch der heutzutage nicht unbekannte O.Kalugin [13] .

Das FBI zeigte ein erhöhtes Interesse an unseren Zusatzstudenten zwecks der möglichen Gewinnung dieser Personen als künftige Quellen von Informationen, einfacher sagend, der Boden für ihre Anwerbung wurde vorbereitet. Das ist eine gewöhnliche Sache, da ist nichts Verwunderliches, umso mehr, als sich Anwerber immer durch äußerste Rücksichtslosigkeit unterschieden und sich bemühten, Chancen niemals zu verpassen. Man muss sagen, dass die Zusatzstudenten, fern vom «alles sehendem » Auge des einheimischen Sicherheitsdienstes erwiesen, nicht wenig Anlässe für den Gegner gegeben haben, um in dieser Sache auf einen Erfolg zu rechnen.

Kalugin, Mitarbeiter des Komitees für Staatssicherheit, störte nicht nur die nicht allzu unschuldigen Vergnügungen seiner Genossen nicht, sondern nahm auch selbst in ihnen aktiv teil. Offenbar meinte er, dass alle ihre Abenteuer außerhalb des Blickfeldes unserer Organe bleiben und als er spürte, dass er sich geirrt hat, hat er den  Schlag von sich persönlich abgelenkt und geschickt eine Denunziation gegen seinen Freund, den Zusatzstudenten Bechterew fabriziert, der danach auf viele Jahre als Reisekader gestrichen wurde. Es kann sein, er weiß bis jetzt nicht, wem er, außer sich selbst, eine solcher Wendung der Dinge verdankt…  

Jakowlew verstand ausgezeichnet, dass er  sich unter intensiver  Beobachtung der Amerikaner befindet, fühlte, wohin seine neuen amerikanischen Freunde zielen, aber die richtigen Schlussfolgerungen hat er für sich nicht gezogen. Er nahm unbefugten Kontakt mit den Amerikanern auf und als uns das bekannt wurde, hat er die Sache so dargestellt, als ob er das im Streben danach gemacht hat, für die Sowjetunion  nötigen Materialien aus der Geheim- Bibliothek zu bekommen. Diese Initiative Jakowlews wurde von den Vertretern unseres Sicherheitsdienstes nicht unterstützt und eine (diese) weitere Entwicklung, so wollen wir mal annehmen, hat nicht stattgefunden. An Jakowlew wurden keine Vorwürfe formuliert.  

Bald darauf haben die Zusatzstudenten das Studium beendet und sind mit  einem notwendigen Vorrat Wissen heimgekehrt, um ihrer dienstliche Laufbahn weiterzuführen.

In 70 Jahre arbeitete Jakowlew als der Botschafter in Kanada. Das war, wie er selbst sagte, ein erzwungener Aufenthalt im Ausland, eine Art « politische Verbannung»: in Moskau war er «am Hofe nicht erwünscht». In Kanada entfaltete Jakowlew eine umfangreiche Tätigkeit und liebte es dabei nicht-traditionelle Herangehensweisen zu demonstrieren, und unterstrich dabei auf jede immer seine Originalität und Unabhängigkeit. Er unterhielt Beziehungen mit einer breiten Palette von Personen, unter denen auch der ehemalige Ministerpräsident P.E.Trjudo war. Die Beziehungen mit dem Ministerpräsidenten gestalteten sich vertrauensvoll, was ja einem beliebigen Botschafter im Prinzip zur  Ehre gereicht.

Schon später haben uns Informationen erreicht, dass die Kanadier ihrerseits  unseren Botschafter aufmerksam studierten und ziemlich schnell zum Schluss gekommen sind, dass Jakowlew mit seiner Position offenbar unzufrieden ist, in Bezug auf die Regierung in Moskau negativ eingestellt ist und dass "der Aufenthalt in der Opposition" ein Merkmal seines Charakters überhaupt ist. Davon wurde abgeleitet,  dass eine Fortsetzung enger Kontakte eine gute Perspektive besitzt.

Man muss sagen, dass die Kanadier einerseits die Nützlichkeit der Treffen mit ihm infolge ihres Informationsgehaltes  konstatierten , andererseits  äußerten sie sich über seine persönlichen und geschäftlichen Qualitäten ziemlich geringschätzig, stellten darin  Beschränktheit und das Streben fest, nur für seinen Vorteil zu arbeiten. Die Kanadier prophezeien Jakowlew keine besondere Zukunft.

Diese hat sagen wir ohne Umschweife für Jakowlew nicht sehr schmeichelhaften  Informationen erreichten uns erst nach 1989. Ich habe sie persönlich an Gorbatschow berichtet, ich möchte sagen, sie hat auf ihn einen belastenden  Eindruck gemacht. Gorbatschow äußerte, dass die Kanadier die Besonderheiten Alexanders Nikolajewitsch richtig erfasst haben. Für Gorbatschow waren die von mir berichteten Informationen besonders unangenehm, weil er zu dieser Zeit  schon sein Schicksal fest mit  Jakowlew verknüpft hatte, und plötzlich solches Material, das reichlich Nahrung für die Überlegungen gibt...

1990 hat das Komitee für Staatssicherheit sowohl durch Aufklärung, als auch durch die Spionageabwehr von einigem verschiedene - extrem zuverlässigen - Quellen äußerst beunruhigende Informationen in Bezug auf Jakowlew bekommen. Der Sinn der Berichte bestand darin, dass Jakowlew, nach den Bewertungen dieser Geheimdienste, pro- westliche[14]  Positionen vertritt, er widersteht  "den konservativen" Kräften in der Sowjetunion sicher und dass man auf ihn in einer beliebigen Situation fest rechnen kann.

Aber offenbar meinte man im Westen, dass Jakowlew mehr Beharrlichkeit und Aktivität zeigen sollte, und deshalb erhielt ein amerikanischer Vertreter den Auftrag, mit Jakowlew ein entsprechende Gespräch zu führen und ihm  zu erklären, dass von ihm mehr erwartet wird.

Spezialisten wissen sehr gut, dass derartige Hinweise Personen gegeben werden, die schon eine Verpflichtung eingegangen sind,  für die Geheimdienste zu arbeiten, aber dann infolge irgendwelcher Gründe sich der Ausführen der Aufträge  entziehen oder nicht die gehörige Aktivität zeigen. Gerade deshalb wurden diese Informationen von uns als sehr ernst bewertet, umso mehr, als sie genau zur Linie der  Handlungsweise Jakowlews passten, sie entsprachen seinen praktischen Aktivitäten.

Aber auch etwas anderes war offenbar - der Konflikt betraf einerseits höchste Staats- Interessen, sowie andererseits die sehr nahen Beziehungen Jakowlews zu Gorbatschow, sowohl die  dienstlichen, als auch deren private Beziehungen.

Trotzdem- es war notwendig, etwas zu unternehmen. Ich habe mich entschieden, Walerij Iwanowitsch Boldin zu konsultieren, der damals  die allgemeine Abteilung des ZK der KPdSU leitete, einen Gorbatschow nachgestandenem Menschen, und den, wie es offensichtlich war, die Entwicklung der Lage im Land heftig berührte. Wir sind zum Schluss gekommen, die Informationen unverzüglich an Gorbatschow mit dem Vorschlag zu berichten,  noch einmal in sorgfältigster Weise die eingegangenen Nachrichten zu prüfen, denn es handelte sich ja um die allerhöchsten Interessen der Sicherheit des Landes. Irgendwelche Maße mit Prüfungscharakter konnte ich selbständig nicht unternehmen, da es sich um ein Mitglied des Politisch- Büros, einen Sekretär des ZK der KPdSU handelte[15].

Bis heute erinnere ich mich gut an das Gespräch mit Gorbatschow. Ich habe ihm die Informationen vorgestellt – Aufklärungs- Informationen – und teilte ihm völlig offen und ehrlich meine Befürchtungen mit und  betonte die Notwendigkeit einer sorgfältigen und eiligen Überprüfung.

Man musste den Zustand Michails Sergejewitsch sehen! Er war vollkommen verwirrt, konnte sein Gefühle in keiner Weise beherrschen. Als er sich wieder etwas gefangen hatte, hat er gefragt, inwiefern man die erhaltenen Informationen als glaubwürdig halten kann. Ich habe geantwortet, dass die Quelle, die sie uns mitteilte, absolut sicher ist, dass aber die Person, die diese Informationen betreffen, derart außergewöhnlich ist, dass das ganze Material noch eine Kontrollprüfung erfordert. Dabei habe ich erzählt, dass die Kanäle und die Weise der Durchführung der notwendigen Prüfaktionen in diesem Fall existiert und dabei sehr wirksam sein wird und dass man die ganze Arbeit in kurzer Frist durchführen kann.

Gorbatschow ging lange schweigend durch sein Kabinett. «Kann das wirklich die Kolumbianische Universität sein, wirklich dieses alte...?» - platzte es  plötzlich aus ihm heraus.

Nach einer gewissen Zeit  hatte sich Michail Sergejewitsch wieder im Griff und  wie immer in solche Fällen begann er , nicht nach Entscheidungen zum anstehenden Problem zu suchen, sondern darüber nachzudenken, wie er das umgehen kann.

«Es ist doch möglich, dass Jakowlew seit dieser Zeit überhaupt nichts mehr für sie getan hat », sagte er stotternd, indem er mir ins Gesicht schaute. « Sieh doch  selbst, sie sind mit seiner Arbeit unzufrieden, deshalb wollen sie, dass er sie aktiviert!»

Als er den ganzen Unsinn solcher Überlegungen begriff, hat er wieder für lange Zeit geschwiegen, über etwas intensiv überlegend. «Höre mal, - platzte er plötzlich mit Erleichterung heraus, - rede doch selbst direkt mit Jakowlew, wir werden sehen, was er dir darauf sagen wird».

Ich gestehe ein, ich hatte sonst etwas erwartet, nur nicht eine solche Wendung. Als ich mich zum Treffen mit Gorbatschow vorbereitete, vermutete ich im Voraus, dass er ausweichen wird, dass sich keine  Entscheidung trauen wird und dass er zum Beispiel anbieten wird, zu warten und zu beobachten, was weiter passiert, ob weitere zusätzlichen Nachrichten kommen. Aber das alles vor Jakowlew "direkt auszukippen  "!

Ich habe versucht zu widersprechen und antwortete, dass es in der Praxis so etwas  noch nicht gab, wir werden Jakowlew einfach warnen und damit wird die Sache zu Ende gehen, die  Wahrheit werden wir so niemals erfahren.

Gorbatschow hörte meinen Einwänden zerstreut zu, aber ich habe verstanden, dass er die Entscheidung schon getroffen hatte. Es war ganz offensichtlich, dass im Falle (m)einer Absage, mit Jakowlew zu reden, Gorbatschow ihn selbst informieren  wird.

Ich bin zu Boldin gegangen und habe ihm detailliert über das Gespräch mit Gorbatschow berichtet. Nach einigem Nachdenken hat Walerij Iwanowitsch (Boldin) mir nicht empfohlen, mir das nicht zu sehr zu Herzen zu nehmen, und betrübt hat er  zusammengefasst: «Gorbatschow wird zu Jakowlew sowieso nichts unternehmen».

Wir haben mit Boldin verabredet, unter einem passenden Vorwand ein Gespräch zu dritt zu veranstalten, in dessen Verlauf Walerij Iwanowitsch mich für kurze Zeit  mit Jakowlew für ein Gespräch unter vier Augen allein lässt.

So haben wir auch gehandelt. Kaum waren wir zu zweit, habe ich Jakowlew gesagt, dass ich eine unangenehme Information habe, mit deren Inhalt ich mich entschieden habe, ihn bekannt zu machen. Nachdem ich Alexandr Nikolajewitsch das Wesen kurz dargelegt hatte, begann ich ihn aufmerksam, seine Reaktion zu beobachten.

Der Anblick von Jakowlew, das muss man sagen, war miserabel, er war offenbar verwirrt  konnte keinerlei Antwort hervorbringen, er seufzte nur schwer.

Ich schwieg auch. So haben wir bis zur Rückkehr von  Boldin gesessen, keine einziges wesentliches  Wort gewechselt.  Ich habe verstanden, dass Jakowlew einfach nicht weiß, was er als Antwort sagen sollte, allem Anschein nach war dieses Gespräch für ihn eine völlige Überraschung. Das bedeutet, Gorbatschow, so überlegte ich, hat sich entschieden, die Ereignisse nicht zu überstürzen und  im Vorfeld seinen Günstling nicht zu benachrichtigen. In dieser Situation blieb nur übrig, die Fortsetzung dieser Geschichte abzuwarten.

Natürlich, habe ich über das stattgefundene Gespräch und seinen Besonderheiten Gorbatschow sofort berichtet. Die  Antwort – die gleiche Grabesstille.

Es verging ein Tag, eine Woche, ein Monat, aber Jakowlew unternahm keinen Versuch eines Gespräches zu diesem Thema mit mir, von nach Aussage von  Gorbatschow auch nicht mit dem Präsidenten, obwohl er sich mit ihm täglich traf.

Dann habe ich Michail Sergejewitsch gefragt, was ist zu tun,  vielleicht die Prüfung einleiten? Aber Gorbatschow gab für die Prüfung kein O.K. – Signal,  stattdessen hat er empfohlen, mit Jakowlew noch einmal zu reden. Mir blieb nur übrig, mich zu beugen. Ich fuhr ins  ZK der KPdSU zu Jakowlew mit irgendeiner  verhältnismäßig kleinen Frage  und zugleich haben ich mich bei Alexander Nikolajewitsch dafür interessiert, ob er sich mit irgendjemandem, unter anderem mit Gorbatschow, über unser neuerliches Gespräch ausgetauscht habe. «Die Frage ist ernst, - sagte ich, - da kann alles Mögliche  dahinterstehen ». Als  Antwort hat er leise gesagt gehört: «Nein».

Und  was mit dem Präsidenten der UdSSR (Gorbatschow) ? Er hat wieder nur geschwiegen, als ich ihm zum nochmaligen Gespräch mit Jakowlew berichtete. Damit war die Sache beendet - Gorbatschow schwieg, Jakowlew schwieg, und ich hoffte noch, dass der Präsident früher oder später zur Vernunft kommt und endlich erlauben wird, die notwendigen Maßnahmen  zu unternehmen.

Bald darauf schied A.Jakowlew aus dem Apparat des ZK der Partei aus  und wurde zum Leiter des Berater-Teams beim Präsidenten ernannt. Freilich, ich weiß nicht aus welchem Grund,  hat Jakowlew nicht zum geschaffenen Sicherheitsrat  beim Präsidenten der UdSSR gehört, (dort wurde er freilich nach dem August 1991 Mitglied), aber sogar auf seinem neuen Posten war er dennoch zu allen Staats-Geheimnissen zugelassen. Und die Beziehungen zwischen Gorbatschow und Jakowlew erlitten  keine Veränderungen, sie unterschieden sich nach wie vor weiter durch Herzlichkeit und eine hohe Stufe der Vertraulichkeit...

Und "die heikle" Frage über die mögliche Zusammenarbeit Jakowlews mit den amerikanischen Geheimdiensten blieb auch in der Luft hängen geblieben, niemand hat sie jemals mehr - weder er, noch Gorbatschow - in Gesprächen mit mir berührt.

Nach dem August 1991 wurde  Bakatin von  Gorbatschow zum Vorsitzenden des Komitees für Staatssicherheit ernannt. Ich erinnere mich, wie betroffen ich über diese Berufung war. Ich war nicht über die Auswahl durch Gorbatschow erstaunt - er hat ja alles "richtig" gemacht. Mir war die Position Jelzins in dieser Frage völlig unverständlich. Denn  tatsächlich hatte er damals schon die Macht und ohne sein Einverständnis, davon bin ich überzeugt, konnte die Ernennung Bakatin nicht erfolgen.  Verstand denn Jelzin wirklich nicht, dass er und seine der Gleichgesinnten die wichtigsten Informations- Quellen verlieren, wenn sie Sicherheit und Aufklärung in die Hände «eines  Gorbatschows- Mannes » geben? Das bedeutete, dass Jelzin ein höheres Interesse hatte - er brauchte einen Menschen, der das Komitee (für Staatssicherheit)zugrunde richtet. Dafür war Bakatin gut zu gebrauchen.

Zurück zur Frage über Jakowlew und das Material über ihn, möchte ich sagen, dass die Ernennung des Interims-Mannes  Bakatin für ihn (dh.  Jakowlew)  außerordentlich günstig war. Bakatin machte aus der ihm gestellten Aufgabe kein Geheimnis - die Organe der Staatssicherheit zu zerschlagen. Über diese in den Welt- Geschichte nie dagewesene Situation (zu leiten, um zu zerstören) schreibt Bakatin mit einem unverborgenen Zynismus in seinen Erinnerungen. Ich weiß nicht, ob im Laufe dieser Zerschlagung die Materialien über Jakowlew vernichtet wurden  oder ob sie zu den russischen Sicherheitsdiensten geraten sind, aber es verblieben auf jeden Fall  lebende Zeugen, die früher oder später auf jeden Fall aussagen werden, denke ich..

Übrigens wurden meine Aussagen zu dieser Sache, die ich im Verlauf der Ermittlungen hinsichtlich des GKTschP [16] gab, von der Staatsanwaltschaft ebenfalls  unberücksichtigt gelassen. Dort hatte ich deutlich erklärt,  dass im Komitee für Staatssicherheit  Informationen darüber vorlagen, dass Jakowlew, «vom Gesichtspunkt der Sicherheit des Staates unzulässige Kontakte mit Vertretern einer ausländischen Macht unterhielt ».

Ich weiß nicht, ob von Generalstaatsanwalt Stepankow meine Aussagen "oben" mitgeteilt wurden, und wenn ja, welche Verfügungen dazu erteilt wurden.  Aber Stepankow und sein  Stellvertreter Lissow, waren gemäß ihrer dienstlichen Position darüber genau informiert - daran habe ich keinerlei Zweifel. Und was passierte? Waren sie beunruhigt, haben sie die Führung in Kenntnis gesetzt, haben sie schließlich  versucht, von mir zusätzliche Details zu erfahren? Nichts dergleichen! Niemand interessierte sich bei mir für irgendwelche Details.

Schon nach der Freilassung aus der Haft habe ich mich entschieden, einen extraordinären Schritt zu gehen und habe einige Materialien über Jakowlew in der Presse veröffentlicht. Am 13. Februar 1993 erschien in der Zeitung «Sowjetisches Russland (Советская Россия) » mein Artikel «Botschafter des Unheils». Darin habe ich die Geschichte über Jakowlew detailliert dargelegt, natürlich etwas weggelassen. Er hat eine bestimmte Resonanz und sogar großes Interesse erfahren. Ich habe viel Briefe bekommen, viele kamen in die Redaktion.

Eine Gruppe von Abgeordneten hat sich mit einer Anfrage in die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation bezüglich der Fakten gewandt, die in diesem Artikel dargelegt sind, und mit den Forderungen, das zu untersuchen, die Maßnahmen zur Klärung zu ergreifen, das heißt eine Untersuchung zu beginnen. Da hat sich die Staatsanwaltschaft dann bewegt, weil man keinen anderen Weg hatte.

Zu jener Zeit  hatte Jakowlew  ziemlich mächtige  Positionen in den russischen Leitungsstrukturen inne, trat in der Öffentlichkeit auf , fuhr ins Ausland, das heißt er wurde ein Staatsmann, der mit allen Vollmachten und der Hauptsache – mit den Vertrauen seitens der russischen Führung ausgestattet war.

Unter diesen Bedingungen ich habe ich mich nach Konsultation mit meinem  Anwalt entschieden, sich von ausführlicheren Aussagen zu enthalten und die Staatsanwaltschaft zu bitten, mir und dem Anwalt die Materialien zur Verfügung zu stellen , über die sie verfügt. Die Staatsanwaltschaft begann nachzudenken, im Ergebnis wurden mir keinerlei  Materialien zur Verfügung gestellt. Kurz gesagt, es hat ein  Katze-Maus Spiel angefangen.

Nach einiger Zeit  hat die Generalstaatsanwaltschaft lies Informationen an die  Presse durchsickern, aus denen hervorging , dass im Verlauf der Prüfung bestimmte Nachrichten bekannt wurden, dass sich im Komitee der Staatssicherheit Materialien über unbefugte Kontakte Jakowlews mit den Amerikanern während seines Aufenthaltes zum  Praktikum(Zusatzstudium)  an der Kolumbianischen Universität im Jahre 1959 befanden. Später erhielt das Komitee für Staatssicherheit auch Materialien, die auf  unerlaubte Handlungen Jakowlews hinwiesen, aber das alles habe keine Bestätigung gefunden und deshalb habe die Staatsanwaltschaft diese Untersuchungen eingestellt.

Ich hatte kein e anderes Ergebnis erwartet. Ich meine, dass es nicht gelingen wird, die Wahrheit zu ermitteln, solange sich Leute an der Macht befinden, die Jakowlew schützen und solche, denen er dient.

Ich will ganz und gar nicht sagen, dass in meiner Tasche die Wahrheit liegt. Jedoch bleibt es Tatsache – dass ohne tiefe, ausführliche, objektive Prüfung aller Dokumente, über die die Organe der Staatssicherheit in Bezug auf Jakowlew verfügen, man zu dieser Persönlichkeit keine Klarheit finden wird.

Jeder würde an Stelle von Jakowlew auf einer Prüfung bestehen, nicht als Formsache, sondern zum Kern der Vorwürfe. Aber offenbar liegt es  im  Interessen irgendwelcher Kräfte, diese Sache "unter dem Tisch", fallen zu lassen, die Prüfung nicht zu Ende zu bringen und damit  von der Wahrheit abzulenken, obwohl die Interessen der Sicherheit des Staates etwas ganz Anderes fordern.

Später wurde mir aus der Presse bekannt, dass am 18. Juni 1993 die Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation eine Verordnung erlassen hat über die Einstellung der Strafsache über die Tatsachen, die in den Aussagen des ehemaligen Vorsitzenden des Komitees für Staatssicherheit W.A.Krjutschkow und dem Artikel «der Botschafter des Unheils» in der Zeitung «Sowjetisches Russland» vom 13. Februar 1993 über vom Gesichtspunkt der Sicherheit des Staates unzulässige Kontakte Jakowlews mit den Vertretern westlicher Länder dargelegt sind. Die Sache wurde wegen Fehlens des Tatbestandes eines  Verbrechens eingestellt. (!)

Die erwähnte Verordnung hat man nicht zur Einsicht gegeben, aber mir ist glaubwürdig bekannt, dass Jakowlew sie einsehen durfte.

In dieser Verordnung wird insbesondere vermerkt, dass einige Personen aus der Zahl der Vernommenen - der ehemalige Chef der Aufklärung L. W.Schebarschin, der ehemalige Stellvertreter des Chefs der Aufklärung J.I.Drosdows - bestätigt haben, dass im Laufe ihrer Arbeit Ende der achtziger Jahre in der Aufklärung tatsächlich Signale über unerlaubte Kontakte Jakowlews mit Vertretern westlicher Länder eingingen. Sie wurden an Krjutschkow berichtet, jedoch wurden vom Letzteren keine Aufträge  zu  ihrer Prüfung erteilt, deshalb wurden keine Überprüfungen durchgeführt. Auch Gorbatschow leugnete nicht: im Verlauf der Gespräche mit Krjutschkow wurde ihm berichtet, dass es die Signale über die beunruhigende Handlungen Jakowlews gibt und dass sie eine Prüfung brauchen. Gorbatschow verneint nicht, dass er der Mannschaft Krjutschkows keine Aufträge zur Prüfung dieser Signale gegeben hat, da das Vorhaben Krjutschkows seinen Worten darin bestand - Misstrauen gegen Jakowlew zu säen.

Wie man sieht  - eine sehr seltsame Logik für die Verweigerung einer Prüfung von Materialien, die die Interessen der Staatssicherheit betreffen.

Gorbatschow verneinte auch nicht, dass die Signale von einer bestimmten, sehr wichtigen Quelle kamen, die von der Möglichkeit der Zusammenarbeit Jakowlews mit der amerikanischen Aufklärung zeugten. Jedoch nannte Krjutschkow  keinerlei konkrete Familiennamen und deshalb hat das alles bei Gorbatschow Bedenken erregt.

Natürlich musste Gorbatschow diese ärmlichen zugebenden   Erklärungen aus jenem einfachem Grund geben, da es Personen gibt, die ihn der Unwahrheit überführen könnten, wenn er sich entschieden hätte, die Tatsachen plötzlich überhaupt zu verneinen.

Andere Personen haben verzichtet, meine Aussagen zu bestätigen und  haben erklärt, dass sie keine Materialien über Jakowlew gesehen haben und daher diese  nicht zerstören konnten und dass die Erklärungen Krjutschkows ihrem Wesen nach verleumderisch sind. Solche Personen waren Bakatin und Kalugin. Darin ist nichts merkwürdig, weil sie in der Tat derartige Materialien nicht sehen konnten. Außerdem sind sowohl Bakatin, als auch Kalugin Gleichgesinnte,  sie sind Mithelfer  Jakowlews bei der Zerschlagung der UdSSR, der Zerschlagung des Komitees der Staatssicherheit. Und über Kalugin wäre noch zu sagen, das die Partnerschaft Kalugin - Jakowlew deshalb besonders bemerkenswert ist, weil auch nach dem Studium an der Kolumbianischen Universität ihre Freundschaft nicht aufhörte und da gilt schon das Prinzip – eine  Hand wäscht die andere.

Keine ehrlichen Aussagen gaben auch einige meiner ehemaligen Arbeits-Kollegen. Veranlassen Der zum Verhör in die Russische Staatsanwaltschaft geladene W.M.Tschebrikow , der vor  mir auf dem Posten des Vorsitzenden des Komitees für Staatssicherheit der UdSSR war, sagte aus , dass er erst aus dem Artikel Krjutschkows «Botschafter des Unheils» über die aufmerksam machenden Momente im Verhalten Jakowlews erfahren hat, und dass ihm früher angeblich nichts darüber bekannt war. Offenbar, hat Wiktor Michajlowitsch (Tschebrikow) da  etwas vergessen, insbesondere unser Gespräch Anfang Oktober 1988 bei der Übergabe  im  Komitee der Staatssicherheit. In solchen Fälle erhalten die Nachfolger gewöhnlich Hinweise, was auch keine Ausnahme bei unserem Gespräch an jenen denkwürdigen Abend war.

Da die beunruhigenden Signale in Bezug auf Jakowlew früher schon in der Aufklärungsabteilung eintrafen , deren Leiter ich war,  und im Komitee für Staatssicherheit direkt , hatte es Tschebrikow für nötig gehalten, mir zu empfehlen, Vorsicht in allem zu zeigen, was mit Jakowlew verbunden ist. «Berücksichtige, - sagte er mir, - Jakowlew und Gorbatschow – das ist ein- und dasselbe. Jakowlew ist nicht angreifbar, da kann man sich den Hals brechen».

Ich habe den Rat  Tschebrikows nicht ernst genommen, aber wenn sich  die Situation von neuem wiederholte, würde ich wieder nicht vorbei gehen, ich würde aber  wesentlich stärker öffentlich und entschlossen handeln.

Übrigens wurden in meinen Aussagen (bei der Staatsanwaltschaft) Informationen darüber gegeben, dass der Pressesprecher des Präsidenten der UdSSR Ignatenko solide "Geschenke" von Ausländer erhalten hat. Die Daten der technischen Kontrolle stellten leidenschaftslos fest, dass Ignatenko mehrfach große Devisensummen für die Möglichkeit von Interviews  von ausländischen Journalisten mit dem Präsidenten der UdSSR bekam. Solche "Geschenke" wurden früher immer wie Schmiergeld qualifiziert, obwohl jetzt, in der  Blütezeit von " Freiheit und Demokratie", sich die Tendenz entwickelt, das als normales Business zu sehen.

Also im Falle  Ignatenko hat sich die Staatsanwaltschaft plötzlich bewegt. Zu mir in die « Matrosenstille» kam ein speziell ernannter Ermittler, der mitgeteilt hat, dass eine entsprechende Strafsache eröffnet wurde. Wobei die Untersuchung entschieden hat, natürlich mit einer Befragung von mir als Zeuge zu beginnen. Ich widersprach nicht und war bereit, die notwendigen Aussagen zu machen, habe dafür eine Bedingung gestellt: «Da ich im Arrest bin ich und keine Garantien habe, dass die Staatsanwaltschaft später mich verzerrt  interpretieren wird oder meine Zeugenaussagen zitiert , will ich, dass das Verhör in Anwesenheit meines Anwaltes Iwanow erfolgt, der bereit ist, eine Unterschrift über Vertraulichkeit  zu leisten». Nach dieser Erklärung war der  Ermittler wie vom Wind verweht und ich habe ihn nie mehr gesehen.  

Und wie er die Aufklärung wohl dann geführt hat, ob vor allem, ob er  Gorbatschow befragt hat (der auf den ihm seinerzeit vorhandenem Material zu Ignatenko sogar einen eigenen Arbeitsvermerk gemacht hatte), ist mir unbekannt. Aber ich stelle immerhin fest, dass in Bezug auf Ignatenko das Rad der Staatsanwaltschaft (wenn auch und schwach) immerhin eine Umdrehung gemacht hat. Freilich, zu einigen Tatsachen, die mit Ignatenko betreffen, sind Informationen an die Presse durchgesickert, offenbar gezielt.

In diesem Zusammenhang entsteht die logische Frage: «Warum?» Offenbar  wollte jemand Ignatenko "rehabilitieren", und bald erschien in der Presse eine Mitteilung darüber, dass die Staatsanwaltschaft ausländische Journalisten befragt hat , die sich in Moskau befinden, und niemand von ihnen hat etwas über eine Schmiergeld- Zahlung an  Ignatenko gewusst. Nicht wahr, eine interessante Erklärung? Und damit war der Weg für eine höhere Karriere Ignatenko geebnet und 1995 wurde er zum Vizepremierminister der Russischen Föderation ernannt, zuständig für Information. So gelangte also der Hecht in den Karpfenteich….

Eine andere Sache ist die von Alexander Nikolajewitsch Jakowlew! Dort, so sollte es scheinen, ist es erforderlich, sehr viel mehr Eifers zu entwickeln  (immerhin war er  ehemals Mitglied des Politbüros, Sekretär des ZK der KPdSU, Mitglied des Präsidenten- Rates und letztendlich  der Leiter des Teams der Konsultanten des Präsidenten der UdSSR), aber irgendwelche unsichtbaren Kräfte haben dem Ermittler die Hände total gefesselt!

Wenn man über " Architekten" und " Vorarbeiter " der Perestroika  spricht, ist es auch wünschenswert sich zu erinnern, wie er sich in den Augusttagen 1991 verhielt. Alexander Nikolajewitsch zeigte sich in der Öffentlichkeit  erst, nachdem wir verhaftet waren, und hat dann vom Balkon des Weißen Hauses hellseherisch vorausgesagt, dass sich mit dem  «Sieg der Demokraten» jedwedes  «Gesindel einschleichen» wird. Und wo war er immerhin am 19 und am 20. August selbst? In «der Akte zum GKTschP » gibt es darüber keine Informationen. Ein anderes Detail - Tausende Zeugen wurden vernommen, nur Jakowlew wurde nicht einmal von der Staatsanwaltschaft einbestellt.

Seine Person tauchte nur einmal nur in den Aussagen von Laptew auf, des ehemaligen Vorsitzenden der Kammer des Obersten Sowjets der UdSSR, auch eines großen "Demokraten", der nach dem Zerfall der UdSSR weich im Sessel eines der Leiter des Konzerns "Iswestija" gelandet hat. Laptew berichtete über ein Telefonat mit Jakowlew, am  Vormittag des 19. August. Es zeigt sich, Jakowlew war darüber im Bilde, dass vor dem Gebäude des Moskauer Stadtsowjets  die erste «Kundgebung der Demokraten» gegen die Einführung des Notstandes geplant wird. «Es kann Festnahmen und Inhaftierungen geben» - urteilte Jakowlew - «und wenn die Kundgebung nicht auseinandergejagt wird, dann ist dieser GKTschP und seine Aktionen eine leere Sache, zu fürchten  haben wir dann nichts ...» Die Teilnehmer dieses Telefonats sind  natürlich nicht zur Kundgebung gegangen.

Diese Episode ist für Jakowlew beispielhaft. Er sieht ständig die Grenze, hinter der seine persönliche Sicherheit endet, und niemals übertritt er diese Grenze. Wenn es keine Gefahr gibt – dann ist es möglich, stolz die Brust hervorzuzeigen.

Ich werde diese Behauptung noch mit einem Beispiel ilustrieren. Es war etwas mehr als ein Jahr seit jener Zeit  vergangen, als ich verhaftet wurde. Und plötzlich höre ich, wie im Saale des Verfassungsgerichtes während einer Zeugenaussagen zur « Sache der KPdSU» Jakowlew erklärt, dass das Komitee für Staatssicherheit seine Ermordung  in einem Autounfall vorbereitete. Über den vorbereitenden Anschlag hat ihn angeblich irgendein General benachrichtigt, worauf Alexander Nikolajewitsch  mir angeblich mit einer  entschlossenen Entgegnung antwortete: «berücksichtige, Krjutschkow, ich habe die Briefe geschrieben, und im Falle meines Todes wird die Sache bekannt werden!»

Eine umwerfend inhaltlose, die keiner Kritik standhält! Natürlich, gab es ein solches Gespräch niemals zwischen uns, und es wurde auch  niemals ein Anschlag vorbereitet.

Aber es kann durchaus sein, dass  wirklich irgendein General den auch sonst gar nicht so tapferen Alexander Nikolajewitsch bewusst getäuscht hat? Im Übrigen, das ist schwierig nachzuprüfen.

Was hat denn Jakowlew gestört, diese "Tatsache" früher, noch zur Zeit meines Dienstes als Vorsitzender des Komitees für Staatssicherheit bekanntzumachen? Dem Präsidenten zu berichten, mit dem er so innige Beziehungen pflegte, dem Obersten  Sowjet? Oder das Journalisten mitzuteilen? Oder schließlich  darüber im August oder  September 1991 zu informieren, aber doch nicht ein ganzes Jahr später?

Ich habe auf diese Verleumdung so reagiert, wie man es in meiner Lage als Verhafteter machen konnte und habe mich an den Generalstaatsanwalt mit der Forderung gewandt, eine offizielle Untersuchung dieser öffentlichen Erklärung durchzuführen und mir die Organisation eines Anschlages auf das Leben Jakowlews zu inkriminieren.

Eine Untersuchung war in diesem Fall durchzuführen ja unkompliziert: es ist wenig Zeit  vergangen und die Mitarbeiter des Apparates des Komitees für Staatssicherheit der UdSSR, durch die ich angeblich den Anschlag verwirklichen lassen wollte, waren sicher alle am Leben. Und den General- dieser Informant könnte man einfach bei Namen nennen und zur Auszeichnung vorschlagen -  denn er hat immerhin «dem Vater der russischen Demokratie»  das Leben gerettet!

Zugleich bat ich übrigens die Staatsanwaltschaft wiederholt, einen anderen Unsinn zu untersuchen und mich anzuklagen, was einem Korrespondenten der " Moskowskije Nowosti" einfach mal so eingefallen war: angeblich hatte ich vor einigen Jahren einen  terroristischen Akt gegen Jelzin vorbereitet , wobei der Mord in Tadschikistan geschehen sollte, und es wurde sogar ein Mittäter  genannt - der Leiter der Sicherheitsorgane der Republik.

Aber die Verleumdungen von politischen Schurken aufzudecken, wenn sie zu "den Demokraten" gehörten, da beeilte sich die Staatsanwaltschaft nicht. Die gewöhnlichen Ermittler, die solche  verleumderischen Mitteilungen lasen, waren nur erstaunt und ratlos, aber ihre Leiter bevorzugten es einfach, auf meine Erklärungen nicht zu reagieren...

Aber inzwischen zeigten ich und mein Anwalt Iwanow Beharrlichkeit und forderten von der Staatsanwaltschaft, eine Strafsache zu den « Tatsachen» des angeblich vorbereitenden Anschlages auf Jakowlew und Jelzin mit allen sich hieraus ergebenden Folgen einzuleiten. Umso mehr, als Jakowlew das nicht irgendwo, sondern im Saal des Verfassungsgerichtes erklärt hat!

Freilich, über den Anschlag auf Jakowlew hörte ich zum ersten Mal, und was Jelzin betrifft, so haben sich die Menschen schon daran gewöhnt, dass auf ihn in verschiedenen Zeiten  sehr oft und unter verschiedenen Umständen Anschläge erfolgen sollten, deshalb hat das keine  großen Aufmerksamkeit ausgelöst. Wenn man sich  erinnert, so hat man zuerst versucht, Boris Nikolajewitsch in der Moskwa zu ertränken und ihn von einer Brücke zu stürzen, noch dazu mit einem Sack über dem Kopf, aber Boris Nikolajewitsch hatte bewiesen, dass er ein sportlicher Mensch ist, hat den Sack aufgeschnürt, ist aufgetaucht und hat blieb am Leben.

Da der Anschlag auf das Leben eines Menschen einen Straftat- Bestand darstellt, so hat das Innenministerium der UdSSR die Untersuchung begonnen. Diese Geschichte ist 1989 geschehen, Boris Nikolajewitsch war damals Mitglied des Obersten Sowjets der UdSSR. Bald darauf hat Bakatin - der damalige Innenminister des Union - auf Anforderung des Obersten Sowjets auf einer Sitzung zu den Ergebnissen der Untersuchung berichtet und hat erklärt, dass die Untersuchungen eingestellt wegen Mangels des Faktes anschaut die erstaunten Fragen der Parlamentarier hat Jelzin keine Erklärungen gegeben, die Erwiderung beschränkte sich auf die Äußerung: «Das ist meine Privatsache ».

Es zirkulierten auch Gerüchte über andere "Anschläge". So wollte man während des Flugs mit einem spanischen Flugzeuge eine Havarie inszenieren, aber dem Flieger gelang es, das Flugzeug zu landen  und den Absturz zu vermeiden. Aber es ist schon bemerkenswert , dass zum Zeitpunkt, als die Mitteilung vom Versuch erschien, Boris Nikolajewitsch während seines Flugs über Spanien aus dem Wege zu räumen, die nationale Fluggesellschaft dieses Landes mit einem entschlossenen Protest aufgetrat und die Mitteilung widerlegt hat, da die Sache das Prestige der Firma betraf. Außerdem, hat sie gedroht, sich an ein  Gericht zu wenden, da das als verleumderische Behauptung bewertet wurde.

Und einige Zeit  danach knallte  in Moskau irgendein Rentner mit einem  "Shiguli" (PKW Lada) in den " Wolga" des Präsidenten Russlands, aber der " Wolga" hat sich als stabil erwiesen, hat den Schlag ertragen und Boris Nikolajewitsch ist gesund geblieben. Vollständig begründet wurde eine sorgfältige Untersuchung begonnen, in deren Lauf erkannt wurde, dass es sich um einen unbeabsichtigten Verkehrsunfall handelte. Und ganz vor kurzem, als ich mich noch in der « Matrosenstille» befand, wollte jemand durch das Dach in die dienstlichen Appartements des Präsidenten eindringen und auf ihn den Anschlag begehen. Die Massenmedien schrieben darüber lange und mit Genuss. Allerdings wurde der Übeltäter gefangen, wurde als unzurechnungsfähig erkannt, deshalb wurde die Strafsache gar nicht eröffnet.

Allgemein gesagt, Geschichten mit " Anschlägen" folgten eine auf die  andere und deshalb schien es mir wichtig, die  sogenannte « tadschikische Geschichte» mit dem gegen Jelzin vorbereitenden Terrorakt zu beenden.

Mit dem Anschlag auf Jakowlew hat sich die Staatsanwaltschaft ziemlich schnell zurechtgefunden und hat in ihrer  offiziellen Antwort mitgeteilt, dass die Sache zur Strafsache eines Anschlages wegen Nichtexistenz des  Ereignisses selbst eingestellt wurde.

Und betreffs der Geschichte in Tadschikistan, so ist nach einem nur halben Jahr die Antwort gekommen, in der buchstäblich das Folgende gesagt wurde: «die Zulassung zur prozessualen Entscheidung gemäß Ihrer Erklärung zur Eröffnung einer Strafsache in Zusammenhang mit Mitteilungen in den Massenmedien über die Vorbereitung eines Mordes an B.N. Jelzins und A.N.Jakowlews verzögert sich  wegen bestehender Schwierigkeiten des Erhaltens des notwendigen Materials von außerhalb der  Grenzen der Russischen Föderation. Über die Ergebnisse der Prüfung Ihnen werden Sie  zusätzlich informiert. Staatsanwalt der Abteilung nach der Überwachung von Untersuchungen bei besonders wichtigen  Strafsachen» Unterschrift.

Man möge beachten, dass in der Antwort nicht die Rede von der Erklärung Jakowlews zu dem auf ihn vorbereitenden Anschlag ist, sondern nur über Informationen in den Massenmedien. Klar, wofür diese Unexaktheit dient- um sogar hierbei Jakowlew herauszuhalten.

So kam es, allgemein gesagt, dann ja auch. Nach einigen Monaten habe ich eine Benachrichtigung darüber bekommen, dass die Strafsache zum Fakt der Organisation eines Anschlages auf Jelzin wegen der Nichtexistenz des Faktes selbst eingestellt ist. So ist auch diese Geschichte  der Verleumdung Jakowlews zu Ende gegangen. Niemand hat ihn, weder juristisch, noch moralisch für die Verleumdung belangt, niemand hat ihm vorgeworfen, dass er mit unzulässigen Mitteln vorgegangen ist, alles wurde ausgebremst, wie man das ja in der Situation erwarten konnte, die sich in Russland herausgebildet hatte.

Ich überlegte gerade, wie ich die Erzählung über Jakowlew beenden sollte, als mir neue  Zeitungen gebracht wurden. Daraus habe ich über die Entscheidung Jelzins erfahren, Jakowlew zum Vorsitzenden der staatlichen Rehabilitierungs- Kommission zu ernennen. In dieser Kommission ist auch der Minister für Sicherheit und innere Angelegenheiten. Was werden das wohl für Untersuchungen werden! "Der Architekt" der Perestroika  setzt seine Arbeit fort...

Die Ereignisse der letzten Jahre im Land erinnern an mich eine mächtige Mure in den Bergen. Der Mensch ist im Allgemeinen dagegen machtlos. Man kann Prognosen erstellen, die Zeit  des  Anfanges berechnen, die Menschen benachrichtigen, und dann nur zur Seite gehen und auf den Ausgang warten. Die Mure fegt auf ihrem Pfade alles weg, zerstört lebendiges und nicht lebendiges. Ein Beten zum Allmächtigen ist vergeblich. Der Mensch verwickelt sich in Vermutungen, wofür diese Strafe, eine solche Plage. Die Gründe des Entstehens einer Mure sind nicht subjektiv, hier herrscht Gesetzmäßigkeit. Und in unserer Perestroika, im Verlaufe und ihren Ergebnissen, waren sowohl objektive, als auch subjektive Faktoren verquickt.

Ende das XX. Jahrhundert reicht die Lenkbarkeit von den Prozessen bis zum einem Niveau, wo eine Regelung möglich ist,  man kann Akzente verändern, Prozesse  bremsen oder sie beschleunigen. Die entscheidende Rolle hierfür liegt bei Persönlichkeiten.

Und es lohnt sich, den Lesern noch über einen weiteren Zerstörer,  " Architekten" und "Vorarbeiter" der Perestroika  zu informieren. Es handelt sich um Eduard Amwrossijewitsch Schewardnadse.

Ihn konnte ich 1982 kennenzulernen, als er noch in Georgien arbeitete. Ich war dienstlich dorthin geflogen und  eine Beratung mit Mitarbeitern des Komitees für Staatssicherheit Georgiens durchgeführt. In drei Tagen Aufenthalt gelang es mir, etwas in Tiflis zu sehen, Gori zu besuchen und einige Stunden mit E.Schewardnadse zu verbringen. Die Treffen und die Gespräche mit ihm machten auf mich einen positiven Eindruck. In seinen Darlegungen habe ich keinerlei "Abweichungen" von der offiziellen Parteilinie bemerkt. Das war ein anerkannter Parteiführer, der die Situation beherrscht und streng im Rahmen der geltenden Entscheidungen der führenden Partei arbeitet. Das verlangte er auch von anderen. Hervortraten sein Internationalismus, die Beziehungen der Achtung zu anderen Völkern, besonders zu den  Russen.

Es blieb mir eine  scheinbar bemerkenswerte Überlegung Schewardnadses im Gedächtnis, dass das Zentrum (Moskau)  ungenügend entschlossen führt, das Anforderungsniveau ist gesunken, die Kontrolle ist schwach geworden. Und den Republiken könne man mehr Freiheiten geben, bei gleichzeitiger Erhöhung ihrer Verantwortung. Seinen Worten nach sollte man die Gefahr des Nationalismus nicht übertreiben, das kann doch keine Erscheinung sein, mit der man nicht zurechtkommen kann.

Einen gemischten Eindruck hat auf mich der Besuch von Gori[17] und des Stalin- Museums  gemacht. Das Museum war praktisch leer. Die Führerin im Museum – eine verhältnismäßig junge, belesene Frau mit den klugen, ausdrucksvollen Augen - erzählte wohlwollend über Stalin gern, legte besonderes Gewicht  auf seine persönlichen Qualitäten: Bescheidenheit, Anspruchslosigkeit im Leben. Beharrlich bot sie an, die letzten Eintragungen im Gästebuch einzusehen. Als sie erfuhr , woher wir waren, und dort war auch Aleksej Nikolajewitsch Inauri - der Vorsitzende des Komitees für Staatssicherheit Georgiens, fing sie mit offenen Karten an, sich für das Schicksal des Museums, der Beziehung zu Stalin zu interessieren, und betonte, dass sie sein Verehrer war und bleiben wird.

Ich sah sie an, hörte zu und dachte zwangsläufig, dass Stalin ihr Leben ist, das im Falle der Schließung des Museums - sowohl für sie als auch für andere Mitarbeiter alles ändern wird. Die Zeit  nimmt auf Niemandem und auf Nichts Rücksicht. Nur sind die einen damit glücklicher, und andere unglücklicher, bei den Einen liegt alles in der Vergangenheit, und bei anderen in der Zukunft.

Wir sind nach Tiflis zurückgekehrt und  Schewardnadse hat gesagt, dass man die Stimmung der Bevölkerung der Republik nicht ignorieren sollte, dass ein bedeutender Teil nicht nur für die Erhaltung des Museums, sondern auch für die Bewahrung des  Gedächtnisses an Stalin in Georgien und in der Union sei.  In den Worten Schewardnadses klang eine deutliche negative Haltung zu Stalin durch. Wenn Schewardnadse also heute versucht, sich auf den Namen Stalins zu stützen, wofür hat die Unterstützung der georgischen Gesellschaft der Stalinisten bekommt, so denke ich noch an das «Saldo » in seiner politischen Karriere. Damals hatte sich bei mir schon eine eigene Beziehung zu Stalin geformt, und ich habe erzwungener Weise  an die Menschen bei uns im Land und außerhalb seiner Grenzen nachgedacht, für die die Neubewertung Stalins seinerzeit zumindest eine seelische Tragödie bedeutete.

Es war danach ein wenig Zeit  vergangen und 1985 hat mich das Schicksal in Moskau mit  Schewardnadse zusammengeführt. Als Chef der Aufklärung hatte  ich mit ihm,  dem Außenminister in der UdSSR, ziemlich oft Kontakt. Ich erinnere mich, ein paar Tage vor der Ernennung Schewardnadses zum Außenminister hat der damalige Vorsitzende des Komitees für Staatssicherheit Tschebrikow mit mir ein Gespräch gehabt. Er hat gesagt, dass eine sehr wichtige und eilige Frage anliegt: wen sollte man für den Posten des Außenministers empfehlen und was in dieser Hinsicht meine Meinung.

Ich stand zu den internationalen Dingen in direkter Beziehung und kannte nicht wenige Genossen, die auf außenpolitischem Gebiet arbeiteten. Ich habe gefragt: «Und gibt es ob schon einen Kandidaten oder Kandidaturen, die im Stadium der Beratung sind?». Tschebrikow hat geantwortet, dass es einige Kandidaten gibt, aber bis jetzt hat man sich  auf niemanden festgelegt. Er hat nach meiner Meinung gefragt, insbesondere über die einzelne Mitglieder des Polit- Büros. Und als die Reihe an den Kandidaten des Politbüro des ZK der KPdSU Schewardnadses kam, hat er eine Pause gemacht und ich habe verstanden, dass es sich womöglich gerade um diesen Menschen handelt.

Ich habe geantwortet, sollte die Kandidatur Schewardnadses erörtert werden, so sollte man sich meiner Meinung nach dieses Schrittes enthalten. Nicht deshalb, weil ich eine schlechte Meinung über ihn habe, für ein derartiges  Urteil kenne ich ihn  ungenügend , sondern weil Schewardnadse es hat nicht schaffen wird,  von den rein inneren Problemen auf außenpolitische umzusatteln.

Bis jetzt hat man in der Sowjetunion nicht beachtet, dass die Außenpolitik ein Beruf ist, dort sollten Spezialisten oder jedenfalls Menschen arbeiten, die gut darauf vorbereitet sind. Natürlich kann es auch Ausnahmen geben. Im Sinne einer Weiterqualifizierung  gibt es Sinn , ins Außenministerium auch Personen aus anderen Ämtern und Organisationen zu schicken, auch der Posten des Außenministers ist da keine  Ausnahme, aber für den konkreten Fall ist es nötig, sehr gründlich nachzudenken, es handelt sich doch um das Ersetzen von Andrej Andrejewitsch Gromyko, und dieses Problem hat eine Masse an Besonderheiten.

Erstens ist Andrej Andrejewitsch ein Mensch, der unzweifelhaft sehr erfahren ist, der global denkt und  hart arbeitet. Er ist die ganze Dienst-Leiter vom gewöhnlichen Diplomaten bis zum Außenminister aufgestiegen.

Zweitens hat auf diesem Posten fast 30 Jahre durchgearbeitet, hat alle Rekorde geschlagen und  es ist nicht klar, ob dieser Rekord irgendwann in der Zukunft übertroffen werden kann.

Gromyko verfügte über eine riesige Erfahrung und hat außerdem dazugelernt, und es wohl das Wichtigste, konsequent und  mutig die Interessen unseres Staates standhaft zu verteidigen. Die Welt kennt Gromyko, die Welt rechnet mit ihm, auf sein Konto kommen nicht zufällig viele der größten diplomatischen Erfolge.

Es ist möglich, dass es einigem scheint, dass Gromyko zu lange  auf dem Posten des Außenministers sitzt, aber es ist eine einzigartige Persönlichkeit und deshalb ist sein langjähriger Aufenthalt auf dem Posten des Ministers nicht zufällig.

Schewardnadse wird ganz gewiss niemals das Niveau von Gromyko erreichen und wir werden diesen Menschen daher in eine äußerst unbequeme Lage bringen, deshalb macht es Sinn, einen anderen zu suchen. Außerdem, damals schien es mir, es sei sehr wichtig, auf dem Posten des Außenministers einen Vertreter der zahlreichsten Nationalität zu haben, die in der Sowjetunion lebt. Es wäre also wünschenswert, dass er Russe ist.

Mir schien es, dass ich Tschebrikow überzeugt hatte. Er hat gesagt, dass er unbedingt mit Gorbatschow sprechen wird,  jedenfalls teile er meine Gründe. Jedoch kam ein paar Tage später eine die Verordnung hieraus, zuvor gab es eine Entscheidung des Politbüro des ZK der KPdSU, und anstelle Gromyko wurde Schewardnadse zum Außenminister ernannt.

Später erinnerte ich mich an das Gespräch mit Tschebrikow oftmals und bedauerte sehr ich, dass ich nicht selbst zu Gorbatschow gegangen war. Freilich, eine spezielle Möglichkeit mich direkt bei ihm anzumelden, hatte ich damals nicht,  jedoch für einen solchen Fall hätte man es versuchen können.

Nach Einschätzungen der Genossen aus dem Außenministerium arbeitete sich Schewardnadse nur sehr schwer in die Sache ein. Er verstand, dass man nicht alle Fragen im Laufschritt entscheiden kann, aber Stolz und Ehrgeiz trugen ihren Teil bei  und deshalb betrachtete er die Probleme unverzüglich, traf Entscheidungen schnell, manchmal ohne abzuwägen, welche Folgen das bringen kann.

Diese Eigenschaft Schewardnadses, Entscheidungen schnell zu treffen, ohne sich in allen Details zurechtgefunden zu haben und, was noch wichtiger ist , nicht zu bewerten, zu welchen Folgen das in der Zukunft führen kann, das war für ihn charakteristisch. Diese Besonderheit hat zu seinem  Arbeits- Stil entwickelt, hat sich auf alle von ihm geleiteten Ämter erstreckt, was zu einem riesigen Schaden für unseren Staat geführt hat. Beim einem solchen Stil erwies sich das große intellektuelle und professionelle Potential des Kollektivs der Diplomaten nicht einbezogen, die Mitarbeiter verwandelten sich in einfache Vollzugsbeamte, oder einfach Beobachter.

Schewardnadse schien auf dem Posten Ministers als arbeitsfähig und kontaktfreudig, er hatte viele Treffen mit verschiedenen Menschen. Es entstand der Eindruck, dass er die Entscheidungen für die  Probleme suchte, allerdings dabei den Faktor der Zeit  vernachlässigend, er trieb die Entwicklung der Ereignisse vorwärts, aber das ist wie bekannt in seiner Lage unzulässig. Denn es macht manchmal mehr Sinn, sich mit Schlussfolgerungen nicht zu beeilen, und auf Zeit  zu spielen, die oft selbst ein Urteil spricht und alles ordnet.  

Viele Probleme hatten sich angesammelt, alle waren verschieden, die Berücksichtigung verschiedener Faktoren und der Positionen vieler Länder war  gefordert. Es gibt ja einen riesigen Umfang an Beziehungen mit den führenden kapitalistischen Ländern. Die Sowjetunion hat den Wunsch erklärt, sie zu entwickeln, aber die Unvereinbarkeit der Interessen zu überwinden ist schwieriger, als es anscheinend ist, da sie entweder einen objektiven Charakter haben , oder nicht selten handfester subjektiver Art sind.

Zugeständnisse und Kompromisse - anderer Voraussetzungen einer gerechten  Klärung der angesammelten Widersprüche in den Beziehungen zwischen den Ländern gibt es nicht. Und anstelle der mühsamen Suche nach Lösungen, die die Interessen der Seiten berücksichtigen, leitete Schewardnadses, letztlich zusammen mit Gorbatschow, einen absturzartigen  Prozess einseitiger Zugeständnisse ein, der Aufgabe von Positionen, genau nach dem Sprichwort: «Die Eile ist der Anfang des Unglücks !»

Die Sowjetunion hat viele Einwände bei den Abrüstungs- Verhandlungen zurückgezogen, die Sache bewegte sich, aber unsere Verteidigungs-Positionen wurden in einem gefährlichen Maß geschwächt. Auf vielen Gebieten bekamen wir keine konkreten und festen Vereinbarungen, die mit Garantien untermauert waren.

Gegenüber den sozialistischen Ländern hat man sich entschieden,  getrennt voranzugehen, um  schneller die internationalen Knotenpunkte zu lösen und Einverständnisse zu erzielen. Eine Zerstörung der sozialistischen Zusammenarbeit begann, sie zerfiel wie ein Kartenhäuschen. Unsere Freunde begannen, sich in Opponenten zu verwandeln.

Schewardnadse, der Außenminister, stand im Mittelpunkt der internationalen Ereignisse, der ganzen Außenpolitik der Sowjetunion. Von ihm hing natürlich viel ab, aber bis zu einem bestimmten Grad wurde die Lage dadurch stabil gehalten, dass Entscheidungen kollektiv erfolgten, sie  wurden sorgfältig diskutiert und  gefährliche Störungen passierten  nicht. Das Politbüro fuhr fort, die Fragen der Außenpolitik in den Händen zu halten. Übrigens hat Gromyko immer das höchste Parteiorgan akzeptiert, es gab nicht einen Fall, wo er etwa den Standpunkt des Politbüros nicht umgesetzt hätte.

Damals schien es jemandem, vor allem Gorbatschow und Schewardnadse, dass sich die Dinge zu  langsam bewegen, für das Erreichen von Vereinbarungen vergeht zu viel Zeit ,  wenn wir nicht schnellstens zu Abkommen kommen, wird unsere Position sich verschlechtern, später  muss man noch größere Zugeständnisse akzeptieren. Es wurde behauptet, dass unsere "Unnachgiebigkeit" die Entwicklung der Beziehungen mit den USA und anderen Ländern auf vielen Gebieten, und vor allem in handels-politischen Positionen stört.

Im Grunde genommen war das eine Erpressung, und leider hat sie gewirkt.

Schewardnadse beschäftigte sich aktiv mit dem afghanischen Problem und betonte auf jede Weise, dass er einen Weg zur dessen Regelung anstrebt. Zusammen mit ihm besuchte ich mehrfach dieses Land. Es gelang  die Lage im Land und die Kräfteverteilung tiefer zu verstehen, die sowjetisch-afghanischen Beziehungen allseitig zu analysieren, die Perspektiven der Entwicklung der Situation in Afghanistan und um darum zu bewerten.

Daraufhin sind wir zur eindeutigen Überzeugung gekommen: man muss die sowjetischen Truppen herausführen und den Afghanen ermöglichen, ihr Schicksal selbst zu entscheiden, aber sie natürlich nicht einer zufälligen willkürlichen Entwicklung auszuliefern  und  ihnen die notwendige politische und militärisch- materielle Unterstützung zu leistend. Die Genfer Abkommen wurden als eine für alle Seiten annehmbare Form der Regelung des afghanischen Problems betrachtet. Ein anderer Ausgang wurde damals nicht erörtert.

Kaum einer dachte damals, dass nach Abzug der sowjetischen Truppen am 15. Februar 1989 aus Afghanistan das Regime Nadschibully nicht zusammenfällt, sondern  im Gegenteil seine Positionen und seinen Einfluss in Afghanistan und in der Welt festigen wird. Und umso mehr vermutete kaum einer der ehrlichen Politikern, was nur kurze Zeit später passieren wird, dass Ende 1991 Afghanistan von Moskau verraten werden würde. Nicht nur Afghanistan, sondern auch die Interessen der Sowjetunion, die Interessen Russlands und besonders der mittelasiatischen sowjetischen Republiken. Aber es kam genauso.

Es wurde offensichtlich, dass die Genfer Abkommen für die einen ein ehrliches Streben waren, einen Ausweg aus der entstandenen Lage zu finden, für die andere – einen Vorwand zu finden, den man nutzen konnte, um in nicht allzu ferner Zukunft das Regime Nadschibully in Kabul zu erdrosseln, im Interesse der Kräfte der Reaktion in Afghanistan und den Kreisen in anderen Staaten der Region und der Welt, die in Bezug auf Afghanistan und zu uns feindlich waren.

Während der Dauer Schewardnadses auf dem Posten des Außenministers brach ein Drama nach dem anderen über der Sowjetunion und unseren Freunde herein. Die Folgen trugen außerordentlich schweren Charakter, sie betrafen riesige geopolitische Regionen, berührten das Schicksal der Sowjetunion und anderer Länder, beeinflussten die Lage in der Welt, sie haben den Weg zur praktischen Neuverteilung der Einfluss- Sphären auf dem Planeten eröffnet, führten zur Eroberung neuer Positionen durch die einen, unter anderem durch die Vereinigten Staaten von Amerika und zum Verlust verschiedenster Positionen der anderen.

Wir fingen im Grunde genommen an, uns von unseren Freunde in Osteuropa, ganz zu schweigen von Kuba, zu distanzieren. Wir bauten nicht mehr auf sie! Statt die Hauptrichtungen der Außenpolitik, die sich prinzipiellen Veränderungen unterzogen, von vornherein zu besprechen, uns mit ihnen zu den wichtigsten Problemen zu konsultieren, die beim ersten Blick anscheinend nur die Sowjetunion betrafen, stellten wir sie vor vollendete Tatsachen. Alles, was die Sowjetunion betraf, hatte doch in Anbetracht deren Gewichts auf alle sozialistischen Länder Einfluss. Außerdem wurde eine ähnliche Praxis sogar in jenen Fälle angewandt, wenn Fragen entschieden wurden,  die ihre inneren und äußeren Interessen betrafen.

1989-1990 Jahren wurde Existenz die Organisation des Warschauer Vertrags beendet, des  Rates für gegenseitige Wirtschaftshilfe (RGW), d.h. jener Strukturen, im Rahmen derer die militärische, politische, wirtschaftliche und anderweitige Zusammenarbeit zwischen den Ländern der sozialistischen Gemeinschaft erfolgte. Vor der Öffentlichkeit versuchten wir das zu beschönigen, den Bankrott zu bagatellisieren,  in die die Zusammenarbeit gestürzt wurde, aber im Allgemeinen wurde das öffentlich als Formsache behandelt.

Es war klar, dass es sich hier um die Annullierung grundlegender Positionen handelte, die die Probleme der Erhaltung der Lebensfähigkeit der sozialistischen Länder betrafen[18], es begann nächste Neuordnung der Welt. Die Aufgabe aller Positionen durch die Sowjetunion war augenscheinlich. Der Sozialismus als Ideologie und als Praxis wurde verraten, obwohl innerhalb der sozialistischen Länder nur der kleinere Teil der Gesellschaft für eine Abkehr vom Sozialismus eintrat, zumindest eine bedeutende Mehrheit der Bevölkerung für den Erhalt der sozialistischen Ideen eintrat.

Unter Schewardnadse, unter seiner aktiven Mittäterschaft, häufig auf Basis  seiner persönlichen Initiative, begann ein tiefgreifender und breiter Rückzug der Sowjetunion, und zusammen mit ihr der anderen sozialistischen Länder auf dem Gebiet der Bewaffnung. Wir gaben eine Verteidigungsposition nach anderen auf, vereinbarten sogar dann Abkommen mit dem Amerikaner und anderen westlichen Ländern, wenn diese  offenbar nicht den Interessen der Gewährleistung unserer eigenen Sicherheit dienten.

Es begann die Phase einer der breiten Abkehr der sozialistischen Länder in allen  denkbaren und undenkbaren Richtungen. Wir beschuldigten uns sogar in jenen Fällen, wo keinerlei Notwendigkeit bestand, wälzten auch dort Schuld auf die Sowjetunion für deren Politik in der Vergangenheit und der Gegenwart, wo diese Politik war wesentlich anständiger war, als die Politik der Vereinigten Staaten von Amerika und anderer westlicher Länder. Wir haben sogar, dem Inhalt nach, den Behauptungen der westlichen Propaganda zugestimmt, dass angeblich die Sowjetunion an der Auslösung "des kalten Krieges", an der Entwicklung der Spannungen in der Welt schuldig war.

Wir haben unsere Politik in Bezug auf die dritte Welt einer Satire untergezogen, während wir eigentlich stolz auf sie sein können. In dieser Politik gab es  Fehlkalkulationen, jedoch bestimmte das nicht das Wesen unserer Handlungen. Bestimmend war das Streben, den Ländern auf dem Weg der nationalen Befreiung, auf den Weg des Kampfes gegen den Imperialismus, auf dem Weg der selbständigen Entwicklung zu helfen.

Die Sowjetunion, die zweitgrößte Supermacht der Welt, schrumpfte zusehends vor den Augen der ganzen Menschheit, wurde schwächer, verwandelte sich in einen zweitrangigen Staat.

Wir führten auch eine  Reihe von Schlägen gegen unsere Interessen auf dem Gebiet des Verkaufes von Waffen an andere Länder, die diese brauchten, und haben dadurch den Markt für andere Länder geöffnet. Vorgreifend sei daran erinnert, dass 1991 18% des weltweiten Verkaufes von Waffen auf den Anteil der USA fiel, und 1993 haben die USA die Grenze von 38 % überschritten. Einst fiel ungefähr ein vergleichbarer Anteil auf die Sowjetunion, jetzt bildet unser Anteil nur wenige  Prozente vom weltweiten Handel!

Man fragt sich, wofür wurde das alles gemacht? Haben wir jenen Ländern geholfen, die um die nationale, politische Wirtschaftsbefreiung kämpfen? Für die politische Unabhängigkeit? Um einen selbständigen Kurs durchzuführen? Oder verringerte sich die Menge an Waffen in der Welt? Natürlich nicht!

Ich weiß nicht, ob es noch solchen Außenminister gibt, einen solchen Staat, der sich solcher "Siegen" rühmen könnte, die auf allen Fronten der Außenpolitik in nie dagewesener kurzer Zeit erlangt wurden. Ich denke, dass die Politikwissenschaftler, die Historiker, die Ökonomen darüber erstaunt sind, was mit uns in den Jahren der sogenannten Perestroika geschehen ist, besonders in der letzten Phase ihrer Entwicklung. Ihre Bemühungen werden bei der Enträtselung des Phänomens helfen, also auch eine Antwort auf diese Frage zu finden. Ich bin überzeugt, dass die Antwort die Welt erschüttern wird. Sie wird aufzeigen, wie die Interessen unseres Vaterlandes verraten wurden, wie wir auf unsere Werte verzichteten, auf die wir allen Grund hatten stolz zu sein. Wir selbst gruben uns eine tiefe Grube r, aus der es schwer sein wird wieder herauszukommen.

Gleichzeitig wurde ein scharfes Manöver gesteuert („das Schiff auf die Seite gelegt“) bei der der Suche von neuen Freunde (um jeden Preis!) in Form der  USA, der entwickelten kapitalistischen Länder Europas, Japans. Wir überholten die Ereignisse offenbar, rannten voran, fingen an, unsere Beziehungen mit sonst welchen Staaten Partnerbeziehungen zu nennen, manchmal sogar freundschaftlich, ungeachtet der realen Lage der Dinge und der Reaktion in diesen oder jenen Ländern.

Einige unsere Persönlichkeiten haben sich in einen regelrechten Wettlauf begeben, wer den Anderen „ beim Weitspucken“. Nichts, außer einem Lächeln, hat das im Westen gebracht. Wir beeilten uns, die Beziehungen mit diesen Ländern bis zu einem mündlich skizzierten Niveau zu bringen- wiederum  mittels Zugeständnisse, Schmeichelei und offenkundiger Selbsterniedrigung. Die wichtigste Kennziffer der Ergebnislosigkeit einer derartigen Politik bestand im Fehlen  des Fortschritts bei den Handels-und Wirtschaftsbeziehungen: niemand beeilte sich,  sie mit uns zu entwickeln.

Schon nach seinem Rücktritt 1991 kam Schewardnadse, um die echten Motive des Abgangs vom Posten des Außenministers zu erklären. Er hielt unsere Beziehungen für eng genug und meinte, dass ich von ihm einige Offenbarungen hören möchte.

Ich war einverstanden und habe mich mit ihm getroffen. Er räumte ein, dass er wegen seines Rücktritts betroffen ist, aber keinen anderen Ausweg für sich sieht. Er  bewertete die Lage im Land als kritisch und logischerweise rechnete er mit der  Möglichkeit eines harten Machtwechsels.  Schewardnadse äußerte die Hoffnung, dass sein Schritt Gorbatschow immerhin zwingen wird, sich für Maßnahmen zu entscheiden, die den Bedingungen entsprechen. Welche Maßnahmen und gegen wen,  das hat er nicht erklärt. Dann hat er einen aus seiner Sicht delikaten Aspektes einer Frage angesprochen, die für ihn besonders qualvoll war.

Als der Außenminister, als Mitglied der höchsten Führung der Union, beklagte er, musste er unmittelbar an der Realisierung einer Reihe unpopulärer Entscheidungen teilnehmen. Die Zusammenarbeiten der sozialistischen Länder existiert nicht mehr, unsere Truppen werden abgezogen, die Deutsche Demokratische Republik hat aufgehört zu existieren. Es ist vollkommen möglich, dass «man territoriale Fragen mit einigen benachbarten Staaten» entscheiden muss. Ihn als Georgier, wird man nicht verstehen können, ihm ist es angeblich um " russische Erde“ nicht schade. «Mit einem Wort, - hat er geschlossen, - ist es besser auf diesem Posten einen Russen» zu haben.

Ich früher hatte keine Gründe, mich gegenüber Schewardnadse als Menschen schlecht zu verhalten. Damals ging ich davon aus, dass er in seinem inneren Anreizen    möglicherweise durchaus aufrichtig war, dass er anstrebte, es so gut wie möglich  zu machen. Aber in diesem letzten Treffen sah ich einen anderem Schewardnadse vor mir, ganz und gar nicht den Mann, wie Anfang der achtziger Jahre in Tbilissi.

Der frühere Schewardnadse war ein gewöhnlicher Parteiarbeiter, wie man jetzt oft in den Massenmedien im negativen Sinne liest, wo sie als Konservative, als Demagogen dargestellt werden. Aber ohne jeden Zweifel war er ein begabter Mensch, dem das Gefühl des Neuen  und der Wunsch der Suche eigen waren.

Schewardnadse war Ende 1990 eine ganz andere Persönlichkeit, er hatte sich vollständig verwandelt, sich nicht nur weiterentwickelt, sondern er führte die Reihen der radikalen, ungezähmten "Demokraten" an. Noch ein bisschen, habe ich  mir gedacht, und er wird mit der KPdSU brechen, wird sich aktiv in die Bewegung für eine neue "demokratische" Gesellschaft einreihen, wird seine Freunde im Land vollständig austauschen und wird im Ausland noch mehr erwerben.

In den Zeiten von Gamsachurdia [19] war Schewardnadse in Georgien eine «Persona non grata», die damaligen Behörden der Republik haben ihn mit vernichtender Kritik attackiert. Für ihn, der als Georgier seine Heimat liebte, war das eine riesige persönliche Tragödie.

In meinen Einschätzungen will ich keinesfalls die Rolle eines Richters beanspruchen, auf die Wahrheit in letzter Instanz schon  gar nicht. Diese Rolle wird die Geschichte erfüllen, eigentlich macht sie das schon, weil die persönliche Tragödie Schewardnadses nicht beendet ist. Sie hat schon eine Fortsetzung und diese wird noch weitergehen, wobei das nicht nur ihn rein persönlich betreffen wird, sondern auch Georgien insgesamt.

Ich verhielt mich zu Gamsachurdia negativ, hielt ihn für einen Nationalisten, der ungehemmt seine  irrationalen Vorhaben anstrebte, und nicht fragte, ob sie für Georgien Wohl bringen werden oder ihm schaden. Gamsachurdia war tatsächlich nicht in der Lage, die Situation in der Republik und um sie herum zu bewerten. Er attackierte  seine politischen Gegner, rief die Losungen aus und  stellte Ziele, ohne über deren Realität nachzudenken. Er konnte nicht in großen Maßstäben, Kategorien einer untereinander abhängigen und untereinander verbundenen Welt denken. Für eine Charakterisierung Gamsachurdias ist nötig sinnvoll,  auf einige seiner Aussprüche zu verweisen. In Oktober 1989 hat er während des Gespräches mit Moskauer Vertretern, so sagte ein Teilnehmer des Treffens, seine Ansichten so dargelegt: «Zur Zeit herrscht in Georgien die Renaissance der humanistischen und patriotischen Ideale des Menschewismus, indem man sich auf den radikalsten Theoretiker und Praktiker der Perestroika  A.N.Jakowlews stützt ». Das Hauptziel der Perestroika  in Georgien sei, so Gamsachurdia, die Erringung der politischen Unabhängigkeit und die Errichtung einer nicht sozialistischen sozialen-politischen Ordnung. Dieser Prozess sollte in zwei Etappen erfolgen: erstens - Erringung  der Wirtschaftssouveränität, und danach – der politischen.

Zu den  Plänen der Erringung der Wirtschaftssouveränität hat Gamsachurdia bemerkt, dass das nicht seine persönliche Idee sei, sondern  « Teil des westlichen Planes der Unterstützung der Perestroika  in der UdSSR». Über die zweite Etappe hat er gesagt, dass jene Konsultationen, die A.N.Jakowlew seinen Gewährsleuten  aus dem ZK KP Georgiens gab, in erster Linie auf die Umwandlung der Nationaldemokratischen Partei Georgiens in der Partei mit sozialdemokratischer Orientierung und ihre Umwandlung in die politische Hauptkraft orientieren.

Gamsachurdia habe zugegeben, dass er am Beispiel Georgiens und Baltischen Länder sich davon überzeugt habe, wie die Anhänger des radikalen Flügels der Perestroika  im Politbüro- Jakowlew und Schewardnadse- zielgerichtet arbeiten. Wenn Jakowlew, zum Beispiel, im ZK KP Georgiens seine Vertrauenspersonen direkt kontaktiert, so gibt Schewardnadse jenen Mitgliedern der Führung der georgischen Partei Anweisungen, die konservativ oder pro Gorbatschow orientiert sind, und niemals würde er Radikale kontaktieren oder mit ihnen zusammenarbeiten. So führen sowohl Schewardnadses, als auch Jakowlew, eine gemeinsame politische Linie durch, schloss Gamsachurdia, und wirken auf die Mobilisierung von Menschen, die stark unterschiedliche Ansichten haben.

Als sich Schewardnadse 1992 entschieden hat, nach Georgien zurückzukehren, wurde er, im Allgemeinen, ist er wohl vom Groß-Teil der Bevölkerung der Republik eher freundlich empfangen worden. Aber Schewardnadse hat weder Frieden nach Georgien gebracht, noch Beruhigung der Lage. Die Konfrontation wurde fortgesetzt, es wurde eine Front nach der anderen eröffnet. Menschen oder  Personengruppen mit anderen politischen Nuancen wurden umgehend einer Verfolgung untergezogen. Seine Versprechen haben nichts Gutes für Georgien gebracht, in Georgien setzte sich die Entwicklung nach unten, in Richtung  Abgrund fort. Infolgedessen  erwies sich das  Volk in einem außerordentlich schweren, kläglichen Zustand: Hunger, Ruin, Blut, Opfer, Vertreibungen, Entführung von Frauen, Kindern und Alten und unendliche Militärkonflikte, Krieg und wieder Krieg.

Die Vertreter einer Nationalität rechneten ihre historischen Befindlichkeiten mit der anderen ab. Opfer wurden durch Handlungen der anderen Seite gerechtfertigt,  oder sogar mit höchsten nationalen Interessen motiviert.

Die Außenpolitik Georgiens war gekennzeichnet  durch Extreme, Inkonsequenz, das Fehlen jeder realen Berücksichtigung der Wirklichkeit.

Im Westen ergab sich Nichts für Schewardnadse, obwohl er doch damit rechnete, dass seine persönlichen Beziehungen helfen würden, vieles zu entscheiden. Was für eine grobe Fehlkalkulation! Welche Naivität! Für solchen Menschen gibt es keinen Platz in der großen Politik, da sie keinen  Realitätssinn haben und nicht verstehen, dass äußerst persönliche Beziehungen in der großen Politik eine unglaublich kleine Rolle spielen.

Ich erinnere mich, Schewardnadse hat seinerzeit auf meine Frage, ob Georgien ohne Russland überleben kann, geantwortet, das das natürlich geht, aber nicht mehr als zehn Tage, danach wird Georgien langsam sterben. Und nichtsdestoweniger hat Schewardnadse, obwohl er in Worten  die Situation verstand, die Sache bis zum Bruch der Beziehungen zwischen Georgien und Russland hingeführt, natürlich hat Russland darunter gelitten, allerdings im kleinerem Maße, aber das georgische Volk erlitt Elend, Hunger und  schreckliches Leid.

Das Unglück Georgiens – ist eine Folge  jener großen Not, die auf die ehemalige Sowjetunion hereingebrochen ist. Jeder kann sich fragen, warum musste der Staat zerstört werden? Warum mussten wir in verschiedenste Richtungen  auseinanderlaufen? Warum mit verantwortungslosen Erklärungen zwischennationale Konflikte, Bürgerkriege mal in einer, dann in einer anderen Region unseres Landes provozieren? Warum das Schicksal auf die Probe stellen, von jenem Weg abweichen, den  unsere Völker seit Jahrhunderten gingen vieles erreicht haben?

Die Tragödie Georgiens - die Tragödie aller Georgier, anderer Nationalitäten, die in Georgien wohnten, wird sich auch gegen  Schewardnadse als Drama wenden. Es ist seht zweifelhaft, dass  seine Tätigkeit auf dem Amt des Präsidenten positive Ergebnisse bringen wird, dafür sind die früher von ihm begangenen  Fehler viel zu schwer.

Man kann nicht sagen, dass nur die nächste politische Umgebung in Person von Jakowlew und Schewardnadse den Generalsekretär beeinflusste. Lange Zeit befand sich neben Gorbatschow noch ein Mensch, der diametral gegensätzlichen Ansichten zur Entwicklung unserer Gesellschaft vertrat- Jegor Kusmitsch Ligatschow.

In vieler Hinsicht gelang es gerade dank Ligatschow im Laufe ein bestimmten Zeit, Gorbatschow in gewissen Grenzen von unmittelbaren Abenteuern fernzuhalten, in die die " Vorarbeiter" und " Architekten" der Perestroika  das Land trieben. Dabei möchte ich sofort betonen, dass man Jegor Kusmitsch durchaus nicht für jenen muffigen Konservativen halten darf, als den er von der gehorsamen Propaganda "der Demokraten" dargestellt wurde und noch wird. Ligatschow hat in der Anfangs-Zeit die Perestroika  aktiv angenommen, er verstand die Notwendigkeit von Veränderungen, aber er trat dabei für ein ausgewogenes Herangehen an Reformen ein, ohne  Überspitzungen.

Ligatschow habe ich erst vor verhältnismäßig kurzer Zeit näher kennengelernt – als ich  zum Vorsitzenden des Komitees für Staatssicherheit ernannt wurde. Früher hörte ich von ihm als von einem prinzipienfesten Genossen, einem energischen Menschen, der an einer bestimmten Linie festhält.

Es ist nicht wahr, dass ihm Neues fremd war. Nein,  so kann man nicht sagen. Für ihn war etwas Anderes charakteristisch - er trennte sich nur mit Mühe vom alten Stil und den Methoden der Arbeit, den politischen und Wirtschafts- Formen, war gegenüber dem Neuen vorsichtig und  akzeptierte keine Abweichungen von marxistisch- leninistischer Ideologie. Er trat konsequent für den Erhalt der führenden Rolle der Partei ein, hielt aber den politischen Pluralismus, das Mehrparteien- System  für gesetzmäßig, unvermeidlich. In den Sitzungen des Politbüro des ZK trat er immer für ein abgewogenes, vorsichtiges Herangehen ein und nicht selten warnte er vor  negativen Folgen dieses oder jenes Experimentes, besonders in der Wirtschaft.

Ligatschow war ein Anhänger einer starken exekutiven Gewalt, aber widersprach, dass dem Ministerrat die Entscheidung aller kardinalen Fragen übergeben wurde. Oft entstand auf dieser Basis zwischen ihm und Ryschkow Streit, die sich eine Zeitlang  sogar auf ihre persönlichen Beziehungen auswirkten. Nur die Flexibilität Gorbatschows rettete vor offenen politischen Konflikten, besser gesagt, er umging diese wie immer.

Man muss anerkennen, dass Ligatschow über die negativen Folgen einiger Entscheidungen warnte, er riet, nichts zu überstützen, empfahl einen Weg von schrittweisen Veränderungen. Aber sein Glaube an die Wirksamkeit von Partei-Lösungen, von administrativen Kommandomethoden war groß, und hier wirkte sich seine Anhänglichkeit zur alten Praxis aus.

Angeregt durch das Streben, die Gesellschaft "zu heilen", unterstützte er die mächtige Antialkohol-  Kampagne, mit ihren groben Methoden der Realisierung. Da hatte er sich gewaltig beim Positiven geirrt.

Die Trunksucht war schon lange eine Knute - sozial, moralisch, ökonomisch. Die Gründe sind dafür vielseitig - historische Wurzeln, die sozialen Lebensumstände, einfach die Unsicherheit, das Fehlen eines subtilen Herangehens beim Kampf mit diesem Übel und anderes. Deshalb ist der Produktionsumfang der Spirituosen eher unwichtig.

Die Kampagne begann vor aller Augen, Zweifler gab es viele, die negativen Folgen wurden ziemlich genau vorhergesagt. Die Aufklärung schickte  beachtenswerte ausländischen Einschätzungen von großräumiger antialkoholischer Kampagne an die Führung. In ihnen waren sehr ernste Warnungen davor enthalten, was auf uns wartet, und der wahrscheinliche Schaden wurde ziemlich genau vorausgesagt.

Für derartige Prognosen gab es zunächst keine Aufmerksamkeit. Aber das Leben, die entstehenden Spannungen, die Unzufriedenheit unter breiten Schichten der Bevölkerung erzwangen, schrittweise zurückzurudern, langsam die Bremsen gegen die Kampagne zu ziehen.

Der Voluntarismus [20] ist auch diesmal dem Staat teuer zu stehen gekommen. Aber wurden auch Schlussfolgerungen aus dem Geschehenem gezogen? Das Leben hat es gezeigt- nein! Und solange in unserem Land kein vollkommenes Rechts- und Verwaltungssystem besteht, wird der Voluntarismus als eine reale Bedrohung, mit allen seinen negativen Folgen erhalten bleiben.

Übrigens hat man jetzt jeglichen Kampf gegen die Trunksucht eingestellt. Niemals gab es in Russland eine solches Wüten der Trunksucht, wie das gegenwärtig  zu beobachten ist. Es trinken nicht wenig Menschen, ob alt, ob jung, sie trinken alles Mögliche. Die Menschen verlieren ihre Gesundheit, ihr Lebens (nur 1993 sind wegen  Vergiftung mit schädlichen Getränken etwa 45 Tausend Menschen umgekommen!), sie beschädigen ihren Genpool, Kinder leiden. Das alles wird sich unvermeidlich in der  zukünftigen Generationen widergespiegeln.

Die Massenmedien schweigen in diesem Zusammenhang hartnäckig. Kein einziges Mal in den letzten drei Jahren gab es einen ernsthaften Versuch, sich mit der Lösung  dieses Problems zu befassen, obwohl alle verstehen, dass das unserer Gesellschaft riesigen Schaden bringt. Was ist der Grund dafür? Offenbar ist es nicht passend, sich mit dem Kampf gegen Trunksucht zu beschäftigen, wenn vor den Augen aller Russen solch ein positives Beispiel [21] bezüglich Umgang mit den Spirituosen steht. Aus Versehen könnte man jemanden der Nichtachtung einer hohen Persönlichkeit mit allen daraus ableitbaren Folgen beschuldigen. So dass es besser ist, sich nicht anzulegen, mögen sie sich doch besaufen.

Und doch ist es für jemand sehr vorteilhaft, das ist für diese Leute einfach notwendig. In erster Linie ist das gewiss vorteilhaft für solche, die kein Interesse  an einer  gesunden russischen Gesellschaft haben, daran, dass unser Volk stark, leistungsfähig, kulturvoll ist. …

Und was Ligatschow betrifft, er ist ein Mensch mit klaren Überzeugungen. Mit ihm ist es nicht kompliziert zu arbeiten, weil seine Ansichten, sein Standpunkt bekannt sind- er verbirgt sie nicht. Aber es fast unmöglich, ihn bei grundsätzlichen Fragen vom Gegenteil zu überzeugen. Er hat seine Ansichten über Menschen, und auch hier ist er unversöhnlich.

Es wäre nicht richtig zu behaupten, dass sich Ligatschow in seinen Ansichten und Überzeugungen nicht ändert, aber die Zeit überholt ihn.

Als neben Gorbatschow sowohl Jakowlew als auch Ligatschow waren, da sorgten sie für ein etwa ausbalancierten  Gleichgewicht der Ansichten, drängten Gorbatschow wohl oder übel auf einen zentristischen Weg. Aber es genügte, dass sich Ligatschow von Gorbatschows Seite entfernte, und schlagartig wurden der Einfluss und die Möglichkeiten Jakowlews übermäßig stark.

In der letzten Zeit beschäftigte sich Ligatschow im Politbüro mit der Landwirtschaft. Er verteidigte die Interessen der Entwicklung dieses Zweiges konsequent und entschlossen. Er stellte sich nicht gegen die Pacht (von Ackerland) , aber er hielt es für ein Verbrechen, die Kolchose und die Sowchose instabil  zu machen, nicht zu unterstützen, er trat für einen langsamen Weg der Evolution bei der Entwicklung verschiedener Eigentumsformen im  Dorfe ein und er trat entschlossen gegen das Privateigentum an Boden (Ackerland) auf.

Seine politische Offenheit, die Unversöhnlichkeit nach einer Reihe von Fragen wurden Zielscheibe für ständige Angriffe eines bedeutenden Teiles der " Demokraten". Der Name Ligatschow wurde typisch, wenn die Rede von " Reaktionären", "von Konservativen" war. Man versuchte, ihn zu verleumden, einen Schatten auf seine persönliche Anständigkeit zu werfen.

Die ehemaligen Ermittler der General- Staatsanwaltschaft  der UdSSR  Gdljan und Iwanow haben Ligatschow wegen Annahme von Schmiergeld in der sogenannten Baumwoll- Affäre beschuldigt. Ich kenne diese Geschichte komplett und möchte daher die vollständige Grundlosigkeit solcher Behauptungen noch einmal betonen. Im Übrigen, die offizielle Mitteilung des Generalstaatsanwalts der UdSSR wurde seinerzeit veröffentlicht, dort widergespiegelt sich die Unbewiesenheit der Erklärungen Gdljan und Iwanow, die einen Schatten auf Ligatschow werfen sollten.

Die Absurdität der verleumderischen Anschuldigungen  von Gdljan und Iwanow gegen Ligatschow wegen des angeblichen Erhalts von Schmiergeld war schon Ende 1988 ganz offensichtlich. Aus den Materialien, über die das Komitee der Staatssicherheit verfügte, folgte, dass in diesem Falle eine zielgerichtete Lügenkampagne gegen Ligatschow läuft, dass seitens und einer Reihe hinter ihnen agierender Personen ein  besonderes politisches Ziele verfolgt wird, Ligatschow zu verleumden und dann das gesamte Politbüro.  Sie wollten nicht nur Ligatschow „unterhöhlen“, sondern hatten andere Ziele, darunter sogar Gorbatschow. 

 

Das alles wusste Gorbatschow sehr genau. Als Vorsitzender des Komitees der Staatssicherheit habe ich mehrfach in den Sitzungen des Politbüro des ZK der KPdSU mehrmals darüber berichtete, dass gegen Ligatschow eine verlogene Kampagne geführt wird, dass Iwanow, Gdljan und die Personen, die hinter ihnen standen, sich das Ziel gesetzt haben, diesen Menschen zu verleumden, und dann das  ganze Politbüro zu verleumden. Dass sie sich nicht nur bis zu Ligatschow "herangraben werden", sondern ganz andere Ziele planen, sogar gegen Gorbatschow.

Entsprechend einem Material, das ins Komitee der Staatssicherheit gelangte, war sichtbar, dass Gdljan und Iwanow in der ersten Etappe im Begriff waren, wegen Schmiergeld auch Jakowlew zu verleumden. Ich habe auch dazu im Polit- Büro berichtet. Freilich, später haben Gdljan und Iwanow auf diese Absicht verzichtet und haben vereinbart, ihn nicht anzugreifen.

Wenn ich das schreibe, will ich die offenbaren politischen Ziele hervorheben, den riesigen Appetit Gdljans und Iwanows und der Personen, die hinter ihnen standen, bei der Konstruktion von Verleumdung gegen Leute, die in irgendwelchen Etappen mit irgendetwas unerwünscht waren.

Ich erinnere mich Gut an das Leiden Ligatschows. Ihm war es rein menschlich schwer, dieser Schmutz zu ertragen, aber noch mehr war es kränkend zu sehen, dass seine Partei - Genossen keinerlei Maßnahmen ergriffen, um ihm zu helfen, sich von den verleumderischen Vorwürfen zu befreien.

Ich unterhielt mich mit Gorbatschow mehrfach und sagte, dass man entschlossen einsetzen und unserem Genossen helfen muss, man muss sich auf die offiziellen Dokumente der Staatsanwaltschaft  der UdSSR berufen, aus denen die Absurdität der Anschuldigungen sichtbar ist, dass es  sich nicht um Ligatschow und anderer handelt, es handelt sich um die ganze Partei, um ihren Stab - das Zentralkomitee und das Politbüro, die gemäß der Idee bestimmter Kräfte um jeden Preis kompromittiert werden sollen , um den Weg frei zu räumen für Schläge insgesamt gegen die Partei.

Daran, dass es in Usbekistan Verstöße der Gesetzlichkeit gegeben hat, darüber braucht man keine Worte verlieren, aber dass eine ganze Republik das Objekt von Hetze gemacht wurde, zur Zielscheibe von Angriffen auf ihr Volk, auf die Erfolge, die in den Jahren der Sowjetmacht erreicht waren, auf ihre Leiter, das war ganz offensichtlich. Es handelte sich um Handlungen von Kräften, die schon zum Schlag gegen die Union insgesamt ausholten.

Ich hatte manchmal den Eindruck, dass Gorbatschow das alles nur aus einem einfachem Grund ertrug, dass die Verleumdungen ihn nicht persönlich betrafen. Und deshalb meinte er, dass die gemeinsamen Arbeit mit geschwächten Kampfgenossen für ihn bequemer sein wird, als wenn sie stark und unverletzt bleiben würden.

Die Partei und das sowjetische Volk haben sich insgesamt als weiser erwiesen. Ich bin fest überzeugt, dass weder die Partei, noch das sowjetische Volk die Verleumdungen gegen Ligatschow geglaubt haben und sich schnell in der Sache richtig  zurechtgefunden haben.

Jegor Kusmitsch vertritt auch heute die Stimmungen und Überzeugung einer großen Zahl von Personen, die an ungefähr gleichartigen Ansichten festhalten, wie auch er, die auch heute zu den Ideen stehen, in deren Geist sie erzogen wurden. Ich glaube, das ist ein Fakt, den man nicht unterschätzen darf. Auch wenn das heute  eine Art Opposition in der kommunistischen Bewegung ist. Das darf man nicht vernichten , sondern im Gegenteil beachten , Arbeit leisten, mit ihr zusammenzuwirken, (Konzepte ) verbessern, aber mit politischen Mitteln.

Heute ist keine politische Kraft vor Fehlern geschützt, wenn nicht neben ihr Oppositionskräfte wirken. Es wird eine Zeit  kommen und  die Geschichte wird alles an ihren Platz stellen. Und bislang demonstriert Ligatschow beneidenswerte kämpferische Qualitäten sowohl innerhalb des Landes, als auch während der Reisen ins Ausland.

Es existieren nicht wenige Menschen, die leicht ihre Überzeugungen wechseln, die sich von einem Extrem in andere werfen, sich leicht von der Vergangenheit trennen, obwohl sie deren aktive Teilnehmer waren. Gestern waren sie auf ihre Positionen  stolz,  sie  strebten sogar danach, noch höher hinaufzusteigen. Heute stellen sie sich als jemand dar, der früher verfolgt war, als einen ständigen Kämpfer.  Gestern rissen sie um die Auszeichnungen, heute sagen sie sich von ihnen los. Sie haben sich in große Meister verwandelt, im Strome hinzuschwimmen.

Ich kenne ein Akademiemitglied - Georgij Arkadjewitsch Arbatow, im Alltagsleben Jurij Arkadjewitsch, das jetzt versucht, seinen siebenten Chef zu finden. Ersten arbeitete er für Stalin, dann - für Chruschtschow, Breschnew, Andropow, Tschernenko, Gorbatschow, und jetzt reißt er sich um eine neue Position. Man sollte denken, dass diesmal bei ihm nichts hinauskommen wird. Im Übrigen, auf jeden Fall wäre diese Position die letzte.

Wie er doch früher beklagte, dass er anstelle des Lenin-Ordens nur den Orden des Roten Arbeitsbanners bekommen hat! Er wollte doch so sehr als Belohnung mit dem Antlitz Lenins haben, den er achtete und unbändig lobte. Und vor kurzem hat seinen Artikel gelesen, wo er Lenin unbarmherzig deckt. Also, dass, in der heutigen Welt Realitäten sind. Traurig, aber die Tatsache.

" Verdienste" nach der Zerschlagung der Union hat Arbatow unglaublich viele. Ich möchte nur auf einem von ihnen stehenbleiben.

Wie Arbatow die Streitkräfte unseres Staates, wie er die Armee verhöhnte, deren Geschichte, Traditionen, wie ihre Rolle bei der Sicherung unseres Staates herabsetzte! Nach seinen Berechnungen ergab sich, dass in der Sowjetunion die Kosten für die Armee zwei bis dreimal die Kosten für die Armee der USA übertraten. Und das, obwohl in den USA das Militärbudget 300 Milliarden Dollar beträgt, und bei uns weniger als 70 Milliarden Rubel.

Als Leiter des Instituts „ USA und Kanada“ der AdW der UdSSR war Arbatow gleichzeitig die Seele der proamerikanischen Lobby. Gromyko verstand das hervorragend und deshalb hat er in seiner Zeit als Außenministers darauf verzichtet, irgendwelche Beziehungen mit Arbatow zu unterhalten. Dazu möchte ich sagen, dass Gromyko ein scharfsinniger  und kluger Mensch war und niemals der Beziehungen der Sowjetunion mit den Vereinigten Staaten von Amerika unterschätzte. Er hielt die amerikanische Richtung unserer Außenpolitik immer für vorrangig. Aber Gromyko war Realist und verstand, dass die USA uns nie Kredite gaben und auch nicht geben werden. Er verstand, dass die führende amerikanische Elite es nicht zulassen wird, dass sich die Beziehungen zwischen den USA und der Sowjetunion auf einer  gerechten gegenseitigen Grundlage entwickeln, weil, wie diese Elite die Meinung vertrat, dass eine derartige Variante nicht den Interessen der Amerikaner entspricht und dass sie nur davon ausgeht.

Arbatow, der das alles ausgezeichnet verstand, stand trotzdem auf Positionen von ständigen, völlig ungerechtfertigten Zugeständnisse der Sowjetunion gegenüber der amerikanischen Seite,  buchstäblich in allen Fragen, besonders auf dem Gebiet der Rüstungen. Und was bedeutet es für eine solche Groß- Macht, von uns, schwache Streitkräfte  zu besitzen ? Den Amerikanern in  den Hauptparametern der Rüstungen nachzustehen  - bedeutet von vornherein, schwache politische Positionen vorherzubestimmen, und aus dieser Lage kann es dann nicht gelingen, auch nur in einer Frage einem  Vorteil für die UdSSR zu erreichen.

Ende 1993 - den Anfang ist 1994 Arbatow irgendwie verstummt, fiel zusammen. Es kam seltener vor, dass er im Fernsehen, in Massenmedien erschien. Aber er wird wiederkommen und sich beweisen. Ist bin tief davon überzeugt, dass sich sein Haltung niemals durch Patriotismus und Liebe zur Heimat ausgezeichnet hat und auch nicht ändern wird.  Und übrigens - die Heimat sei für ihn ein relativer Begriff.

Und überhaupt, um Gorbatschow tummelte sich ständig eine ganze Armee vielfältiger Ratgeber, ziemlich zufällige Leute, für die das totale Fehlen bestimmter Ideale und Prinzipien charakteristisch war, aber die die Besonderheiten des Charakters ihres Patrons ziemlich genau erfasst haben und sie in für ihre rein karrieristischen  Ziele geschickt nutzten. Ich denke nicht, dass diese Personen es verdienen, sie besonders zu erwähnen, aber sie haben in ihrer Masse einen negativen Einfluss  auf Gorbatschow ausgeübt und tragen ihren Anteil an Verantwortung für jenes Unglück, das über unser Volk hereingebrochen ist!

"Der Architekt" der Perestroika  Jakowlew,  im Übrigen gleichzeitig auch der "Vorarbeiter", liebte es sehr und setzt das auch jetzt fort, zur Buße zu rufen. Zur Buße vor allen, vor der Geschichte, vor Gott, zur Buße vor sich selbst, vor den zukünftigen Generationen für jene "Übeltaten", die im Laufe der Sowjetmacht verübt wurden. Und doch hat Jakowlew gerade in den Jahren der Sowjetmacht eine ungestüme Karriere gemacht, stieg auf zum Olymp der politischen Berühmtheit, bekam allerlei Privilegien durch die Macht, die er jetzt schmäht. Hatte die Möglichkeit, sich zu exponieren und leider auch die Möglichkeit, den Staat zu zerstören, der so viel für ihn leistete.

Die Buße, zu der Jakowlew so eifrig ruft, ist eine Verspottung des  russischen Volkes, seiner Geschichte, seiner Ehre und des Gewissen. Es gab Fehler, Überspitzung und sogar Verbrechen, aber daran ist das Volk nicht schuldig! Alles wird davon überlagert, was unser  Staat (Staatsmacht) für die Welt insgesamt geleistet hat. Allein der Sieg im Großen Vaterländischen Krieg verdient es, dass unserer Heimat auch nach  Jahrhunderten im guten Andenken bleibt, dass man sich an ihren Heroismus erinnert, den Mut, die Entbehrungen nicht nur für sich, sondern auch für andere Völker.

Die dankbaren Menschen verehren uns angemessen. Und nur wir schmähen uns und wir, gleich einigen aus der Geschichte der vergangenen Jahrhunderte, zerreißen uns die Seele und fordern für uns neue Bestrafungen. Und für was? Jemand will für das  ganze Leben dem Volk einen Stempel aufdrücken und den auch ewig zu belassen!

Ich bin überzeugt, dass die Rede nicht von Buße soll sollte, sondern davon, eine echte  Bewertung dessen zu geben, was mit unserem Staat geschehen ist. Eine  Einschätzung der Taten von dieser oder jener Person zu geben, und denen Achtung zuteilwerden lassen, die in diesen schwierigen Zeiten patriotische Positionen vertraten und  standgehalten haben. Und zugleich eine objektive Einschätzung für jene zu geben, welche die Macht schmähte, sie zerstörten, damit danach die jetzige und zukünftig Generationen an der Wiederherstellung des Zerstörten arbeiteten, neue Ströme von Blut und Schweiß vergießen und dabei ihre Vorgänger für deren Untaten an der  Heimat verdammen.

Die zerstörte Sowjetunion wird ihre Sicherheit nicht gewährleisten. Ich will ganz und gar nicht weder nach links oder rechts über die Verantwortung der Personen richten, dass in diesem oder jenem Maße an der Zerstörung unserer Großmacht  beteiligt waren. Aber wenn wir uns nicht objektiv damit auseinandersetzen, was mit uns geschehen ist, wenn wir nicht einerseits unsere Fehler und Überspitzungen erkennen  und andererseits die gezielte Tätigkeit der verbrecherischen Personen nicht benennen, so wird unser Weg in die Zukunft kompliziert und, was die Hauptsache ist, nicht schön [22]. Wir werden wieder herumirren und früher oder später werden wir Zickzack- Kurven fahren, die sich wieder als  Unglück  für unseren Staat erweisen werden.

Die Zahl der "Architekten" und "Vorarbeiter" der Perestroika  ist nicht so zahlreich. Es sind sehr viel mehr Menschen, die sich irrten, die Fehler wegen Unwissenheit begingen, die irritiert waren. Die Menschen sind schuldlos, aber sie sollen die Wahrheit wissen, damit in der Zukunft weder sie, noch ihre Kinder neuen Versuchungen unterliegen und schon nicht mehr Lügen, Betrug, unethischen Vorhaben und Aktionen auf den Leim gehen.

***

 


Nachtrag :

 

In Wikipedia.ru kann man heute Fakten lesen, die das wahre Gesicht von Jakowlew (und Gorbatschow) offenbaren, sie geben Antwort auf die im Buch „Personalakte“ von Krjutschkow dargestellte Überzeugung, dass die Wahrheit über Jakowlew früher oder später ans Licht kommt. Diese Antwort gab Jakowlew selbst, mit seinem  Eingeständnis 2003!

Ob er allerdings auch bis zu seinem Tode (2005) seine letzte Maske gelüftet hat, die er seit seinem Aufenthalt an der Kolumbia- Universität als CIA- Agent der höchsten Kategorie trug, wurde wohl bislang nicht öffentlich.

 

Dieses persönliche Eingeständnis zeigt, wie wichtig dieses Buch für unser Geschichtsverständis ist und es zeigt einen wesentlichen Teil der Mechanismen zur gezielten Demontage des sozialistischen Gesellschaftssystems auf, in der UdSSR und in ganz Osteuropa! Nicht von ungefähr sind in russischsprachigen Artikeln auch heute noch Verweise darauf zu finden, dass bereits nach den Ereignissen um den Prager Frühling in Sicherheitskreisen deutliche Warnungen vor der Unterwanderung der sozialistischen Ordnung auf höchstem Führungsniveau bekannt waren!

Wenn man also den Bogen noch weiter spannt, hin bis zur bekannten ablehnenden  Haltung des Politbüro der SED und von Honecker persönlich gegen „Glasnost“ und „Perestroika“, sowie die Gorbatschow- Manie in der DDR, die nicht unwesentlich ein Produkt der westlichen Propaganda war, so zeigt ein Blick zurück (mit einem durchaus wütendem Gefühl), dass es leider nur relativ wenige Leute letztlich gelungen ist, die Schwächen eines überholten Führungsmechanismus eines Weltreiches und einer erstarrten dogmatischen Ideologie gnadenlos auszunutzen!

 

W. Krjutschkow stellte in seinem Buch viele Details dar, die nur Millimeter vor naheliegenden personellen Konsequenzen lagen, wo aber letztlich blinde „proletarische“ Partei-Disziplin und ein gewisses Maß an persönlicher Inkonsequenz und Scheu, in größeren Zusammenhängen zu denken, verhinderte , dass das System des realen Sozialismus eine echte ERNEUERUNG erfahren konnte.

 

Der verzweifelte Versuch im August 1991, politische Provokateure und Disidenten aus der Staatsführung auszuschalten, kam Jahre zu spät. Er war vor allem ohne echets Programm einer echten Erneuerung.   

­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­­___________________________________________________________________ 

Jakowlew Alexander Nikolajewitsch

Jakwlew wurde am 02.12.1923 im Dorf Koroljowo – im Gubernement Jaroslaw in einer Bauernfamilie geboren.  Er starb am 18.10.2005 in Moskau

Zitate aus WIKIPEDIA .ru): Über Gorbatschow (Zitat Jakowlew )

Gorbatschow konnte in Worten versinken, diese sachkundig wählen, zu jedem Thema. Das konnte er virtuos. Aber nach einem Gespräch konnte man sich nicht an dessen Inhalt erinnern. Gerade das ist bei internationalen Verhandlungen von Wert.  Hinter einer Hecke von Worten versteckte er geschickt seine Gedanken und Absichten. Es war unmöglich, zu seinem Inneren vorzudringen. Manchmal hatte ich den Eindruck, dass er sich selbst scheut, in sein Inneres zu blicken, dass er Angst hatte, dort etwas über sich zu entdecken, was er noch nicht kennt und auch nicht kennenlernen möchte.

(Bild : Jakowlew, Gorbatschow  und J.Busch, das bewußte Treffen in Malta 1989, auf dem  u.a. Absprachen zum „Verkauf“ der DDR getroffen wurden und dessen wahren Inhalt Gorbatschow abstritt )

Über die Perestroika

Kritiker führen verschiedene negative Bewertungen zu Jakowlew ins Feld,  Vorwürfe über dessen Verrat an der «sowjetischen Heimat», gezielter Schwächung und Zerstörung der Sowjetordnung und der KPdSU. . Der frühere Vorsitzende des KGB der UdSSR Wladimir Krjutschkow  (Владимир Крючков) beschreibt das  in seinem Buch „Personalakte“ (1994) ausführlich…

Als Antwort zum Vorwurf des Antipatriotismus sagte Jakowlew u.a. in einem Interview mit der «Nowye Iswestija» vom 08.04.2004 unter der Überschrift  «Über Heimatliebe ist es nicht nötig zu schreien»: «Patriotismus braucht keinen Lärm. Das ist, wenn sie so wollen, eine Intimangelegenheit eines jeden. Sein Land zu lieben – das heisst dessen Schwächen zu erkennen und zu versuchen, die Gesellschaft zu überzeugen, dass man nicht tun sollte, was man nicht tun darf ».

Jakowlew selbst hat die Periode 1985—1991 als gesellschaftliche Umwandlungen (Transformation) definiert, die die Befreiung der gesellschaftlichen Kräfte für ein neues historisches Schöpfertum zum Ziele hat. 

Im Jahre  2001 gab Jakowlew zu, als er sich an seine Tätigkeit rückerinnerte  und einräumte: «In der ersten Phase der Perestroika mussten wir oft lügen, scheinheilig tun, gerissen sein - einen anderen Weg gab es nicht. Wir mussten, darin besteht ja die Spezifik der Perestroika (der Umgestaltung) eines totalitären Staatswesens, die totalitäre kommunistische Partei zerstören (deren Macht brechen)»[28].

Im Vorwort zum Sammelband „Schwarzbuch des Kommunismus“ (russisch) sagte Jakowlew über diese Phase:

…ich habe die Arbeiten von Marx, Engels, Lenin und Stalin, von Mao und anderen „Klassikern“ des Marxismus viel und tiefgründig studiert, der Begründer einer neuen Religion- einer Religion des Hasses, der Vergeltung und des Atheismus. <…> Vor sehr langer Zeit, vor mehr als 40 Jahren, habe ich verstanden, dass der Marxismus-Leninismus keine Wissenschaft, sondern Publizistik ist- menschenverachtend <…>. Da ich in den höchsten „Umlaufbahnen“ des Systems lebte und arbeitete, darunter auch auf der allerhöchsten – im Politbüro des ZK der KPdSU unter Gorbatschow - konnte ich gut verstehen, dass alle diese Theorien und Pläne – ein Hirngespinst sind und dass das Wichtigste, worauf das System basierte, der Apparat der Nomenklatura ist, die Kader, die Menschen, die Funktionäre. Funktionäre gab es verschiedene: sachkundige, dumme, einfach Idioten. Aber alle waren Zyniker. Alle, bis zum allerletzten, meine Person eingeschlossen.  Öffentlich beteten sie falsche Idole an, dieses Ritual war heilig, aber ihre wahren Überzeugungen behielten sie für sich.

Nach dem XX. Parteitag haben wir oft im allerkleinsten Kreise von Gleichgesinnten die Probleme der Demokratisierung des Landes und der Gesellschaft erörtert. Wir wählten eine einfache Methode der Propaganda, wie einen Vorschlaghammer, die „Ideen“ von Lenin in seiner letzten Phase.  <…> Eine Gruppe von wahrhaftigen, und nicht von scheinbaren Reformatoren erarbeitete, natürlich nur mündlich, folgenden Plan: die Autorität Lenins benutzen und Schläge gegen Stalin führen, gegen den Stalinismus.  Danach, wenn das erfolgreich war, mit Plechanow und der Sozialdemokratie Schläge gegen Lenin, mit Liberalismus und einem « ethischen Sozialismus» und gegen das Revolutions – Gehabe überhaupt.   . <…>

Das sowjetische totalitäre Regime konnte man nur mittels Glasnost (Öffentlichkeit) und der totalitären Disziplin der Partei zerstören, wobei man sich immer mit seinen Interessen zur Vervollkommnung des Sozialismus maskieren musste.  <…> Rückblickend kann ich mit Stolz sagen, dass diese gerissene, aber äußerst einfache Taktik, die Mechanismen des Totalitarismus gegen das System des Totalitarismus einzusetzen, funktioniert hat.

A.  Jakowlew ist der Ansicht, dass er einer der Ersten war, der „Perestroika“  und „Demokratisierung“ der UdSSR vorschlug: 2003 sagte er, dass er bereits 1985 Gorbatschow einen Plan von Veränderungen im Lande unterbreitete, der auf die Zerstörung des Sowjetsystems abzielte, dass jedoch Gorbatschow antwortete _ „noch zu zeitig“ («пока рано»). Nach Jakowlews Meinung dachte Gorbatschow damals noch nicht, dass es Zeit sei, dem sowjetischen Gesellschaftssystem ein Ende zu machen! ».[29]  Jakowlew sagte auch, dass er starken Widerstand eines Teils des Parteiapparates überwinden musste und zum Nutzen der Sache es erforderlich war, auch zurückzuweichen und listig zu täuschen. «Ich selbst bin sündig und habe  oft mit List getäuscht. »

Ich sprach von «Erneuerung des Sozialismus», aber ich wusste genau, wohin die Sache läuft.

 

 

 



[1] In der UdSSR gab es verschiedene Politikperioden inBezug auf die privaten Nebenwirtschaften der Bauern. Während unter Chruschtschow diese eher als schädlich  für die Versorgung des Landes behandelt wurden, gab es Perioden , wo die Bauern aus ihrer privaten Arbeit  viele Vorzüge genossen

[2] Diese Zeilen wurden von Krjutschkow offenbar ca. 1995 geschrieben. Heute, 2016 ist allen objektiven Analytikern der Geschichte des Zusammenbruchs der UdSSR im Innland (RF) und in der Welt klar, dass Gorbatschow letztlich ein Werkzeug in den Händen des mächtigen CIA –Apparates wurde. Die Handschrift vieler „Umgestaltungen“ für die USA- Mächtigen unliebsamer Staatsordnungen zeigt eine deutliche Übereinstimmung, wobei im „Osten“ vor allem Ignoranz und  Fehler der Führung geschickt für Manipulationen die Volksmassen genutzt werden .

[3] Im Original: „Низменность -gemein, unehrlich

[4] Diese Bemerkungen Krjutschkows beziehen sich zeitlich wohl ausdrücklich auf die Amtszeit sowohl Gorbatschows , als auch auf seine als KGB – Chef. Es dürfte dagegen allgemein bekannt sein, dass die Ergebnisse der sowjetischen wi-te Aufklärung zweifelsohne eine wichtige Quelle und ein Unterstützungsfaktor  der Technik- Politik waren. Das Hauptproblem der breiteren Nutzung waren wohl eher die strikten Normen des Quellensschutzes des KGB und die Isolation einzelner Bereiche gegeneinander , die ein komplexes Handeln , wie etwa in der Mikroelektronik- Technologie notig, sehr erschwerten.

[5] Sowjets – das sind die staatlichen Verwaltungen , ein „Baum“  vom Zentrum , über die Gebiete bis ins Dorf, deren Funktion traditionell als exekutives Organ der Parteivorgaben bestand

[6] Ein ehemaliger DDR- Bürger wird sich erinnern, mit welcher hochgradigen wirtschaftspolitischen Inkompetenz und Ignoranz  die Herrscher im Politbüro das Thema der realen Preise auch in der DDR (Grundnahrungsmittel, Kinderbekleidung, Mieten usw.) regelrecht vergewaltigten und damit gewaltigen Schaden und Deformation der Ökonomie verursachten. Entsprechende  Diskussionen gab es in der DDR ebenfalls schon spätestens seit Mitte der 80-er Jahre.

[7] Eine analoge Rolle spielte in der DDR offenbar der Chef der Plankommission Gerhard Schürer. Seine Ausarbeitungen wurden von den alten Herren nicht verstanden, wohl aber nach 1990 von den neuen Herren als ein wichtiger Beweis genutzt, dass die DDR- Wirtschaft keinerlei Wert hat!

[8] NÖP –Neue Ökonomische Politik : wurde nach Ende des Bürgerkrieges noch unter Lenin zum Zwecke der Nutzung der Wirtschafts-Kraft des  Mittelstandes und des Klein-Unternehmertums  zur Überwindung der katastrophalen Folgen des Krieges für die Menschen praktiziert; sie wurde unter Stalin zu einer Gefahr für die sozialistische Entwicklung hochstilisiert.

[9] KGB -Komitee für Staatssicherheit

[10] „bester Deutscher“ so wurde Gorbatschow Ende der 80er Jahre in der BRD und der DDR (!) hofiert, während er der Sowjetunion von vielen Menschen mit großer Verachtung als Verräter tituliert wurde. In Kreisen des Bundeskanzlers hat man offenbar die Figur Gorbatschows genau genutzt, damit dieser die Interessen der UdSSR gegen politische Ziele des Westens und für persönlichen Reichtum tauschte. In der DDR wurden in seiner Person, für sehr viele Menschen oftmals unbewusst, „Glasnost und Perestroika“ zu Argumenten zur Umgestaltung des Sozialismus gemacht. Es waren noch die Losungen von der führenden Rolle der UdSSR allgegenwärtig.   

[11] „Vorarbeiter“ – typisch russische mittlere Position am Bau – etwa „Brigadier“

[12] siehe hierzu auch interessante Hinweise von Teilnehmern einer Sicherheits-Konferenz 1976 in Havanna – siehe  „ZusammenbruchUdSSR_SchweigenKrjutschkows_de.html“

[13] zu O. Kalugin siehe Wikipedia  (Oleg Kalugin is a former KGB general . He was a longtime head of KGB operations in the United States and later a critic of the agency ;  stripped of his rank and awards by a Russian Court decision in 2002.

[14] „für den Westen nutzbringende“ 

[15] Hier spricht der Autor indirekt den geheimen , damals immer noch gültigen Befehl aus den 30-er Jahren an, der dem KGB verbot, gegen hohe Parteifunktionäre (+ Staatsfunktioäre-?) Ermittlungen zu führen und Akten anzulegen (!);  siehe auch …. 

[16] Das  Staatskomitee zur  Außerordentlichen Lage (ГКЧП) war gem. „Wikipedia.ru“ ein selbsternanntes Staatsorgan in der UdSSR, welches vom 18. -21.8.1991 bestand.  Es wurde von hochrangigen Staatsfunktionären und Beamten der Sowjetregierung  gebildet, die gegen die Reform- Politik der Perestroika Gorbatschows  und dessen Pläne zur Umbildung der UdSSR in einen „Bund unabhängiger Staaten“ auftraten.  Kopf dieses Komitees war Krjutschkow.  Im April 1993 begann in Moskau ein Gerichtsprozess, am 23.02.1994 wurden die in Sachen GKTchP  Verurteilten von der DUMA  amnestiert.

[17] Gori- Geburtsort Stalins

[18] Die Erkenntnis, dass das Schicksal der Staaten Osteuropas, vorrangig auch der DDR , letztlich in unmittelbarer und direkter Form abhängig war von der Existenz einer wirtschaftlichen und politischen Staatengemeinschaft mit der UdSSR als deren Kern , wird in den einschlägigen Geschichts-Betrachtungen vieler deutscher „Historiker“ einfach ausgeblendet. Deren Argumentation, dass die Ursachen des Zusammenbruchs der DDR im Versagen der DDR- Führung und deren Wirtschaftssystem lagen, ist eine ausgeklügelte Methode, den Verrat von Gorbatschow und seiner Hintermänner , incl. des „Wirkens der CIA“  in der UdSSR, aus der „Einheitsdebatte“ herauszuhalten. Die Wahrheit über Gorbatschow würde doch den Mythos Kohl als „Vater der Einheit“ arg infrage stellen. 

[19]  offenbar der erste Präsident Geogiens (1991—1992) ( Гамсахурдия, Звиад Константинович 1939—1993) 

[20] Vorrang des Willens  – meist in Abgrenzung zum Verstand.

[21] Der Leser wird sich an die extreme Alkoholsucht des damals ersten Mannes in Russland erinnern

[22] Светлый путь - eine weitverbreitete russische Redewendung – etwa „Weg in eine helle, frohe….  unbeschwerte Zukunft..“