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Julius Mader

Dr.-  SORGE- REPORT

Ein Dokumentarbericht über Kundschafter des Friedens mit ausgewählten Artikeln von Richard Sorge

Auszüge

 

Dieses Buch ist einer internationalen Gruppe heldenhafter Kundschafter gewidmet, die vor und während des zweiten Weltkrieges in Japan gegen die deutsch-japani­schen Kriegsbrandstifter kämpften. In den Jahren 1942 bis 1945 ließen japanische Imperialisten und Militaristen folgende Mitglieder der Gruppe «Ramsay» erdrosseln, zu Tode foltern oder im Kerker verhungern:

den Helden der Sowjetunion Dr. RICHARD SORGE

den jugoslawischen Kommunisten BRANKO VUKELIC

sowie die japanischen Patrioten Dr. HOZUMI OZAKI, YOTOKU MIYAGI, SHIGE MIZUNO, YOSHIO KAWAMURA, SUMIO FUNAKOSHI und TOMO KITABAYASHI.

Ihr Kampf für den Frieden und für das Glück der Völker ist uns Beispiel und Verpflichtung


 

Vorwort :

Vor vierzig Jahren starb Dr. Richard Sorge im japanischen Kerker unter der Hand des Henkers. Wie müssen ihn seine Feinde gehaßt haben, daß sie die Morgenstunden des 7. November 1944, des 27. Jahrestages der Großen Sozialistischen Oktoberrevolution, als Zeitpunkt der Hinrichtung bestimmten. Sie wollten dem Internationalisten und Kundschafter die Sterbestunde schwer ma­chen. Zwanzig Jahre später, am 5. Novem­ber 1964, wurde ihm durch Erlaß des Präsi­diums des Obersten Sowjets der UdSSR postum der Titel Held der Sowjetunion verliehen. Als Richard Sorge von den japani­schen Militaristen gemartert und ermordet wurde, stürmten die sowjetischen Armeen von der Wolga über die Weichsel bis nach Deutschland und brachten den Völkern Eu­ropas die Freiheit. Zu diesem Sieg von welt­historischer Bedeutung, dessen 40. Jahres­tag wir 1985 begehen, trugen die kommunistischen Kämpfer an der lautlosen Front bei. Ihr Heldentum ist wie das der Soldaten auf den Schlachtfeldern unsterblich und unvergänglich. Richard Sorge, der vor 40 Jahren starb und dessen Geburts­tag sich am 4. Oktober 1985 zum 90. Male jährt, hat als Internationalist und uner­schütterlicher Verteidiger des Sozialismus auch für die Errichtung der politischen Macht der Arbeiterklasse, für den ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden gewirkt.

Wenn der Militärverlag der DDR jetzt ein neues Buch über Dr. Sorge vorlegt, geht es also um mehr als historische Reminiszenzen, um mehr als das Abstatten einer Dankespflicht.

Mit Richard Sorge ehren wir in unserer Deutschen Demokratischen Republik den standhaften Kommunisten, glühenden In­ternationalisten, den selbstlosen Kämpfer für den ersten sozialistischen Staat, den überzeugten Verfechter seiner marxistischen Weltanschauung, aber auch den durch ei­gene Erfahrung im Kampf gewachsenen Gegner des imperialistischen Krieges und den klugen Wissenschaftler und Journali­sten. Seit Erscheinen der ersten Publikationen über diesen großartigen Menschen ist er zum Vorbild von Generationen gewor­den. Sozialistische Brigaden, Schulen und Kampfkollektive der Streitkräfte fühlen sich seinem Kampf verpflichtet und tragen seinen Namen.

Richard Sorge gehörte zu der Generation, die durch das Feuer des ersten Weltkrieges ging, bittere Erfahrungen sammelte, die besonders nachhaltig wirkten, weil sie mit dem Blut gefallener Kameraden und eige­nen Schmerzen verbunden waren. Sein Schicksal glich in jenen Jahren dem von Ludwig Renn, Hans Kahle, Ernst Schneller und vielen anderen. Sie haßten nicht nur den imperialistischen Krieg und die Kreise, die für das Völkermorden verantwortlich waren, sie wandten sich auch gegen die rechten sozialdemokratischen Führer, die sich durch ihre Burgfriedenspolitik mit­schuldig gemacht hatten. Sie schlugen sich auf die Seite der revolutionären Arbeiter und verfochten deren Sache. Sie widmeten dem Kampf der Arbeiterbewegung ihr gan­zes Leben, und viele gaben es auch in die­sem Kampf. Prinzipienfestigkeit und Kühn­heit, Mut und Initiative, Treue und Siegeszuversicht sind Charakterstärken dieser Kommunisten, die auch Richard Sorge aus­zeichneten. Junge Menschen von heute, die sich beim Aufbau und beim Schutz des sozialistischen Vaterlandes bewähren, schöp­fen Kraft und Zuversicht aus dem Leben dieser Vorbilder.

Genosse Sorge hat uns vorgelebt und als Vermächtnis hinterlassen: Man kann kein Kommunist, kein aufrechter Patriot seiner Heimat sein, ohne die Sowjetunion, das Land Lenins, zu lieben und bedingungslos mit ganzer Kraft an seiner Seite gegen den Imperialismus, für den Sozialismus, für den Frieden und die Menschheit zu kämpfen. Für Richard Sorge gab es in seiner Haltung zur Sowjetunion keine Zweifel und kein Schwanken. Er war sich gewiß, für die gerechteste Sache zu kämpfen und zu den Sie­ern der Geschichte zu gehören.

Viele Kundschafter haben im Kampf an der geheimen Front Großes geleistet. Ihre Informationen haben während des Großen Vaterländischen Krieges dazu beigetragen, daß die sowjetische Führung ihre Entschlüsse auf gesicherten Angaben aufbauen konnte. An dieser Front kämpften Kommu­nisten vieler Länder, aber auch Antifaschisten, die aus bürgerlichen Kreisen stamm­ten. Manch Kundschafter hat den Triumph der Völker über die faschistisch-militaristi­sche Staatengruppe nicht mehr erlebt, er ist an der lautlosen Front gefallen. Jahre nach dem Sieg haben einige Zeit und Kraft gefunden, ihre Erinnerungen niederzuschreiben und damit auch das Vermächtnis der Gefallenen zu bewahren. Hier seien nur Ruth Werner, Sändor Radö, Iwan Winarow und Kim Philby genannt.

In einleitenden Bemerkungen zu seinen Memoiren, die unter dem Titel «Kämpfer der lautlosen Front» erschienen sind, macht der spätere General der bulgarischen Volks­armee Iwan Winarow darauf aufmerksam, daß auch die Niederschrift seiner Erinne­rungen eine ernste Aufgabe war. «Dazu ist der Stoff, der leicht zur Sensation werden kann, zu <heiß>, wie man sagt. Viele Seiten der Tätigkeit eines Kundschafters bleiben immer geheim, gleichgültig, wieviel Zeit in­zwischen ins Land gegangen ist.»

Der Verlag ist dem Autor zu besonderem Dank verpflichtet, daß er sich Jahre nach dem Erscheinen der ersten Arbeit über Dr. Richard Sorge noch einmal des großen Themas angenommen hat. Mit der Sorgfalt und der Verantwortung des Wissenschaft­lers, aber auch mit der polemischen Klinge des Journalisten ist er neuen Materialien ge­folgt, hat er inzwischen erschienene Arbei­ten und Hinweise von Kampfgefährten, Zeitgenossen und Bekannten Richard Sorges ausgewertet. Im Ergebnis dieser For­schungen kann er ein neues Werk vorlegen, das vielen Lesern ein blutvolles Bild dieses Kundschafters vermittelt und selbst denen, die sich intensiv mit dessen Leben befaßt haben, neue Seiten aufschlägt.

 

Berlin 1984 Militärverlag der DDR

 

 

Auszüge aus Funk- Mitteilungen an die Moskauer Zentrale :

 

Ø      2. Mai 1941, Japan

«Hiller beabsichtigt ernsthaft, gegen die UdSSR Krieg zu führen und sie zu zerschlagen, um den europäischen Teil der Sowjetunion als Rohstoff-und Getreidebasis zu nutzen. Kritische Termine für den möglichen Kriegsbeginn:

a)Abschluß der Zerschlagung Jugoslawiens

b)Abschluß der Aussaat

c)Abschluß  der  Verhandlungen  zwischen Deutschland und der Türkei.

Die Entscheidung über den Kriegsbeginn wird von Hitler im Mai getroffen werden...»

 

Ø      Mai 1941, Japan

«Eine Anzahl deutscher Vertreter kehrt nach Berlin zurück. Sie nehmen an, daß der Krieg gegen die Sowjetunion Ende Mai beginnt.»

 

Ø      15. Mai 1941, Japan

«Der Überfall  Deutschlands wird am 20 . bis bis 22. Juni erfolgen.»

 

Ø      21. Mai 1941, Japan

«Deutschland   hat   9 Armeen,   bestehend   aus  150 Divisionen, gegen die UdSSR konzentriert.»

 

Ø      I .Juni 1941, Japan

«Von seiten der Deutschen sind Flanken- und Umgehungsmanöver sowie Versuche, einzelne Verbände einzukesseln und zu isolieren, zu er­warten.»

 

Ø      15.Juni 1941, Japan

«Der Überfall wird am 22. Juni in aller Frühe auf breiter Front erfolgen.»

 

Ø      1941, Japan

«Ich habe Euch schon mitgeteilt, daß ich, solange der europäische Krieg weitergeht, auf dem Posten bleibe ... Inzwischen bin ich schon 45 Jahre alt geworden, davon elf bei dieser Arbeit. Ich muß schon seßhaft werden, mit meinem Nomadenleben Schluß machen und die riesigen Erfahrungen, die ich gesammelt habe, auswerten. Ich bitte Euch, nicht zu vergessen, daß ich hier ständig lebe und zum Unterschied von anderen <anständigen> Ausländern nicht alle drei, vier Jahre auf Urlaub fahre. Das kann verdächtig erscheinen.

Wir verbleiben, allerdings mit etwas geschwächter Gesundheit, aber nichtsdestoweniger immer Eure treuen Genossen und Mitarbeiter.»

 

Ø      12. August 1941, Japan

«Die Deutschen üben ständigen Druck auf Japan aus und verlangen dessen Eintritt in den Krieg. Die Tatsache, daß die Deutschen Moskau nicht bis zum vergangenen Sonntag erobert ha­ben, wie sie es den höchsten japanischen Kreisen versprachen, hat den Enthusiasmus der Japaner gedämpft.»

 

Ø    14. September 1941, Japan

«Die japanische Regierung hat beschlossen, nicht gegen die UdSSR loszuschlagen. Die Streit­kräfte werden jedoch in der Mandschurei belas­sen. Kampfhandlungen können im kommenden Frühjahr beginnen, falls die UdSSR eine Nieder­lage erleidet.»

 

Ø                   Ende September 1941, Japan

 

«Der sowjetische Ferne Osten ist vor einem Über­fall Japans sicher.»

 

 

Ø                  4. Oktober 1941, Japan

«... Es wird in diesem Jahr keinen Krieg (Japans gegen die UdSSR - J. M.) geben.»

 

Ø                  Oktober 1941, Japan

«... Auftrag in Japan erfüllt. Krieg konnte ver­mieden werden,  Holen Sie uns nach Moskau, oder schicken Sie uns nach Deutschland... Ramsay.»


 

Nach seiner Verhaftung (Auszüge):

 

Im Verlauf der Untersuchungen legte Dr. Sorge folgendes schriftlich nieder: «Die russische Revolution wies mir den Weg zur internationalen Arbeiterbewegung. Ich beschloss, sie nicht nur theoretisch und ideolo­gisch zu unterstützen,  sondern auch selbst ein aktiver Teilnehmer dieser Bewegung zu werden. Von nun an ging ich, selbst wenn es Beschlüsse zu persönlichen Fragen waren, die ich zu fassen hatte, nur von dieser Zielsetzung aus. Und heute, wo ich Zeuge des zweiten Weltkrieges geworden bin, der nun schon das dritte Jahr andauert, besonders aber des deutsch- sowjetischen Krieges, bin ich noch mehr davon überzeugt, daß die Wahl, die ich vor fünfundzwanzig Jahren getroffen habe, richtig war. Ich sage das an­gesichts alles dessen, was mir in diesen fünfundzwanzig Jahren zugestoßen ist.»126

Dann entkräftete Sorge die japanischen Spionagevorwürfe. Aus den Prozessakten gab eine japanische Zeitschrift später den Standpunkt Dr. Richard Sorges wieder.

 

Aus «Rekishigaku Kenkyu Nr. 275 4/1963» zu deutsch:

 

<Die aktive Seite unseres Zieles bestand darin, die sozialistische Sowjetunion zu schützen, und die passive Seite darin, die UdSSR zu verteidigen, indem wir verschie­dene sowjetfeindliche politische Machen­schaften sowie einen militärischen Überfall gegen die Sowjetunion zu verhindern such­ten.)

Und weiter: <Die Sowjetunion wünscht keine politischen Konflikte oder militäri­schen Zusammenstöße mit anderen Län­dern, besonders nicht mit Japan. Sie hat auch nicht die Absicht, Japan zu überfal­len. Folglich sind wir — ich und die Ange­hörigen meiner Gruppe - keineswegs als Feinde Japans in dieses Land gekommen. Für uns trifft der Sinn, der dem Wort Spion gewöhnlich unterlegt wird, überhaupt nicht zu. Spione aus Ländern wie England oder den Vereinigten Staaten versuchen, die poli­tisch, wirtschaftlich und militärisch schwa­chen Steilen Japans ausfindig zu machen und dementsprechende Angriffe zu führen. Wir dagegen hatten bei der Sammlung von Informationen in Japan keineswegs solche Absichten. »

 

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