Seite: Home-Site / Bücherregal / UdSSR&Stalinismus/ Dr. Sorge Report Auszüge
Vorwort : Vor vierzig Jahren starb Dr. Richard Sorge im japanischen Kerker unter der Hand des Henkers. Wie müssen ihn seine Feinde gehaßt haben, daß sie die Morgenstunden des 7. November 1944, des 27. Jahrestages der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, als Zeitpunkt der Hinrichtung bestimmten. Sie wollten dem Internationalisten und Kundschafter die Sterbestunde schwer machen. Zwanzig Jahre später, am 5. November 1964, wurde ihm durch Erlaß des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR postum der Titel Held der Sowjetunion verliehen. Als Richard Sorge von den japanischen Militaristen gemartert und ermordet wurde, stürmten die sowjetischen Armeen von der Wolga über die Weichsel bis nach Deutschland und brachten den Völkern Europas die Freiheit. Zu diesem Sieg von welthistorischer Bedeutung, dessen 40. Jahrestag wir 1985 begehen, trugen die kommunistischen Kämpfer an der lautlosen Front bei. Ihr Heldentum ist wie das der Soldaten auf den Schlachtfeldern unsterblich und unvergänglich. Richard Sorge, der vor 40 Jahren starb und dessen Geburtstag sich am 4. Oktober 1985 zum 90. Male jährt, hat als Internationalist und unerschütterlicher Verteidiger des Sozialismus auch für die Errichtung der politischen Macht der Arbeiterklasse, für den ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden gewirkt. Wenn der Militärverlag der DDR jetzt ein neues Buch über Dr. Sorge vorlegt, geht es also um mehr als historische Reminiszenzen, um mehr als das Abstatten einer Dankespflicht. Mit Richard Sorge ehren wir in unserer Deutschen Demokratischen Republik den standhaften Kommunisten, glühenden Internationalisten, den selbstlosen Kämpfer für den ersten sozialistischen Staat, den überzeugten Verfechter seiner marxistischen Weltanschauung, aber auch den durch eigene Erfahrung im Kampf gewachsenen Gegner des imperialistischen Krieges und den klugen Wissenschaftler und Journalisten. Seit Erscheinen der ersten Publikationen über diesen großartigen Menschen ist er zum Vorbild von Generationen geworden. Sozialistische Brigaden, Schulen und Kampfkollektive der Streitkräfte fühlen sich seinem Kampf verpflichtet und tragen seinen Namen. Richard Sorge gehörte zu der Generation, die durch das Feuer des ersten Weltkrieges ging, bittere Erfahrungen sammelte, die besonders nachhaltig wirkten, weil sie mit dem Blut gefallener Kameraden und eigenen Schmerzen verbunden waren. Sein Schicksal glich in jenen Jahren dem von Ludwig Renn, Hans Kahle, Ernst Schneller und vielen anderen. Sie haßten nicht nur den imperialistischen Krieg und die Kreise, die für das Völkermorden verantwortlich waren, sie wandten sich auch gegen die rechten sozialdemokratischen Führer, die sich durch ihre Burgfriedenspolitik mitschuldig gemacht hatten. Sie schlugen sich auf die Seite der revolutionären Arbeiter und verfochten deren Sache. Sie widmeten dem Kampf der Arbeiterbewegung ihr ganzes Leben, und viele gaben es auch in diesem Kampf. Prinzipienfestigkeit und Kühnheit, Mut und Initiative, Treue und Siegeszuversicht sind Charakterstärken dieser Kommunisten, die auch Richard Sorge auszeichneten. Junge Menschen von heute, die sich beim Aufbau und beim Schutz des sozialistischen Vaterlandes bewähren, schöpfen Kraft und Zuversicht aus dem Leben dieser Vorbilder. Genosse Sorge hat uns vorgelebt und als Vermächtnis hinterlassen: Man kann kein Kommunist, kein aufrechter Patriot seiner Heimat sein, ohne die Sowjetunion, das Land Lenins, zu lieben und bedingungslos mit ganzer Kraft an seiner Seite gegen den Imperialismus, für den Sozialismus, für den Frieden und die Menschheit zu kämpfen. Für Richard Sorge gab es in seiner Haltung zur Sowjetunion keine Zweifel und kein Schwanken. Er war sich gewiß, für die gerechteste Sache zu kämpfen und zu den Sieern der Geschichte zu gehören. Viele Kundschafter haben im Kampf an der geheimen Front Großes geleistet. Ihre Informationen haben während des Großen Vaterländischen Krieges dazu beigetragen, daß die sowjetische Führung ihre Entschlüsse auf gesicherten Angaben aufbauen konnte. An dieser Front kämpften Kommunisten vieler Länder, aber auch Antifaschisten, die aus bürgerlichen Kreisen stammten. Manch Kundschafter hat den Triumph der Völker über die faschistisch-militaristische Staatengruppe nicht mehr erlebt, er ist an der lautlosen Front gefallen. Jahre nach dem Sieg haben einige Zeit und Kraft gefunden, ihre Erinnerungen niederzuschreiben und damit auch das Vermächtnis der Gefallenen zu bewahren. Hier seien nur Ruth Werner, Sändor Radö, Iwan Winarow und Kim Philby genannt. In einleitenden Bemerkungen zu seinen Memoiren, die unter dem Titel «Kämpfer der lautlosen Front» erschienen sind, macht der spätere General der bulgarischen Volksarmee Iwan Winarow darauf aufmerksam, daß auch die Niederschrift seiner Erinnerungen eine ernste Aufgabe war. «Dazu ist der Stoff, der leicht zur Sensation werden kann, zu <heiß>, wie man sagt. Viele Seiten der Tätigkeit eines Kundschafters bleiben immer geheim, gleichgültig, wieviel Zeit inzwischen ins Land gegangen ist.» Der Verlag ist dem Autor zu besonderem Dank verpflichtet, daß er sich Jahre nach dem Erscheinen der ersten Arbeit über Dr. Richard Sorge noch einmal des großen Themas angenommen hat. Mit der Sorgfalt und der Verantwortung des Wissenschaftlers, aber auch mit der polemischen Klinge des Journalisten ist er neuen Materialien gefolgt, hat er inzwischen erschienene Arbeiten und Hinweise von Kampfgefährten, Zeitgenossen und Bekannten Richard Sorges ausgewertet. Im Ergebnis dieser Forschungen kann er ein neues Werk vorlegen, das vielen Lesern ein blutvolles Bild dieses Kundschafters vermittelt und selbst denen, die sich intensiv mit dessen Leben befaßt haben, neue Seiten aufschlägt.
Berlin 1984 Militärverlag der DDR
Auszüge aus Funk- Mitteilungen an die Moskauer Zentrale :
Ø 2. Mai 1941, Japan «Hiller beabsichtigt ernsthaft, gegen die UdSSR Krieg zu führen und sie zu zerschlagen, um den europäischen Teil der Sowjetunion als Rohstoff-und Getreidebasis zu nutzen. Kritische Termine für den möglichen Kriegsbeginn: a)Abschluß der Zerschlagung Jugoslawiens b)Abschluß der Aussaat c)Abschluß der Verhandlungen zwischen Deutschland und der Türkei. Die Entscheidung über den Kriegsbeginn wird von Hitler im Mai getroffen werden...»
Ø Mai 1941, Japan «Eine Anzahl deutscher Vertreter kehrt nach Berlin zurück. Sie nehmen an, daß der Krieg gegen die Sowjetunion Ende Mai beginnt.»
Ø 15. Mai 1941, Japan «Der Überfall Deutschlands wird am 20 . bis bis 22. Juni erfolgen.»
Ø 21. Mai 1941, Japan «Deutschland hat 9 Armeen, bestehend aus 150 Divisionen, gegen die UdSSR konzentriert.»
Ø I .Juni 1941, Japan «Von seiten der Deutschen sind Flanken- und Umgehungsmanöver sowie Versuche, einzelne Verbände einzukesseln und zu isolieren, zu erwarten.»
Ø 15.Juni 1941, Japan «Der Überfall wird am 22. Juni in aller Frühe auf breiter Front erfolgen.»
Ø 1941, Japan «Ich habe Euch schon mitgeteilt, daß ich, solange der europäische Krieg weitergeht, auf dem Posten bleibe ... Inzwischen bin ich schon 45 Jahre alt geworden, davon elf bei dieser Arbeit. Ich muß schon seßhaft werden, mit meinem Nomadenleben Schluß machen und die riesigen Erfahrungen, die ich gesammelt habe, auswerten. Ich bitte Euch, nicht zu vergessen, daß ich hier ständig lebe und zum Unterschied von anderen <anständigen> Ausländern nicht alle drei, vier Jahre auf Urlaub fahre. Das kann verdächtig erscheinen. Wir verbleiben, allerdings mit etwas geschwächter Gesundheit, aber nichtsdestoweniger immer Eure treuen Genossen und Mitarbeiter.»
Ø 12. August 1941, Japan «Die Deutschen üben ständigen Druck auf Japan aus und verlangen dessen Eintritt in den Krieg. Die Tatsache, daß die Deutschen Moskau nicht bis zum vergangenen Sonntag erobert haben, wie sie es den höchsten japanischen Kreisen versprachen, hat den Enthusiasmus der Japaner gedämpft.»
Ø 14. September 1941, Japan «Die japanische Regierung hat beschlossen, nicht gegen die UdSSR loszuschlagen. Die Streitkräfte werden jedoch in der Mandschurei belassen. Kampfhandlungen können im kommenden Frühjahr beginnen, falls die UdSSR eine Niederlage erleidet.»
Ø Ende September 1941, Japan
«Der sowjetische Ferne Osten ist vor einem Überfall Japans sicher.»
Ø 4. Oktober 1941, Japan «... Es wird in diesem Jahr keinen Krieg (Japans gegen die UdSSR - J. M.) geben.»
Ø Oktober 1941, Japan «... Auftrag in Japan erfüllt. Krieg konnte vermieden werden, Holen Sie uns nach Moskau, oder schicken Sie uns nach Deutschland... Ramsay.» Nach seiner Verhaftung (Auszüge):
Im Verlauf der Untersuchungen legte Dr. Sorge folgendes schriftlich nieder: «Die russische Revolution wies mir den Weg zur internationalen Arbeiterbewegung. Ich beschloss, sie nicht nur theoretisch und ideologisch zu unterstützen, sondern auch selbst ein aktiver Teilnehmer dieser Bewegung zu werden. Von nun an ging ich, selbst wenn es Beschlüsse zu persönlichen Fragen waren, die ich zu fassen hatte, nur von dieser Zielsetzung aus. Und heute, wo ich Zeuge des zweiten Weltkrieges geworden bin, der nun schon das dritte Jahr andauert, besonders aber des deutsch- sowjetischen Krieges, bin ich noch mehr davon überzeugt, daß die Wahl, die ich vor fünfundzwanzig Jahren getroffen habe, richtig war. Ich sage das angesichts alles dessen, was mir in diesen fünfundzwanzig Jahren zugestoßen ist.»126 Dann entkräftete Sorge die japanischen Spionagevorwürfe. Aus den Prozessakten gab eine japanische Zeitschrift später den Standpunkt Dr. Richard Sorges wieder.
Aus «Rekishigaku Kenkyu Nr. 275 4/1963» zu deutsch:
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